Eine akute Notsituation birgt auch für völlig unbeteiligte Personen ein potentielles Schadensrisiko. Derart gelagerte Nothilfefälle sollen im Folgenden exemplarisch dargestellt werden.
I. Notlage hat tatsächlich bestanden
Fallbeispiel
Nachdem ein hilfloser Senior in seiner Mietwohnung gestürzt ist, konnte die Feuerwehr den alleinstehenden Herrn retten. Er stürzte durch einen Schwächeanfall in der Nacht bei einem Toilettengang und hatte ohne fremde Hilfe nicht mehr aufstehen können. Durch Hilferufe war ein Nachbar auf die Lage des Seniors aufmerksam geworden und hatte die Rettungsleitstelle alarmiert. Die Feuerwehr musste die Tür zur Wohnung aufbrechen, um zu dem Herrn zu gelangen. Der Vermieter verlangt den Schaden an der Tür ersetzt.
1. Anspruch gegen den Alarmierenden
Ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB gegen den Alarmierenden scheidet schon deshalb aus, da er nicht im Bewusstsein der Rechtswidrigkeit handelte, sondern im Bewusstsein der Annahme einer Notlage und der daraus folgenden Verpflichtung zur Hilfeleistung (§ 323c StGB). Zudem hat der den Notruf Tätigende die Tür nicht selbst beschädigt und die Beschädigung durch die Feuerwehr ist keine ihm zurechenbare Tat, mit der er eine mittelbare Verletzungshandlung vorgenommen hat. Die Entscheidung, ob tatsächlich ein Eingreifen notwendig ist, obliegt im Fall eines Alarms der Feuerwehr selbst. Der den Notruf Tätigende darf sich darauf verlassen, dass die Feuerwehr in der Notsituation das Richtige unternimmt. Aufgrund dieser Erwägungen kommt der den Notruf Auslösende auch nicht als Einwirkender im Rahmen einer Haftung nach § 904 S. 2 BGB in Betracht. Auch eine Haftung nach § 831 BGB scheidet aus, da die Vorschrift nur einschlägig ist, wenn der Verrichtungsgehilfe in einem Abhängigkeitsverhältnis steht, was bei der hoheitlich handelnden Feuerwehr nicht der Fall ist.
2. Anspruch gegen die Feuerwehr
Wird durch rechtmäßiges hoheitliches Handeln unmittelbar in den Eigentumsinhalt des Vermieters eingegriffen, kommen neben einem möglichen Anspruch aus den Feuerwehrgesetzen der Länder, auch Ansprüche gegen die Feuerwehr nach § 904 S. 2 BGB und enteignendem Eingriff in Betracht. Hierbei geht ein Anspruch aus dem Feuerwehrgesetz einem Anspruch aus § 904 S. 2 BGB oder wegen enteignenden Eingriff bei rechtmäßigem Feuerwehrverhalten im Zweifel als spezialgesetzliche Regelung vor.
a) Entschädigungsanspruch aus den Feuerwehrgesetzen der Länder
(1) Aufgaben der Feuerwehr
Aufbau, Rechtstellung und die Aufgaben der Feuerwehr sind in den jeweiligen Feuerwehr-, Brandschutz-, Hilfeleistungs- und/oder Katastrophenschutzgesetzen der Länder geregelt. Die Feuerwehrgesetze sind Spezialgesetze zur Gewährleistung einer effektiven Gefahrenabwehr in den Bereichen Brandschutz, Hilfeleistung und ggf. Katastrophenschutz.
Zu den Pflichtaufgaben der Feuerwehr gehört es Gefahren für die öffentliche Sicherheit abzuwehren, insbesondere die durch Brände, Explosionen, Überschwemmungen, Unfälle und ähnliche Ereignisse entstehen. Eine Gefahr besteht, sobald bei objektiver Betrachtung der Eintritt eines Schadens naheliegt, wenn nicht umgehend Abwehrmaßnahmen ergriffen werden. Von einer solchen Gefahr wird auch schon dann gesprochen, wenn die Gefahr noch nicht sicher festgestellt, aber aufgrund konkreter Anhaltspunkte vermutet werden kann (sogenannte Anscheinsgefahr). Für die Einschätzung bedarf es jeweils einer Gefahrenprognose auf der Grundlage einer verständigen Würdigung aller im Entscheidungszeitpunkt verfügbaren Erkenntnisquellen, also aus ex ante-Sicht.
Weiterhin wird auch der Einsatz bei öffentlichen Notständen, die sich dadurch auszeichnen, dass eine dringende, deshalb Eilbedürftigkeit auslösende Gefahr für die Allgemeinheit (also einen nicht bestimmbaren Kreis von Betroffenen) besteht, vom Aufgabenbereich der Feuerwehr erfasst.
Hingegen ist die Verpflichtung zur Hilfe in Unglücksfällen nicht durchgängig in den Feuerwehrgesetzen der Länder vorgesehen und als solche nicht selbstverständlich, dementsprechend auch häufig kostenpflichtig. Ein Unglücksfall ist jedes mit einer gewissen Plötzlichkeit eintretende Ereignis, das eine erhebliche Gefahr für Menschen, Tiere, Sachen oder Umwelt bringt oder zu bringen droht. Sofern nicht die Allgemeinheit betroffen ist, wird man wegen der Schutzpflicht des Staates nach Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG, die unabhängig von insbesondere finanziellen Verhältnismäßigkeitserwägungen besteht, auch immer ein öffentliches Interesse annehmen müssen, wenn Leib und Leben in Unglücksfällen bedroht sind.
(2) Eingriffsrecht der Feuerwehr bei der Aufgabenwahrnehmung
Die Feuerwehrgesetze bieten der Feuerwehr regelmäßig nur eng umgrenzte Eingriffsrechte bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben. Erlaubt sind etwa der Zutritt, die Entfernung sowie Benutzung von Sachen bzw. Eigentümer und Besitzer von betroffenen Gru...