AKB 2008 E 1.3 E 6.1 E 6.2
Leitsatz
Legt ein VN – oder sein Repräsentant – dem VR eine Rechnung über die Reparatur eines unfallbeschädigten Wohnmobils vor, die den Eindruck erweckt, als sei die Reparatur schon vorgenommen worden, so verletzt er die Aufklärungsobliegenheit auch dann arglistig, wenn die Rechnung sich von der späteren Reparaturkostenkalkulation des VR nicht unterscheidet und der VN vertraglich nur auf Basis der Reparaturkostenkalkulation des VR hätte abrechnen können.
(Leitsatz der Schriftleitung)
OLG Hamm, Urt. v. 11.4.2014 – 20 U 171/13
1 Aus den Gründen:
" … Der Kl. verfolgt mit seiner Berufung einige der Positionen, wegen derer das LG die Klage abgewiesen hat, weiter. Die Bekl. verfolgt ihren Klageabweisungsantrag unter Aufrechterhaltung ihrer erstinstanzlichen Argumentation weiter."
Die zulässige Berufung der Bekl. führt zur Abweisung der Klage. Daher hat die zulässige Berufung des Kl. keinen Erfolg.
Die Bekl. ist gem.E.6.1 S. 1 AKB leistungsfrei geworden. Der Zeuge X hat als Repräsentant des Kl. vorsätzlich die Aufklärungsobliegenheit aus E.1.3 AKB verletzt und hat wegen arglistigen Handelns nicht die Möglichkeit, den Kausalitätsgegenbeweis zu führen, E.6.2 S. 2 AKB.
1. Der Kl. muss sich das Verhalten seines Vaters X zurechnen lassen, weil er der Repräsentant des Kl. ist. Repräsentant ist, wer in dem Geschäftsbereich, zu dem das versicherte Risiko gehört, aufgrund eines Vertretungs- oder ähnlichen Verhältnisses an die Stelle des VN getreten ist, wobei die bloße Überlassung der Obhut über die versicherte Sache hierfür nicht ausreicht (exemplarisch Römer/Langheid/Rixecker, VVG, 4. Aufl. 2014, § 28 Rn 39 m.w.N.). Herr X – der ursprüngliche Firmeninhaber – hat vor Ort den gesamten Geschäftsbetrieb weiter geleitet, während sein Sohn, der Kl., als neuer Firmeninhaber einer anderen beruflichen Tätigkeit nachgegangen ist.
2. Nach E.1.3 AKB ist der VN verpflichtet, alles zu tun, was zur Aufklärung des Schadensereignisses dienen kann. Hiergegen hat der Zeuge X durch die Übersendung der Rechnung vom 29.8.2009 über die Reparatur des Wohnmobils objektiv verstoßen. Die Rechnung erweckte den Eindruck, es sei tatsächlich eine Reparatur durchgeführt worden. Eine solche Reparatur war aber zum fraglichen Zeitpunkt unstreitig noch nicht erfolgt und ist auch in der Folgezeit jedenfalls so, wie in der Rechnung aufgeführt, nicht vorgenommen worden. So hat die Achsvermessung des Fahrzeuges bei der Fa. C in C2, die erst am 25.11.2009 durchgeführt wurde, ergeben, dass die für die Achse in der Rechnung enthaltenen Kosten i.H.v. ca. 780 EUR nicht erforderlich waren. Die Rechnung war somit unstreitig falsch. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass der Inhalt der Reparaturkostenkalkulation, die der Sachverständige M im Auftrag der Bekl. erstellt hatte, eins zu eins in die Rechnung übernommen wurde. Denn nach den Angaben des Zeugen X war auf der an die Bekl. übersandten Rechnung nicht einmal der handschriftliche Vermerk “lt. Gutachten‘ enthalten, so dass sich die Rechnung für die Bekl. in keiner Weise von anderen Rechnungen unterschied, die nach einer von dem Kl. durchgeführten Reparatur erstellt wurden. Die Bekl. musste somit aufgrund der Rechnung davon ausgehen, dass der Schaden, so wie im Gutachten des Sachverständigen M festgestellt, repariert worden war. Die Bekl. ist hierdurch in ihrer Möglichkeit, eine sachgemäße Entschließung über die Behandlung des Versicherungsfalls zu treffen und das Prüfungsverfahren in Kenntnis aller notwendigen Fakten abzuschließen, erheblich beeinträchtigt worden. Der Kl. hat daher durch das Verhalten seines Repräsentanten X objektiv eine Aufklärungsobliegenheitsverletzung i.S.d. E.1.3 AKB begangen.
3. Der Verstoß gegen die Aufklärungsobliegenheit erfolgte auch arglistig. Die arglistige Täuschung setzt eine Vorspiegelung falscher oder ein Verschweigen wahrer Tatsachen gegenüber dem VR zum Zwecke der Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums voraus. Der Versicherte muss vorsätzlich handeln, indem er bewusst und willentlich auf die Entscheidung des VR einwirkt (exemplarisch BGH NJW 2007, 2041, Tz. 8). Das Tatbestandsmerkmal der Arglist erfasst nicht nur ein Handeln, das von einer betrügerischen Absicht getragen ist, sondern auch solche Verhaltensweisen, die auf bedingten Vorsatz im Sinne eines “Fürmöglichhaltens‘ reduziert sind und mit denen kein moralisches Unwerturteil verbunden sein muss (BGH NJW 2001, 2326, 2327).
Der Zeuge X hat unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe arglistig gehandelt, indem er die Übersendung der Rechnung an die Bekl., die er im Rahmen der Berufungsverhandlung nicht mehr in Abrede gestellt hat, veranlasst hat. Zwar könnte gegen das Vorliegen von Arglist sprechen, dass lediglich die von dem Sachverständigen der Bekl. erstellte Reparaturkostenkalkulation in die Rechnung übernommen worden ist, der Kl. ohnehin nur Anspruch auf Erstattung des Netto-Betrages hatte und er auch auf Basis der Reparaturkostenkalkulation hätte abrechnen können. Es ging Herrn X jedoch ausweislich des Ergebnisses seiner An...