Arztrechnungen, deren Höhe in einem auffälligen Missverhältnis zu den erbrachten Leistungen stehen, sind nicht erstattungsfähig. Zwar ist der Versicherer für seine Behauptung, es liege ein solch auffälliges Missverhältnis vor, beweispflichtig. Gleichwohl ist es oft der Versicherungsnehmer, der das Risiko trägt, ob und inwieweit ein solches Missverhältnis vorliegt.
Ebenso wie in der Rechtsschutzversicherung ist in der Krankenversicherung von einem Dreiecksverhältnis auszugehen: Der Versicherungsnehmer ist Vertragspartner des behandelnden Arztes und des Krankenversicherers. Unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen dem Krankenversicherer und dem behandelnden Arzt bestehen nicht, sie können auch nicht durch Abtretung herbeigeführt werden, da § 6 Abs. 6 MB/KK ein Abtretungsverbot enthält.
In der Rechtsschutzversicherung rechnet der beauftragte Rechtsanwalt im Regelfall unmittelbar mit dem Rechtsschutzversicherer ab, selbst wenn der Mandant seine Freistellungsansprüche nicht an seinen Anwalt abgetreten hat. Das frühere Abtretungsverbot in der Rechtsschutzversicherung ist zwischenzeitlich dahingehend gelockert worden, dass mit Zustimmung des Rechtsschutzversicherers eine Abtretung möglich ist.
Auch in der privaten Krankenversicherung würde eine Aufhebung oder Lockerung des Abtretungsverbotes für alle Beteiligten sinnvoll sein: Der behandelnde Arzt rechnet unmittelbar mit dem Krankenversicherer ab, Meinungsverschiedenheiten werden unmittelbar zwischen dem Krankenversicherer und dem Arzt ausgetragen und nicht auf dem Rücken des Versicherungsnehmers. Als Grund für dieses Abtretungsverbot wird oft angeführt, es solle vermieden werden, dass sich der Versicherungsnehmer in eigener Sache eine Zeugenstellung verschafft. Der wirkliche Gedanke dürfte sein, dass ein Patient, der mit seinem Arzt durch ein besonderes Vertrauensverhältnis verbunden ist, nur ungern einen Rechtsstreit gegen den Arzt über die Höhe seines Honorars führt und somit zum "Prellbock" zwischen Arzt und Krankenversicherer wird. Bei der stationären Behandlung rechnen die Krankenhäuser unmittelbar mit dem Krankenversicherer ab. Diese Methode dürfte im Interesse des Patienten auch in der ambulanten Krankenbehandlung sinnvoll sein, da dann Meinungsverschiedenheiten über die Höhe der Behandlungskosten unmittelbar zwischen dem eintrittspflichtigen Krankenversicherer und dem Arzt ausgetragen werden.
Aber auch für die behandelnden Ärzte könnten eine Aufhebung des Abtretungsverbotes und eine unmittelbare Abrechnung mit dem Krankenversicherer von Vorteil sein: Es gibt immer wieder Fälle, in denen die Patienten die Arztrechnung einreichen und sich erstatten lassen, die Leistung des Krankenversicherers jedoch nicht an den Arzt weiterleiten. Das Insolvenzrisiko des Patienten geht dann zu Lasten des behandelnden Arztes.
Autor: RA Dr. Hubert W. van Bühren , FA für Versicherungsrecht Köln
zfs 11/2017, S. 610 - 612