VVG § 49 § 50
Leitsatz
Ist für den Fall, dass nach Gewährung vorläufiger Deckung kein Hauptvertrag mit dem VR zustande kommt, bestimmt, dass sich der Beitrag nach den für den VN ungünstigsten Tarifmerkmalen berechnet, setzt das regelmäßig voraus, dass sich die gefahrerheblichen Umstände aus einem dem VN vorliegenden Antragsformular des VR ergeben.
(Leitsatz der Schriftleitung)
LG Düsseldorf, Urt. v. 13.7.2017 – 9 S 5/16
Sachverhalt
Die Kl. begehrt die Zahlung einer Prämie für vorläufigen Deckungsschutz im Zeitraum vom 10.2.2014 bis zum 21.3.2014. Das Straßenverkehrsamt teilte der Kl. am 10.2.2014 mit, dass dort eine Versicherungsbestätigung mit der Nummer … mit Wirkung ab dem 10.2.2014 als Nachweis für das Bestehen einer Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung für das Fahrzeug B vorliege. Die Mitteilung enthielt die Personalien der Bekl. Ein ausgefülltes Antragsformular lag nicht vor. Mit Schreiben v. 24.3.2014 informierte die Zulassungsstelle die Kl. dahingehend, dass mit Wirkung ab dem 20.3.2014 eine neue Versicherungsbestätigung einer anderen Gesellschaft für das Fahrzeug vorgelegt worden sei. Am 15.4.2014 stellte die Kl. der Bekl. einen Betrag i.H.v. 1.285,19 EUR in Rechnung. Hierbei ging sie gem. Ziff. 1.3 des Anhangs Nr. 2 "Merkmale zur Beitragsberechnung" von den für die Bekl. ungünstigsten Parametern aus.
2 Aus den Gründen:
" … Die Kl. kann nur eine Rate verlangen, der die für die Bekl. günstigsten hypothetischen Angaben zugrunde liegen. Eine entsprechende Berechnung hat die Kl. jedoch nicht vorgetragen."
Der streitgegenständliche Vertrag stellt einen eigenständigen Versicherungsvertrag gem. § 49 Abs. 1 S. 1 VVG dar. Werden, wie vorliegend, bei Abschluss des Vertrags über den vorläufigen Versicherungsschutz die AKB nicht ausgehändigt, so gelten nach § 49 Abs. 2 VVG die vom VR üblicherweise bei dem vorläufigen Versicherungsschutz verwendeten AVB. Damit werden die AVB des VR Inhalt des Vertrags über den vorläufigen Versicherungsschutz, ohne dass der VR auf seine AVB hingewiesen hat und ohne dass der VN hiervon Kenntnis nehmen konnte und sein Einverständnis dazu erklärte. Dies gilt auch, wenn der Hauptvertrag nicht zustande kommt und auch insoweit eine spätere Aushändigung der Versicherungsbedingungen unterbleibt (Prölss/Martin/Klimke, VVG, § 49 Rn 14 ff.).
Vorliegend ist das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien im Rahmen des vorläufigen Deckungsschutzes zustande gekommen. Die Bekl. ist die Person, die in der Mitteilung über die elektronische Versicherungsbestätigung als VN eingetragen ist und der die Versicherungsbestätigung ausgehändigt bzw. mitgeteilt wurde.
Sofern, wie vorliegend, im Anschluss an die vorläufige Deckung kein Hauptvertrag zustande kommt, hat der VR gem. § 50 VVG einen Anspruch auf die Versicherungsprämie für die Laufzeit der vorläufigen Deckung. Der VN schuldet eine nach dem in Aussicht genommenen Hauptvertrag zu bemessene anteilige Prämie. Auch die Höhe der Vergütung ist naturgemäß Sache der Vereinbarung. Fehlt eine solche Absprache, kann grds. auf § 315 BGB zurückgegriffen werden. Dabei wird als der Billigkeit entsprechendes Bemessungskriterium die Prämie des Hauptvertrags heranzuziehen sein. Für den Fall, dass sich das angemessene Entgelt für die vorläufige Deckung jedoch nicht nach den Abreden des Hauptvertrags ermitteln lässt, weil ein Hauptvertrag gar nicht zustande kommt, ist Grundlage der Bemessung zunächst der für den in Aussicht genommenen Hauptvertrag zu entrichtende Beitrag. Ist – wie vorliegend – offen, welcher Hauptvertrag zu welcher Prämie abgeschlossen worden wäre, ist zunächst zu prüfen, ob Anhaltspunkte für ein Interesse des VN nach einem bestimmten Umfang der Deckung vorliegen. Sein hypothetischer Preis ist dann der Bemessung der Prämie für die vorläufige Deckung zugrunde zu legen. Fehlen solche Umstände, so ist der Preis für die dem VN günstigste Regelung auch für die Bemessung der Prämie für die vorläufige Deckung maßgebend (Langheid/Wandt/Rixecker, VVG, § 50 Rn 5).
Von dieser gesetzlichen Regelung findet sich in den gem. § 49 Abs. 2 S. 1 VVG maßgeblichen AKB der Kl. in Ziff. 1.3 des Anhangs 2 der AKB der Kl. eine Abweichung. Hiernach wird die Höhe der Prämien bei Fehlen von Angaben so berechnet, als hätte der VN für die Beitragsberechnung die ungünstigsten Angaben gemacht.
Gegen die Wirksamkeit dieser Regelung bestehen keine Bedenken. Die Klausel hält einer Prüfung nach § 305 ff. BGB stand. §§ 49 und 50 VVG sind, auch zum Nachteil des VN, abdingbar. Wenn ausdrücklich oder konkludent eine abweichende Prämienhöhe vereinbart wurde, geht diese Vereinbarung daher vor. Die abweichende Vereinbarung kann auch in AKB getroffen werden, dabei genügt es grds. – auch unter dem Gesichtspunkt des Transparenzgebotes – wenn die Höhe der geschuldeten Prämie in den ergänzend zu den AKB verwendeten Tarifbestimmungen festgelegt wird (Prölss/Martin/Klimke, VVG, § 50 Rn 7).
Die Regelung ist jedoch auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Die Versicherungsbedingungen sind objektiv aus der Sicht eines durchschnittlichen VN auszulegen...