BGB § 280 Abs. 1 § 281 § 307 Abs. 1 S. 2 § 433 Abs. 1 S. 2 § 437 Nr. 3 § 439 Abs. 1 § 476 Abs. 1

Leitsatz

Zu den Anforderungen an eine Verkürzung der Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche in Allgemeinen Geschäftsbedingungen beim Gebrauchtwagenkauf.

BGH, Urt. v. 29.4.2015 – VIII ZR 104/14

Sachverhalt

Die Kl. kaufte von dem beklagten Autohändler einen gebrauchten Pkw, der am 23.2.2010 übergeben wurde. Dem Kaufvertrag liegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Bekl. zugrunde, die den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Verkauf gebrauchter Kfz und Anhänger – Unverbindliche Empfehlung des Zentralverbandes Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe e.V. (ZDK), Stand 3/2008 entsprechen. Die für die Beurteilung des Rechtsstreits maßgeblichen Bedingungen lauten wie folgt:

"VI Sachmangel"

1. Ansprüche des Käufers wegen Sachmängeln verjähren in einem Jahr ab Anlieferung des Kaufgegenstandes an den Kunden …

5. Abschnitt VI. Sachmangel gilt nicht für Ansprüche auf Schadensersatz; für diese Ansprüche gilt Abschnitt VII Haftung.

VII Haftung

1. Hat der Verkäufer aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen für einen Schaden aufzukommen, der leicht fahrlässig verursacht wurde, so haftet der Verkäufer beschränkt:

Die Haftung besteht nur bei Verletzung vertragswesentlicher Pflichten, etwa solcher, die der Kaufvertrag dem Verkäufer nach seinem Inhalt und Zweck gerade auferlegen will oder deren Erfüllung die ordnungsgemäße Durchführung des Kaufvertrages überhaupt erst ermöglicht und auf deren Einhaltung der Käufer regelmäßig vertraut und vertrauen darf. Diese Haftung ist auf den bei Vertragsabschluss vorhersehbaren typischen Schaden begrenzt.

5. Die Haftungsbegrenzungen dieses Abschnitts gelten nicht bei Verletzung von Leben, Körper oder Gesundheit.“

Nach der Übergabe des Fahrzeuges traten Korrosionsschäden auf, woraufhin der Kl. dem Bekl. unter Fristsetzung bis zum 17.11.2011 zur Beseitigung dieser Schäden aufforderte. Nachdem der Bekl. dies mit Schreiben v. 16.11.2011 ablehnte, leitete der Kl. ein selbstständiges Beweisverfahren ein. Der Bekl. nahm zu dem ihm formlos zugesandten Antrag auf Einleitung des selbstständigen Verfahrens am 16.12.2011 Stellung. Nach Einholung des Gutachtens im selbstständigen Beweisverfahren setzte das Gericht mit Verfügung vom 25.6.2012 eine Stellungnahmfrist.

Der Kl. hat vor dem AG die Verurteilung des Bekl. zur Erstattung der Kosten der Beseitigung der Korrosionsschäden geltend gemacht. Das LG hat in der Berufungsentscheidung die Verurteilung durch das AG abgeändert und die Klage abgewiesen. Die vom BG zugelassene Revision des Kl. mit dem Ziel der Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung.

2 Aus den Gründen:

[9] "… Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Zu Unrecht hat das BG die Verkürzung der Verjährungsfrist für Ansprüche wegen Sachmängeln durch Abschnitt VI Nr. 1 S. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen als wirksam und die Schadensersatzforderung der Kl. als verjährt angesehen."

[10] 1. Das BG ist allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass der Kl. der geltend gemachte Schadensersatzanspruch grds. gem. § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1 und 3, § 281 Abs. 1 BGB zusteht, weil nach den rechtsfehlerfreien und unangegriffenen Feststellungen des BG das Fahrzeug bei der Übergabe mangelhaft war, die Kl. den Bekl. mit Schreiben vom 8.11.2011 vergeblich unter Fristsetzung zur Nachbesserung aufgefordert hat und die Beseitigung des Schadens Aufwendungen in der von der Kl. geltend gemachten Höhe von 2.158,73 EUR erfordert.

[11] 2. Rechtsfehlerhaft hat das BG diesen Anspruch jedoch als verjährt angesehen, denn die Regelungen zur Verjährungsfrist in Abschnitt VI Nr. 1 S. 1, Nr. 5 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen genügen den Anforderungen des Transparenzgebots nicht und sind deshalb wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB). Die Regelungen sind nicht klar und verständlich, da sich ihnen die Auswirkungen dieser Klauseln auf Schadensersatzansprüche wegen einer Verletzung der Pflicht zur Nacherfüllung (§ 439 Abs. 1 BGB) nicht mit der erforderlichen Klarheit entnehmen lassen.

[12] a) Dem Käufer kann gegen den Verkäufer einer mangelhaften Sache ein Anspruch, welcher auf die Zahlung der für die Reparatur erforderlichen Kosten gerichtet ist (vgl. BGH, Urt. v. 15.6.2012 – V ZR 198/11, BGHZ 193, 326 Rn 31 m.w.N.), als Schadensersatz statt der Leistung unter zwei Gesichtspunkten zustehen. Zum einen kann der Verkäufer seine Pflicht zur Lieferung der mangelfreien Kaufsache (§ 433 Abs. 1 S. 2 BGB) schuldhaft verletzt haben; zum anderen kann sich ein solcher Anspruch unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung der Verpflichtung des Verkäufers zur Nacherfüllung (§ 439 Abs. 1 BGB) ergeben (vgl. Senatsurt. v. 17.10.2012 – VIII ZR 226/11, BGHZ 195, 135 Rn 11 ff.).

[13] b) Ein nach Maßgabe des § 437 Nr. 3 BGB in Betracht kommender Schadensersatzanspruch wegen einer Verletzung der Pflicht des Bekl. zur Lieferung eines mangelfreien Pkw steht de...

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