[11] "… 1. Das BG hat allerdings zu Recht angenommen, dass sich die Parteien wirksam über den Inhalt des Versicherungsvertrags geeinigt haben. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zu dieser Frage ist nicht geboten."
[12] a) Es liegt eine wirksame Einigung vor. Der Kl. hat ein vollständiges Angebot abgegeben und die Bekl. hat dieses Angebot mit ihrem Schreiben v. 22.9.2010 angenommen. Dabei kommt es für die Wirksamkeit der Einigung weder darauf an, ob die Bekl. die sie nach § 7 VVG treffenden Pflichten erfüllt hat noch ob ihre AVB einbezogen worden sind.
[13] aa) Der Abschluss eines Versicherungsvertrags unterliegt grds. den allgemeinen zivilrechtlichen Regeln, insb. den §§ 116 ff., 145 ff. BGB. … Er kommt daher regelmäßig durch Angebot und Annahme zustande.
[14] Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Zwar sind einige der zu erteilenden Informationen so wesentlich, dass ohne sie nach den allgemeinen Regeln über Angebot und Annahme kein wirksamer Versicherungsvertrag zustande kommt (MüKo-VVG/Armbrüster, 2. Aufl., § 7 Rn 112; Prölss/Präve, VAG, 12. Aufl., § 10a Rn 89). Dazu zählen die Informationen über die Leistungen des VR und die Prämie. … Die Erklärung des Kl. v. 22.9.2010 enthält aber alle für einen Rentenversicherungsvertrag auf das Leben des Kl. erforderlichen Angaben, insb. zu den essentialia negotii. Aus ihr ergeben sich sowohl das versicherte Risiko sowie Beginn und Ende der Versicherung als auch die versicherte Person, die geschuldeten Versicherungsbeiträge, die Art und Höhe der Versicherungsleistungen und der gewählte Tarif der Bekl. Gegenstand und Inhalt des gewollten Vertrags waren in der Erklärung des Kl. mithin so bestimmt angegeben, dass die Bekl. das Angebot durch ein einfaches “Ja' annehmen konnte. Die Bekl. hat dieses Angebot unverändert angenommen, indem sie dem Kl. mit Schreiben v. 22.9.2010 den Versicherungsschein sowie die Tarifbeschreibung, die AVB, die Verbraucherinformation nach §§ 1, 2 VVG-InfoV und ein Produktinformationsblatt übersandte.
[15] Ob die Voraussetzungen des § 305 Abs. 2 BGB an die Einbeziehung der AVB im Streitfall erfüllt sind, kann dahinstehen. Da sich bereits aus der Angebotserklärung des Kl. die wechselseitigen Hauptpflichten ergeben und die Bekl. dieses Angebot angenommen hat, ist der Inhalt des Versicherungsvertrags auch ohne Einbeziehung von AVB ausreichend bestimmt. Für die Abwicklung des Vertrags sind die Bestimmungen der AVB der Bekl. im Streitfall unerheblich. Die Bekl. hat sich auf die Kündigung des Kl. eingelassen. Die Höhe des – in der Sache unbestrittenen – Rückkaufswertes folgt aus § 169 VVG.
[16] bb) Für die Wirksamkeit der Einigung der Parteien ist es unerheblich, ob der VR die in § 7 Abs. 1 S. 1 VVG bestimmten Pflichten erfüllt.
[17] (1) Allerdings hat der Kl. die Bekl. im Streitfall nicht wirksam davon entbunden, ihm die nach § 7 Abs. 1 S. 1 VVG geschuldeten Informationen vor Abgabe seiner Vertragserklärung zu erteilen. § 7 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 VVG verlangt hierfür eine gesonderte schriftliche Erklärung sowie einen ausdrücklichen Verzicht des VN. Diese hohen formalen Hürden dienen dazu, dass der Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 23.9.2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG (ABlEG L 271/16 v. 9.10.2002; fortan Fernabsatzrichtlinie II) nach Sinn und Zweck entsprochen wird (BT-Drucks 16/3945 S. 60). Der Verzicht muss dem VN bewusst vor Augen geführt werden (vgl. Begründung zu dem wortgleichen Erfordernis der gesonderten schriftlichen Erklärung in § 42c Abs. 2 VVG a.F. in BT-Drucks 16/1935 S. 24, auf die die Begründung zu § 6 Abs. 3, § 61 Abs. 2 VVG in BT-Drucks 16/3945 S. 58, 77 Bezug nimmt), so dass die Warnfunktion sichergestellt und sein Bewusstsein für die Nachteile dieser Erklärung geschärft wird. Im Streitfall fehlt es entgegen der Auffassung des BG an einem wirksamen Verzicht.
[18] Die vom Gesetz geforderte ausdrückliche Erklärung schließt nicht nur stillschweigende Verzichtserklärungen aus, sondern erfordert ein besonderes Erklärungsbewusstsein des VN: Er muss sich bewusst sein, dass er mit der Erklärung darauf verzichtet, konkrete ihm geschuldete Informationen zu erhalten. Nur so kann dem vom Gesetzgeber beabsichtigten Schutz des VN (BT-Drucks 16/3945 S. 60) Rechnung getragen werden.
[19] Diesen Anforderungen genügt die Erklärung des Kl. nicht. Zwar werden die betroffenen Informationen darin bezeichnet. Ein Verzicht auf die geschuldete rechtzeitige Übermittlung derselben geht daraus aber nicht mit der gebotenen Deutlichkeit hervor. Bereits die Überschrift “Zustimmungserklärung' lässt nicht erkennen, dass der VN auf ein ihm zustehendes Recht verzichtet. Im ersten Satz erklärt sich der Unterzeichner nur damit einverstanden, die näher bezeichneten Informationen erst mit dem Versicherungsschein zu erhalten. Dagegen ergibt sich der Verzicht auf die rechtzeitige Übermittlun...