Schäden, die das nachfolgende Fahrzeug durch Hochschleudern von Steinen vom Straßenkörper oder von der Ladefläche des vorausfahrenden Fahrzeugs erleidet, werfen neben Beweisproblemen haftungs- und versicherungsrechtliche Fragen auf.
1. Schon der Nachweis, in welcher Art und Weise es zur Schädigung des folgenden Fahrzeugs gekommen ist, kann häufig nicht beweisrechtlich gesichert festgestellt werden. Die von Rebler entwickelten Konstellationen der Schadensherbeiführung durch Steine, die von der Ladefläche eines vorausfahrenden Lkw herunterfallen, durch Steine, die sich aus dem Reifen lösen, durch Steine, die durch das Fahrverhalten des Vorausfahrenden hochgeschleudert werden und die Einwirkung solcher Steine, die durch die rollenden Reifen des vorausfahrenden Fahrzeugs aufgewirbelt werden, sind hinsichtlich ihrer Chancen der Nachweisbarkeit und der haftungsrechtlichen Beurteilung sehr unterschiedlich zu bewerten (vgl. Rebler, NZV 2011, 115, 117).
2. Die denkbaren Konstellationen sind daran zu messen, ob eine haftungsausschließende Unabwendbarkeit der Schadenszufügung vorlag (§ 17 Abs. 3 StVG), wobei die zweifelhafte Frage der Nachweisbarkeit ausgeklammert wird. Unabwendbarkeit der Schadenszufügung wird dann angenommen, wenn das Schadensereignis durch äußerste Sorgfalt nicht abgewendet werden konnte (vgl. BGHZ 117, 337; BGH NJW 1986, 183; OLG Koblenz NZ 2006, 201; Burmann, in Burmann u.a., Straßenverkehrsrecht, 24. Aufl., § 17 StVG Rn 20). Lediglich bei Vorliegen der ersten Fallgruppe (Loslösen des Steins von der Ladefläche) ist wegen etwa fehlender Kontrolle der Ladefläche auf lose herumliegende Steine eine Klage auf Schadensersatz erfolgsversprechend (vgl. LG Bonn SP 2004, 328; Rebler, a.a.O.). Hinsichtlich der Lösung von Steinen aus dem Reifen setzt die Haftung des Vorausfahrenden voraus, dass er den Nachweis führt, dass sich der Stein vor Fahrtantritt auf einer öffentlichen Straße bereits im Reifen befand. Dazu muss er ggf. die etwaige Darstellung des Geschädigten ausschließen, dass erst auf der Fahrbahn der Stein aufgenommen worden ist und sich schadensbringend löste (vgl. AG Regensburg NZV 2009, 289; vgl. auch LG Heidelberg NZ 2011, 299). Die übrigen von Rebler entwickelten Fallgruppen der Steinschläge werden als unabwendbare Ereignisse bewertet (Rebler a.a.O.), wobei zur Begründung zusätzlich auf die örtlichen Verhältnisse, insb. den Zustand der Fahrbahn und die Erkennbarkeit des hochgeschleuderten Gegenstandes aufgrund seiner Größe abgestellt wird (vgl. LG Halle NZV 2013, 490).
3. Den Geschädigten wird es nicht zufriedenstellen, dass die damit weitgehend bestehende Ersatzlosigkeit der bei dem Betrieb des Kfz des Vorausfahrenden als Auswirkung der Tragung des allgemeinen Lebensrisikos angesehen werden kann (vgl. dazu Luckey, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 11. Aufl., § 249 Rn 58 und 77).
Immerhin genießt der Halter des durch Steinschlag an der Windschutzscheibe beschädigten Kfz als Teilkaskoversicherter für Bruchschäden Versicherungsschutz (AKB 2015 A.2.2.2.1.5.). Als Bruchschäden werden bereits Beschädigungen in der Glasschicht durch Steinschlag verstanden (vgl. Halm/Kreuter/Schwab, AKB, 2. Aufl., A.2.2.1.5 Rn 91). Da der Begriff der Verglasung funktionell zu verstehen ist, fallen auch Kunststoff und Plexigläser in den Deckungsbereich (vgl. Stomper, in: Halm/Kreuter/Schwab a.a.O.).
Da nur der Bereich der Verglasung teilkaskoversichert ist, ist bei Streuung der Steinschlagschäden in den Bereich lackierter Bleche keine Deckung in der Teilkaskoversicherung gegeben. Die Deckung dieses Risikos erfolgt ausschließlich in der Vollkaskoversicherung.
RiOLG a.D. Heinz Diehl
zfs 11/2017, S. 618 - 620