Die Verfolgung und Festnahme von Tatverdächtigen ist mit Risiken für die dabei Tätigen verbunden, die grds. nach allgemeiner Meinung Ausgleichsansprüche begründen sollen.
1. Ausgleichsansprüche der Dienstherren der in erster Linie zur Verfolgung berufenen Polizeibeamten werden im Regelfall unter dem Blickwinkel der Herausforderungsformel zuerkannt. Beispielhaft ist die Entscheidung des BGH, der ein Sachverhalt zugrunde lag, dass ein Polizeibeamter bei dem Versuch, einen Jugendlichen zur Verbüßung eines Jugendarrestes festzunehmen, bei der Verfolgung des flüchtenden Jugendlichen Verletzungen erlitt. Hinsichtlich der kraft Gesetzes fortgezahlten Dienstbezüge wurden dem Dienstherren Schadensersatzansprüche zugesprochen (vgl. BGHZ 63, 189; vergleichbare Konstellation in BGHZ 57, 25 (32). Das dogmatische Bedenken gegen die Zurechnung des Unfalls als ursächliche Folge der Flucht des Verfolgten wurde dadurch überwunden, dass ein Fall der psychisch vermittelten Kausalität vorgelegen habe: Der Flüchtende habe die Nachteile des durch seine Dienstpflicht hierzu Angehaltenen herausgefordert. Der Entschluss des Polizeibeamten zur Verfolgung habe zu keiner Unterbrechung des Kausalzusammenhangs geführt. Vielmehr sei das Eingreifen das Polizeibeamten adäquat gewesen (vgl. BGH NJW 1986, 2367 m. Anm. Deutsch; BGH NJW 1989, 767, 768). Wegen der Risiken der Verfolgung hat die Rspr. allerdings Fallgruppen entwickelt, in denen sie Grenzen des Verfolgungsrechtes oder ein haftungsbegrenzendes Mitverschulden des Verfolgers angenommen hat. So wurde eine Haftung des Flüchtenden verneint, weil der Polizeibeamte bei der Verfolgung auf feuchtem, frisch geschnittenem Gras stürzte und sich verletzte. Ob damit eine ausreichende Differenzierung zwischen haftungsbegründender und "bedenklicher" Verfolgung erreicht wird, ist allerdings zweifelhaft (vgl. Honsell/Harrer, JuS 1985, 181, 182). Liegt ein vorwerfbares Verhalten des schließlich Flüchtenden im Straßenverkehr vor (Unfallflucht, polizeiliche Kontrolle), ist eine Verfolgung durch die Polizei herausgefordert (vgl. BGHZ 70, 376; BGH NJW 1978, 421; BGH VersR 1996, 15; OLG München DAR 2004, 150; Greger/Zwickel, Haftungsrecht im Straßenverkehr, 5. Aufl., § 3 Rn 90). Dabei prüft der BGH bei der Heranziehung der auch für die Kausalitätsprüfung im Rahmen der Gefährdungshaftung geltenden Herausforderungsformel (vgl. BGH NJW 2012, 1951, 1952), ob die Risiken der Verfolgung nicht außer Verhältnis zu dem Zweck der Verfolgung stehen (BGH a.a.O.; kritisch hierzu Mäsch, JuS 2012, 1029 f.).
Eine überflüssige, weil unverhältnismäßige Verfolgung hat der BGH bei einer Sachverhaltsgestaltung angenommen, in der der Fahrer eines Polizeifahrzeugs ein anderes Kfz wegen starker Geräuschentwicklung und eines defekten Rücklichts verfolgte und infolge großer Straßenglätte und hoher Geschwindigkeit verunglückte. Der BGH sah in dem vorschriftswidrigen Zustand des verfolgten Fahrzeugs keinen ausreichenden Anlass zu einer gefahrträchtigen Verfolgung und verneinte eine Zurechnung des Schadens des Verfolgers zu Lasten des Verfolgten (vgl. BGH NZ 1990, 425 m. Anm. Lange, zustimmend auch Greger, in: Greger/Zwickel, Haftungsrecht des Straßenverkehrs“, 5. Aufl., § 3 Rn 91). Im Bereich der vereitelten polizeilichen Festnahme durch Flucht führt eine darauf zurückzuführende Verletzung eines Polizeibeamten zur haftungsbegründenden Heranziehung der Herausforderungsformel. Einschränkend wird lediglich geprüft, ob der Schaden auf der gesteigerten Gefahrenlage beruht und die Risiken der Verfolgung nicht außer Verhältnis zu deren Zweck stehen (vgl. BGH zfs 1996, 245).
2. Größeres Gewicht kommt der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Verfolgung durch einen Nicht-Polizisten zu, wenn dieser nach dem die Verfolgung auslösenden Vorfall selbst die Verfolgung aufnimmt oder sich als Dritter einer laufenden Verfolgung anschließt. Der für Verfolgungsfälle geltende Grundsatz, dass zwischen dem Risiko der Verfolgung und dem angestrebten Erfolg ein vernünftiges Verhältnis bestehen muss (vgl. BGH VersR 1964, 1363, 1364; BGH NJW 2012, 1951; OLG Saarbrücken NJW 2012, 324, 325; Oetker, in: MüKo-BGB, 7. Aufl. 2016, § 249 BGB Rn 171), wird häufiger als bei der Verfolgung durch Polizeibeamte zur Verneinung der Verhältnismäßigkeit führen. Zum einen darf der verfolgende Privatmann umso größere Risiken bei der Verfolgung auf sich nehmen je schwerwiegender der drohende Schaden ist (Oetker, in: MüKo a.a.O.). Von größerer Bedeutung für die Beschränkung der anzunehmenden Notwenigkeit der Verfolgung ist es, dass ein hierfür aus gebildeter Polizist höhere Risiken als ein Privatmann eingehen darf (vgl. BGH NJW 1996, 1533; Oetker, in: MüKo a.a.O. m.w.N.). Die Grundsätze der Verhältnismäßigkeitsprüfung lässt eine Entscheidung des BGH erkennen:
Ein Kfz war von einem anderen Kfz gerammt worden. Der Fahrer des rammenden Fahrzeugs entfernte sich mit seinem Fahrzeug unerlaubt vom Unfallort. Der Fahrer des gerammten Kfz hatte das Kennzeichen des rammenden Kfz nicht erkannt u...