Anfang des Jahres 2017 hat sich das BVerwG erstmals zum neuen Punktsystem geäußert. Die Reform des Verkehrszentralregisters wurde mit dem 5. Gesetz zur Änderung des StVG und anderer Gesetze vom 28.8.2013 (BGBl I S. 3313) und der neunten Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 5.10.2013 (BGBl I S. 3920) ins Werk gesetzt und trat am 1.5.2014 in Kraft. Die wichtigsten Änderungen im Verhältnis zur früheren Rechtslage bestehen darin, dass die Fahrerlaubnis bereits bei einem Stand von acht Punkten entzogen wird, wohingegen früher hierfür 18 Punkte notwendig waren und die Anzahl der Punkte, die für die einzelnen Verkehrszuwiderhandlungen vergeben werden, deutlich reduziert wurde. Außerdem ist die so genannte Tilgungshemmung weggefallen. Diese hatte zur Folge, dass eingetragene Punkte für eine Verkehrszuwiderhandlung nur dann nach Ablauf einer bestimmten Zeit gelöscht wurden, wenn innerhalb dieser Zeit nicht erneute Verkehrszuwiderhandlungen hinzukamen. Schließlich wurde das sog. Tattagprinzip ausdrücklich in das Gesetz übernommen (§ 4 Abs. 5 S. 5–7 StVG). Zweck war die Vermeidung taktisch motivierter Rechtsbehelfe, mit deren Einlegung dann zu rechnen wäre, wenn statt des Tattagprinzips das sog. Rechtskraftprinzip gelten würde. Dieses besagt, dass sich eine Verkehrszuwiderhandlung punktemäßig erst zu dem Zeitpunkt auswirkt, in dem die Ahndung der begangenen Tat rechtskräftig wird, was wiederum davon abhängig ist, dass entweder kein Rechtsbehelf eingelegt wird oder alle Rechtsbehelfe ausgeschöpft wurden. Die nach dem Punktsystem zu ergreifenden Maßnahmen sind – wie bislang auch – gestaffelt. Ergeben sich vier oder fünf Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu ermahnen, ergeben sich sechs oder sieben Punkte, ist er schriftlich zu verwarnen und wenn sich acht oder mehr Punkte ergeben, gilt er als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und die Fahrerlaubnis ist zu entziehen (§ 4 Abs. 5 S. 1 StVG).
Das BVerwG hat die Rechtsprechung der Instanzgerichte, die Neuregelung des Punktsystems verstieße nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot und den Gleichheitssatz, im Ergebnis bestätigt. Als Kernpunkt der Entscheidung stellt es heraus, dass sich der Gesetzgeber mit der Neuregelung von der bisherigen Warnfunktion des alten Punktsystems verabschiedet hat und kommt zu dem Ergebnis, dass die Fahrerlaubnis nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 3 StVG auch dann zu entziehen ist, wenn der Fahrerlaubnisinhaber die zum Erreichen der Acht-Punkte-Grenze führende weitere Zuwiderhandlung vor der Erteilung der Verwarnung begangen hatte und diese Zuwiderhandlung zum Zeitpunkt der Verwarnung rechtskräftig geahndet und im Fahreignungsregister gespeichert, der Fahrerlaubnisbehörde aber noch nicht übermittelt war. Eine Verringerung des Punktestandes nach § 4 Abs. 6 S. 3 Nr. 2 StVG tritt in einem solchen Fall nicht ein.