Beantragt jemand die (Neu)Erteilung einer Fahrerlaubnis (oder geht es um die Verlängerung oder die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen), hat die Fahrerlaubnisbehörde zwingend die Beibringung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) anzuordnen, wenn dem Betroffenen die Fahrerlaubnis aus einem der in § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. a, b oder c FeV genannten Gründe durch ein Strafgericht entzogen worden war (§ 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. d FeV). In § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. a, b oder c FeV sind Fälle des Alkoholmissbrauchs in straßenverkehrsrechtlicher Hinsicht geregelt, also der Genuss von Alkohol und die (mögliche) anschließende Teilnahme am Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss. Ungeklärt war, ob § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. d FeV jede strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Alkoholmissbrauchs meint oder nur eine solche, in der die jeweilige (qualifizierte) Tatbestandsvoraussetzung von § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. a, b oder c FeV erfüllt war, also entweder ein ärztliches Gutachten oder sonstige Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch begründeten, mindestens zwei Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen wurden oder ein Fahrzeug im Straßenverkehr mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr (oder eine vergleichbaren Atemalkoholkonzentration) geführt wurde.
Nach der Auffassung des VGH Mannheim konnte eine Beibringungsaufforderung nach strafgerichtlicher Entziehung bei einer einmaligen Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration von weniger als 1,6 Promille (oder einer vergleichbaren Atemalkoholkonzentration) auf § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. d FeV gestützt werden. Dieser Rechtsprechung angeschlossen hatten sich das OVG Mecklenburg-Vorpommern, das OVG Lüneburg und der BayVGH. Offen gelassen haben die Frage das OVG Münster und das OVG Berlin-Brandenburg. Untergerichte vertraten auch nach der Entscheidung des VGH Mannheim die Auffassung, dass eine MPU auch nach einer strafgerichtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis aufgrund Alkoholmissbrauchs bei einer einmaligen Trunkenheitsfahrt nur dann in Betracht kommt, wenn der Betroffene eine Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,6 Promille oder eine vergleichbare Atemalkoholkonzentration erreicht hat. Letztere Auffassung wurde in der Literatur weitgehend geteilt.
Ihre Richtigkeit hat das BVerwG bestätigt: Ist nach einer einmaligen Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration von weniger als 1,6 Promille die Fahrerlaubnis durch das Strafgericht entzogen worden, darf die Fahrerlaubnisbehörde die Neuerteilung nicht allein wegen dieser Fahrerlaubnisentziehung von der Beibringung eines positiven medizinisch-psychologischen Gutachtens abhängig machen. Anders liegt es, wenn zusätzliche Tatsachen die Annahme künftigen Alkoholmissbrauchs begründen. Die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens setzt nach dem klaren Wortlaut des § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. d FeV voraus, dass die Fahrerlaubnis aus einem der unter Buchstabe a bis c genannten Gründe entzogen wurde. Aus dieser Rückbindung folgt, dass auch im Zusammenhang mit dem Tatbestand des § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. d FeV die Systematik und Wertung dieser Gründe zu beachten ist. Mit der Vorschrift nicht ver einbar ist es, sich hiervon zu lösen und die strafgerichtliche Fahrerlaubnisentziehung im Falle einer Trunkenheitsfahrt zum eigenständigen Sachgrund für die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung zu machen.