I. Praktische Bedeutung
Das SG Frankfurt/Main befasst sich mit einer Streitfrage, deren praktische Bedeutung weit über das sozialgerichtliche Verfahren hinausgeht. Sie betrifft die Fälle, in denen der Erstattungspflichtige den Erstattungsbetrag nach Eingang des Kostenfestsetzungsantrags, aber vor Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses zahlt. Dies ist auch im Zivilprozess nicht selten, insb. dann, wenn – wie in Kfz-Haftpflichtfällen – die Versicherung selbst Bekl. ist oder in denen eine Haftpflicht- oder Rechtsschutzversicherung hinter der erstattungspflichtigen Partei steht. Gleichwohl sind in letzter Zeit nur sozialgerichtliche Entscheidungen zu der Problematik bekannt geworden.
II. Streitstand
Soweit ersichtlich, verneint die Mehrzahl der Sozialgerichte die isolierte Festsetzung der Zinsen in dem Fall, in dem die erstattungspflichtige Partei bereits die außergerichtlichen Kosten unstreitig beglichen hat (so SG Berlin – 21. Kammer – AGS 2015, 350; SG Schleswig AGS 2015, 350; SG Dresden – 42. Kammer – AGS 2015, 351; SG Dresden – 50. Kammer – AGS 2015, 351; SG Halle AGS 2015, 351; SG Würzburg AGS 2015, 351).
Demgegenüber hat die 133. Kammer des SG Berlin (AGS 2015, 352) ohne tiefer gehende Begründung die Entscheidung des UdG gebilligt, der trotz unstreitiger Zahlung den Erstattungsbetrag nebst Zinsen festgesetzt hat. Das SG Frankfurt/Main hier hat sich zu dieser Frage schon einige Gedanken mehr gemacht. Die Argumentation des SG Frankfurt/Main hat durchaus einiges für sich. Sie wird auch gestützt durch Rspr. zu anderen Problemen der Verzinsung des Erstattungsbetrags.
III. Lösungsansatz
Die Verzinsung des Erstattungsbetrags setzt zunächst den Eingang des Kostenfestsetzungsantrags bei Gericht voraus. Für den Verzinsungsbeginn ist dann der Tag dieses Eingangs maßgeblich, also nicht der etwaige spätere Eingang des Verzinsungsantrags. Der Zinsanspruch entsteht nämlich materiell-rechtlich mit der Stellung des Kostenfestsetzungsantrags (so bereits OLG München Rpfleger 1961, 311 = JurBüro 1961, 33; OLG Hamm JurBüro 1978, 925; KG Rpfleger 1977, 217). Deshalb kann der Verzinsungsantrag, der im Kostenfestsetzungsantrag vergessen wurde, auch noch nachträglich gestellt werden. Die Verzinsung ist dann – ggf. durch besonderen Beschluss – ab Eingang des Kostenfestsetzungsantrags auszusprechen, selbst wenn zwischenzeitlich der ohne die Verzinsungsanordnung erlassene Kostenfestsetzungsbeschluss rechtskräftig geworden sein sollte (OLG Hamm Rpfleger 1970, 143; KG JurBüro 1978, 1566 = Rpfleger 1978, 285).
Wenn somit der Verzinsungsanspruch materiell-rechtlich mit der Stellung des Kostenfestsetzungsantrags entsteht, kann er nicht allein dadurch wieder entfallen, dass der geschuldete Kostenbetrag vor Erlass des beantragten Kostenfestsetzungsbeschlusses gezahlt wird. Die Zahlung führt lediglich dazu, dass die Verzinsung zum Zeitpunkt des Eingangs des Erstattungsbetrags beim Erstattungsberechtigten endet.
VorsRiLG a.D. Heinz Hansens
zfs 11/2015, S. 646 - 649