Die Verletzung vertraglicher oder gesetzlicher Obliegenheiten führt bei Vorsatz zur vollständigen und bei grob fahrlässiger Obliegenheitsverletzung zur partiellen Leistungsfreiheit des Versicherers, wenn sich diese Obliegenheitsverletzung kausal auf den Eintritt des Versicherungsfalls ausgewirkt hat. Bei schuldloser oder fahrlässiger Obliegenheitsverletzung bleibt die Eintrittspflicht des Versicherers bestehen, bei Arglist entfällt das Kausalitätserfordernis.
1. Vertragsanpassung
Wenn der Versicherer von der Möglichkeit der Vertragsanpassung nach Art. 1 Abs. 3 EGVVG keinen Gebrauch gemacht hat, kann er sich nicht auf Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung berufen. Eine geltungserhaltende Reduktion auf den zulässigen Inhalt ist unzulässig. Der Versicherer kann sich wohl auf grobe Fahrlässigkeit gem. § 81 Abs. 2 VVG oder Gefahrerhöhung (§§ 23 ff. VVG) berufen. Diese – einseitige – Vertragsanpassung war nur im Kalenderjahr 2009 möglich, so dass eine spätere Änderung der AVB nur mit Zustimmung des Versicherungsnehmers möglich ist.
Demgegenüber ist eine Vertragsanpassung bei Versicherungsverträgen, die nach dem 31.12.2009 geschlossen worden sind, durchaus möglich. Wenn in einem solchen Vertrag ein vollständiger Leistungsausschluss auch bei grob fahrlässiger Obliegenheitsverletzung enthalten ist, ist diese Klausel gem. § 307 Abs. 1 BGB hinsichtlich der Rechtsfolgen unwirksam, da sie zum Nachteil des Versicherungsnehmers von § 28 Abs. 2 S. 2 VVG abweicht. Die hierdurch entstehende Vertragslücke kann dann gem. § 306 Abs. 2 BGB durch eine entsprechende Anwendung von § 28 Abs. 2 S. 2 VVG geschlossen werden.
2. Mehrere Obliegenheitsverletzungen
Bei einer Obliegenheitsverletzung vor und nach Eintritt des Versicherungsfalls sind die Regresshöchstbeträge gem. § 5 KfzPflVV und gem. § 6 KfzPflVV zu addieren.
3. Obliegenheiten nach Deckungsablehnung
Nach Leistungsablehnung durch den Versicherer endet die Sanktion der Leistungsfreiheit wegen schuldhafter Verletzung der Aufklärungsobliegenheit. Die Sanktion der Leistungsfreiheit beruht auf dem Schutzbedürfnis des verhandlungsbereiten Versicherers, der bei seiner Entscheidungsfindung in besonderem Maße auf wahrheitsgemäße Angaben des redlichen Versicherungsnehmers angewiesen ist. Dem Versicherer ist eine besondere Schutzwürdigkeit nicht mehr zuzubilligen, deren Missachtung die Verwirkung des gesamten Leistungsanspruchs nach sich ziehen würde. Dies gilt selbst bei einer vollendeten oder versuchten arglistigen Täuschung.
4. Diskriminierungsverbot
Kündigung und Rücktritt eines Krankenversicherers sind unwirksam, wenn dieser sich darauf beruft, dass die Versicherungsnehmerin bei Antragsstellung Schwangerschaftskomplikationen nicht angegeben habe. Es liegt ein Verstoß gegen § 19 Abs. 1 AGG vor.