VVG § 19 Abs. 5
Leitsatz
Zu den formalen und materiellen Anforderungen an eine zureichende Belehrung über die Rechtsfolgen der Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht.
(Leitsatz der Schriftleitung)
OLG Hamm, Beschl. v. 13.2.2015 – 20 U 169/14
Sachverhalt
Der Kl. wendet sich im Wege der Feststellungsklage gegen den von der Bekl. ausgesprochenen Rücktritt des mit Versicherungsschein vom 24.1.2012 policierten Krankenversicherungsvertrag bzw. gegen die in erster Instanz erklärte Anfechtung dieses Vertrages wegen arglistiger Täuschung.
Der Kl. hat den Antrag vom 19.11.2011 über seinen Versicherungsmakler eingereicht und dabei zu den Gesundheitsfragen lediglich die Frage "Untersuchungen und Behandlungen in den letzten drei Jahren" bejaht und insoweit auf eine Mandelentzündung im Jahr 2009 verwiesen. Vorangestellt war den Gesundheitsfragen auf der letzten Seite des Antragsformulars folgender Hinweis:
"Die Gesundheitsfragen sind nach bestem Wissen sorgfältig, vollständig und richtig zu beantworten. Eine Verletzung Ihrer vorvertraglichen Anzeigepflicht kann den VR zum Rücktritt oder zur Kündigung berechtigen oder zu einer Vertragsanpassung führen. Bitte beachten Sie hierzu die Ausführungen zur Bedeutung der vorvertraglichen Anzeigepflicht gem. § 19 Abs. 5 VVG unter Ziffer 12. der Erklärungen des ASt. und der zu versichernden Personen."
Außerdem fand sich unter der Rubrik "Schlusserklärungen und Unterschriften" folgender
"Hinweis: Bevor Sie den Antrag unterschreiben, lesen Sie bitte auch die Erklärungen auf den letzten Seiten. Sie enthalten unter anderem Ihre Erklärung zur Entbindung von der Schweigepflicht (siehe Ziffer 8 a und c), Ihre Einwilligung nach dem Bundesdatenschutzgesetz (siehe Ziffer 9) und die Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Folgen einer Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht (s. Ziffer 12). Mit Ihrer Unterschrift machen Sie die Erklärungen zum Inhalt des Antrags."
Diese dem Antragformular beigefügten Erklärungen enthielten unter Ziffer 12 eine "Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Folgen einer Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht".
Außerdem ließ sich die Bekl. eine "Erklärung zum Antrag" unterzeichnen, in der sich u.a. folgender "Hinweis zur vorvertraglichen Anzeigepflicht" befand:
"Die Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht kann den VR zum Rücktritt oder zur Kündigung berechtigen oder zu einer Vertragsanpassung führen. Bitte beachten Sie hierzu die Erklärungen auf den letzten Seiten Ihres Antrages. Sie enthalten u.a. die Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Folgen einer Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht." …
Unstreitig hatte sich der Kl. im relevanten Zeitraum auch wegen eines atopischen Ekzems bzw. Psoriasis vulgaris Salben verschreiben und wegen Blockierungen im BWS- und HWS-Bereich chiropraktisch behandeln lassen. Im Hinblick darauf erklärte die Bekl. mit Schreiben vom 18.1.2013 den Rücktritt vom Krankenversicherungsvertrag.
2 Aus den Gründen:
" … Das LG hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der streitgegenständliche Krankenversicherungsvertrag hat ungeachtet der Rücktritts- und Anfechtungserklärungen der Bekl. Bestand."
1. Dabei kann dahinstehen, ob der Kl. vorsätzlich oder grob fahrlässig seine Anzeigepflichten bei Antragstellung verletzt hat. Der Bekl. stand schon deshalb kein Rücktrittsrecht zu, weil sie den Kl. nicht ordnungsgemäß durch “gesonderte Mitteilung in Textform‘ i.S.d. § 19 Abs. 5 S. 1 VVG auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat.
Dies ergibt sich aus formalen Mängeln der erteilten Hinweise. Bereits in der zum alten Versicherungsvertragsrecht entwickelten Relevanzrechtsprechung war allgemein anerkannt, dass die gebotene Belehrung sowohl drucktechnisch als auch hinsichtlich ihrer Platzierung so ausgestaltet werden musste, dass sie für den VN nicht zu übersehen war. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber diese Anforderungen bei Übernahme des Belehrungserfordernisses in das neue VVG abschwächen wollte. Vielmehr weisen die Gesetzesmaterialien – insb. zu dem Belehrungserfordernis in § 19 Abs. 5 VVG – aus, dass die Formerfordernisse der Belehrung mit dem Gebot einer “gesonderten Mitteilung‘ im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens verschärft werden sollten. Zwar mag sich die von der Rspr. für jegliche Belehrung des VR geforderte besondere Platzierung und/oder drucktechnische Hervorhebung der Belehrung gegenüber begleitendem Text ausnahmsweise dann erübrigen, wenn eigens für die Belehrung ein gesondertes Dokument erstellt wird. Lässt man jedoch die Aufnahme des Belehrungstextes in ein Fragebogenformular oder ein anderes Schreiben zu, ist im Gegenzuge weiterhin zu fordern, dass die Belehrung drucktechnisch so gestaltet sein muss, dass sie sich deutlich vom übrigen Text abhebt und vom VN nicht übersehen werden kann (BGH VersR 2013, 297 … ). Diesen formalen Anforderungen werden die im Antragsformular sowie den beigefügten Unterlagen enthaltenen Hinweise nicht gerecht.
Insoweit ist zunächst festzustellen, dass die Bekl. die Belehrung nach § 19 Abs. 5 VVG nicht in einem...