AVB Vertrauensschadenversicherung Notare § 4 Nr. 2
Leitsatz
1. Zur Vermeidung schuldhafter Versäumung einer Schadenmeldefrist in den Versicherungsbedingungen einer Vertrauensschadenversicherung für Notare ist die Meldung durch den Geschädigten jedenfalls noch vor Fristablauf bereits dann geboten, wenn ihm zu diesem Zeitpunkt Erkenntnisse vorliegen, nach denen für den konkreten Schaden die ernsthafte Möglichkeit eines Vertrauensschadenfalls im Raum steht (Fortführung des Senatsurt. v. 20.7.2011 – IV ZR 180/10, VersR 2011, 1173).
2. Für Banken, die ständig mit Treuhandaufträgen an Notare zu tun haben, besteht spätestens bei Vorliegen eines möglichen Versicherungsfalls Veranlassung, sich über den wesentlichen Inhalt der Versicherungsbedingungen zu informieren.
BGH, Urt. v. 11.6.2014 – IV ZR 400/12
Sachverhalt
Die Kl. nimmt die Bekl. als Berufshaftpflichtversicherer des ehemaligen, inzwischen in Insolvenz befindlichen Notars Dr. S wegen von diesem begangener Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit zwei von der Kl. erteilten Treuhandaufträgen in Anspruch. Die Kl. hatte in beiden Fällen Darlehen zur Finanzierung von Grundstückskaufverträgen gewährt. Die Streithelferin ist die für S zuständige Notarkammer; sie unterhält eine Vertrauensschadenversicherung für Schäden aufgrund wissentlicher Pflichtverletzungen des Notars.
Im vorausgegangenen Haftpflichtprozess ist S durch rechtskräftiges Urteil des OLG verurteilt worden, an die Kl. 88.639,95 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Nach den Feststellungen in diesem Haftpflichturteil hat S ihm der Kl. gegenüber obliegende Warn- und Hinweispflichten im Hinblick auf mögliche betrügerische Machenschaften im Zusammenhang mit den Finanzierungen verletzt, weil er hinreichende Anhaltspunkte dafür hatte, dass die Vertragsparteien der beiden von ihm beurkundeten Grundstückskaufverträge zur Erschleichung eines überhöhten Finanzierungskredits zu Lasten der Kl. zusammengewirkt hätten.
Die Kl. begehrt von der Bekl., gestützt auf das Absonderungsrecht gem. § 157 VVG a.F., den Ausgleich des ausgeurteilten Betrages sowie der ihr entstandenen Prozesskosten von 10.811,91 EUR nebst Zinsen. Sie meint, dass die Bekl., die sich auf eine wissentliche Pflichtverletzung des S beruft – weshalb sie aufgrund einer entsprechenden Ausschlussklausel in den vereinbarten AVB nicht hafte –, jedenfalls nach § 19a Abs. 2 S. 2 BNotO vorleistungspflichtig sei. Im Übrigen sei eine wissentliche Pflichtverletzung des Notars nicht gegeben.
Die Bekl. hält dem entgegen, dass auch ein Vorleistungsanspruch nach § 19a Abs. 2 S. 2 BNotO nicht bestehe, weil die Kl. gegenüber dem Vertrauensschadenversicherer die in den dortigen Versicherungsbedingungen enthaltene Meldefrist für den Schaden versäumt habe. Diese Bestimmung (§ 4 Nr. 2 VSV) lautet:
"Eine Versicherungsleistung ist ausgeschlossen aufgrund von Schäden, …"
2. die später als vier Jahre nach ihrer Verursachung dem VR gemeldet werden … “
Es ist unstreitig, dass diese Frist in beiden Schadenfällen im März 2000 zu laufen begonnen hat. Die Notarkammer, die dem Rechtsstreit als Nebenintervenientin auf Seiten der Bekl. beigetreten ist, hat von den Schäden erst im Januar 2006 erfahren. LG und BG haben der Klage stattgegeben.
2 Aus den Gründen:
[11] "… Die Revision hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung der Sache an das BG. …"
[17] II. 1. Keinen Bedenken begegnet es allerdings, dass das BG keine Feststellungen zur Wissentlichkeit der Pflichtverletzung des S getroffen hat. Ihr Vorliegen ist im Rechtsstreit des VN oder des Geschädigten gegen den Berufshaftpflichtversicherer für die Frage der Vorleistungspflicht zu unterstellen. Der Berufshaftpflichtversicherer ist gem. § 19a Abs. 2 S. 2 BNotO gerade dann vorleistungspflichtig, wenn – wie im Streitfall – die Wissentlichkeit der Pflichtverletzung in Rede steht und andere Leistungsverweigerungsgründe des Berufshaftpflichtversicherers nicht bestehen. Die Vorleistungspflicht des Berufshaftpflichtversicherers setzt indes weiter voraus, dass er im Falle einer wissentlichen Pflichtverletzung beim Vertrauensschadenversicherer Regress nehmen kann; seine Pflicht wird durch diese Regressansprüche begrenzt (Senat VersR 2011, 1264 Rn 9). Sie entfällt deshalb grds. bei einer Fristversäumnis der Meldung des Schadenfalls beim Vertrauensschadenversicherer.
[18] 2. Etwas anderes gilt …, wenn die Frist unverschuldet versäumt wurde. Denn bleibt der Berufshaftpflichtversicherer – hier also die Bekl. – vorleistungspflichtig, weil sich der Vertrauensschadenversicherer in diesem Fall auf die Versäumung der Frist nicht berufen kann (Senat VersR 2011, 1173 Rn 30) und die Regressmöglichkeit im Verhältnis der VR damit fortbesteht.
[19] 3. Die Begründung, mit der das BG ein Verschulden der Kl. bei der Versäumung der Meldefrist verneint hat, ist jedoch von Rechtsfehlern beeinflusst und kann deshalb keinen Bestand haben. Somit ist die Zurückverweisung der Sache zur erneuten Prüfung fehlenden Verschuldens erforderlich.
[20] a) Wie der Senat bereits zu parallel gelagerten Ausschlussfristen in § 4 Nr. 4 ARB 1975 und ...