" … Die zulässige Berufung der Kl. hat Erfolg. Der Kl. steht gegen die Bekl. ein Schadensersatzanspruch aus §§ 634 Nr. 4, 280 BGB im beantragten Umfang zu."
1. Im Ansatz zutreffend ist das Erstgericht davon ausgegangen, dass die Kl. in den Schutzbereich des zwischen der Bekl. und dem Geschädigten abgeschlossenen Werkvertrages über die Erstellung eines Kfz-Schadensgutachtens einbezogen ist und Schadensersatz beanspruchen kann, wenn die Bekl. vertragliche Pflichten verletzt hat, die auch zugunsten der Kl. bestehen. Dies entspricht auch der einhelligen Auffassung in der Rspr. (BGH, st. Rspr.; vgl. Urt. v. 13.1.2009 – VI ZR 205/08, VersR 2009, 413 m.w.N.; Saarl. OLG SP 2015, 49; OLG Köln VersR 2004, 1145).
2. Zu Recht wendet sich die Berufung gegen die Annahme des Erstrichters, die Bekl. habe keine zugunsten der Kl. bestehende vertragliche Pflicht aus dem Gutachtenauftrag verletzt.
a) In der höchstrichterlichen Rspr. ist anerkannt, dass die Ermittlung des Restwertes, also des Betrags, den der Geschädigte im Rahmen der Ersatzbeschaffung nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB bei einem seriösen Gebrauchtwagenhändler im örtlichen Bereich oder bei dem Kraftfahrzeughändler seines Vertrauens bei Inzahlunggabe des beschädigten Fahrzeugs erzielen kann, eine aus dem Auftrag zur Schadensbegutachtung resultierende Pflicht des Kfz-Sachverständigen darstellt, die (auch) dem Schutz des gegnerischen Haftpflichtversicherers dient (vgl. nur BGH a.a.O.).
b) Diese Pflicht hat die Bekl. vorliegend verletzt. Denn die Restwertermittlung durch die Bekl. war mangelhaft und damit als Grundlage der Schadensabrechnung ungeeignet.
aa) Dabei kann dahinstehen, ob die Restwertermittlung im Streitfall bereits deshalb fehlerhaft war, weil die Bekl. auf die Einholung von Restwertangeboten auf dem für den Geschädigten maßgeblichen regionalen Markt ganz verzichtet hat (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 15.6.2010 – VI ZR 232/09, VersR 2010, 1197; v. 13.1.2009 a.a.O. und v. 13.10.2009 – VI ZR 318/08, VersR 2010, 130; BGHZ 143, 189; OLG Celle SP 2006, 434; Diehl, zfs 2009, 329).
bb) Denn der von der Bekl. ermittelte Restwert von 150 EUR ist auch unter Zugrundelegung der Methode der Bekl. (ausschließlich überregionale Abfrage über Restwertbörse) offenkundig unrichtig. Dies ergibt sich zur Überzeugung der Kammer aus den unmissverständlichen, widerspruchsfreien, den Sachverhalt erschöpfenden und in jeder Hinsicht nachvollziehbaren Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen. Dieser hat unter Zugrundelegung von entsprechenden historischen Datensätzen bekannter Restwertbörsen für den streitgegenständlichen Zeitraum einen Restwert des Fahrzeugs zwischen 2.550 EUR und 4.935 EUR ermittelt. Im Gegensatz zur Auffassung der Bekl. sieht die Kammer dieses Ergebnis der Auswertung historischer Datensätze als geeignete Grundlage, um die Fehlerhaftigkeit der Restwertermittlung durch die Bekl. zu belegen. Zum einen handelt es sich bei den Fahrzeugen, die aus den Datenbanken der Restwertbörsen abgefragt wurden – wie der Sachverständige zur Überzeugung der Kammer dargelegt hat – um vergleichbare Fahrzeuge in einer nennenswerten Anzahl (hier: 17 Fahrzeuge bei mehr als 200 Geboten). Zum anderen ist auch der abgefragte Zeitraum von 3 Monaten vor bis 3 Monaten nach dem Unfallereignis ein Zeitraum, der verlässliche Rückschlüsse zulässt. Soweit der Beklagtenvertreter demgegenüber eingewandt hat, die historische Abfrage des gerichtlichen Sachverständigen berücksichtige nicht hinreichend, dass in dem streitgegenständlichen Zeitraum Hagelschäden aufgetreten seien, die auf die Restwertangebote Einfluss gehabt hätten, vermag dem die Kammer nicht zu folgen. Denn der Sachverständige hat ausdrücklich hervorgehoben, dass sich aus dem Ergebnis seiner historischen Abfrage keinerlei Anzeichen für Faktoren dieser Art ergeben haben, die sein Ergebnis beeinflussen könnten.
cc) Die Bekl. hat die fehlerhafte Restwertermittlung auch zu vertreten. Dabei bedarf es vorliegend keines Rückgriffs auf die Verschuldensvermutung des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB. Denn der von der Bekl. angegebene Restwert von lediglich 150 EUR war angesichts der von dem Sachverständigen auf den damaligen Zeitpunkt ermittelten Restwerte und auch im Hinblick auf die Gesamtumstände (ca. 3 ½ Jahre altes Fahrzeug, rund 27.600 km, Wiederbeschaffungswert von 11.200 EUR bei Heckschaden mit Reparaturkosten von netto 12.297,05 EUR, die zu etwa 9.600 EUR aus Arbeitskosten bestehen) offensichtlich unbrauchbar, was der Bekl. als Kfz-Schadensgutachter ohne Weiteres hätte auffallen müssen.
3. Durch die fehlerhafte Restwertermittlung ist der Kl. ein Schaden von mindestens 3.350 EUR entstanden. Hätte die Bekl. den Restwert zutreffend ermittelt, wäre der von der Kl. an den Geschädigten zu leistende Ersatz jedenfalls um 3.350 EUR geringer ausgefallen, da in diesem Umfang eine weitere Anrechnung auf den angesetzten Wiederbeschaffungswert hätte erfolgen können.
a) Hat ein Kfz-Sachverständiger im Rahmen seiner Schadensbegutachtung den Restwert fehlerhaft ermittelt, besteh...