VVG § 82 § 125; ARB § 17 Abs. 5 lit. c cc
Leitsatz
Ein VN verstößt im Rahmen einer bestehenden Rechtsschutzversicherung nicht gegen seine Obliegenheit zur Schadensminderung, wenn er nach Widerruf eines Darlehensvertrags gegen die kreditgewährende Bank Klage erhebt mit dem Antrag auf Freigabe der Grundschuld Zug um Zug gegen Zahlung eines bezifferten Restbetrags aus dem Darlehen.
OLG Stuttgart, Urt. v. 14.7.2016 – 7 U 60/16
Sachverhalt
Die Kl. nehmen die Bekl. auf Feststellung der Verpflichtung zur Gewährung von Deckungsschutz aus einer Rechtsschutzversicherung in Anspruch.
Der Kl. Ziff. 2 unterhält bei der Bekl. unter der Vertragsnummer … eine Rechtsschutzversicherung, der die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 2008) zugrunde liegen. Die Kl. schlossen am 4.7.2007 mit der … einen Darlehensvertrag über 115.000 EUR sowie am 25.7.2007 einen weiteren Darlehensvertrag über 85.000 EUR. Mit der jeweils ausgezahlten Darlehensvaluta erwarben die Kl. eine eigengenutzte Immobilie. Die gesamte Darlehensvaluta ist zugunsten der … mit einer auf dem erworbenen Grundbesitz lastenden Grundschuld zum Nennbetrag von 200.000 EUR gesichert.
Mit Schreiben v. 19.11.2014 erklärten die Kl. den Widerruf der Darlehensverträge und beriefen sich auf eine nicht ordnungsgemäß erteilte Widerrufsbelehrung. Die … wies den Widerspruch mit Schreiben v. 25.11.2014 zurück.
Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten v. 27.3.2015 wiesen die Kl. auf den erklärten Widerruf hin, formulierten die Grundsätze bei der Berechnung der wechselseitigen Ansprüche nach wirksamem Widerruf und forderten die … zur Freigabe der Grundschuld Zug um Zug gegen Zahlung des nach diesen Grundsätzen berechneten Betrages auf. Die … hielt mit Schreiben v. 14.4.2015 an ihrer Auffassung fest, wonach vorliegend eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt worden sei und deshalb der Widerruf seitens der Kl. nicht mehr erklärt werden könne.
Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten v. 22.4.2015 forderten die Kl. die Bekl. auf, eine Deckungszusage für ein Klageverfahren I. Instanz zu erteilen für eine Klage gegen die … auf Freigabe der Grundschuld Zug um Zug gegen Zahlung der Restdarlehensvaluta. Hierauf erteilte die Bekl. unter dem Datum v. 30.4.2015 eine Deckungszusage für ein Klageverfahren I. Instanz betreffend die Wirksamkeit des Widerrufs. Die Übernahme der Kosten für den auf Löschung der Grundschuld gerichteten Klageantrag lehnte sie dagegen ab.
2 Aus den Gründen:
" … 1. Die Feststellungsklage ist zulässig."
Das gem. § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor. Zwar fehlt ein solches im Interesse der endgültigen Klärung des Streitstoffs in einem Prozess regelmäßig dann, wenn (bereits) eine Leistungsklage möglich und zumutbar ist. … Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht ausnahmslos. Ein Feststellungsinteresse wird ausnahmsweise trotz einer bereits möglichen Leistungsklage in den Fällen bejaht, in denen bereits ein Feststellungsurteil zu einer endgültigen Streitbeilegung führt, z.B. weil der Bekl. erwarten lässt, dass er bereits auf das Feststellungsurteil hin leisten wird … , was bei einem großen Versicherungsunternehmen wie der Bekl. der Fall ist (BGH NJW 1999, 3774).
Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht vorliegend auch nicht der Umstand entgegen, dass die Bekl. mit Datum v. 4.2.2015 eine Deckungszusage für die außergerichtliche Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten der Kl. dem Grunde nach erteilt hatte.
Die von der Bekl. zur Begründung ihrer Auffassung herangezogene Entscheidung des OLG Saarbrücken (zfs 2016, 98) ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Dort hatte der VR für die beabsichtigte Feststellungsklage eine Deckungszusage erteilt. Der Streit mit dem VN konzentrierte sich allein auf die Frage, welcher Schmerzensgeldbetrag als angemessen zu erachten und demzufolge, in welcher Höhe der Streitwert dieser Feststellungsklage anzunehmen war. Die dortige Kl. begehrte mit ihrer Klage letztlich die Feststellung, ob ein von ihr beabsichtigtes Verhalten (Klageerhebung unter Zugrundelegung des von ihr als angemessen erachteten Schmerzensgeldes) sich als rechtmäßig erweist oder ob ihr die Verletzung der Schadensminderungsobliegenheit vorgeworfen werden könne. Diese Rechts- bzw. Vorfrage hat das OLG Saarbrücken nicht als Rechtsverhältnis i.S.d. § 256 ZPO qualifiziert. Vorliegend steht jedoch nicht lediglich die Höhe des Streitwertes im Raum, sondern vor allen Dingen die Frage, mit welchem Antrag das Rechtsschutzziel der Kl., die Freigabe der Grundschuld zu erwirken, erreicht werden kann, nämlich, ob hierfür – so die Bekl. – ein Antrag auf Feststellung der Wirksamkeit des Widerrufs anzustreben oder ob – so die Auffassung der Kl. – ein Antrag auf Freigabe der Grundschuld Zug um Zug gegen Leistung einer berechneten Schlusszahlung zu stellen ist, wobei jeweils unterschiedliche Streitwerte in Ansatz zu bringen sind. Die unterschiedlichen Auffassungen der Parteien kommen bereits in den der Leistungszusage vorausgegangenen Schreiben v. 16.1.2015 sowie 28.1.2015 zum Ausdruck, wes...