Anspruch des Neuwagenkäufers auf Ersatzlieferung eines mangelfreien Fahrzeugs (BGH, Urt. v. 24.10.2018 – VIII ZR 66/17)
Der Kläger kaufte von der Beklagten einen Neuwagen BMX X3. Das Fahrzeug ist mit einem Schaltgetriebe sowie einer Software ausgerüstet, die bei drohender Überhitzung der Kupplung eine Warnmeldung einblendet. Im Fahrzeug des Klägers erschien im Textdisplay des Autoradios mehrfach die Warnmeldung, mit der der Fahrer aufgefordert wurde, das Fahrzeug vorsichtig anzuhalten, um die Kupplung (bis zu 45 Minuten) abkühlen zu lassen. Der Kläger verlangte daher von der Beklagten die Lieferung eines mangelfreien Neufahrzeugs. Die Beklagte bestreitet einen Mangel. Die Kupplung sei technisch einwandfrei, es sei daher trotz der Warnmeldung nicht erforderlich, das Fahrzeug anzuhalten. Mittlerweile sei im Rahmen eines Kundendienstes eine korrigierte Warnmitteilung aufgespielt worden. Das OLG hat der Klage auf Ersatzlieferung eines neuen Fahrzeugs Zug um Zug gegen Rückübereignung des gelieferten Fahrzeugs stattgegeben.
Der BGH entschied, dass das Berufungsgericht zutreffend angenommen habe, dass das Fahrzeug bei der Übergabe einen Sachmangel aufgewiesen habe. Da eine fehlerhafte Warnmeldung angezeigt worden sei, eigne sich das Fahrzeug weder für die gewöhnliche Verwendung noch weise es eine Beschaffenheit auf, die bei Sachen der gleichen Art üblich sei und die ein Käufer nach der Art der Sache erwarten könne (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB). Der Nacherfüllung durch Lieferung eines Neufahrzeugs stehe nicht entgegen, dass der Kläger zunächst Beseitigung des Mangels (§ 439 Abs. 1 Alt. 1 BGB) verlangt habe. Die Ausübung des Nacherfüllungsanspruchs sei gesetzlich (anders als die Ausübung des Rücktritts- oder Minderungsrechts) nicht als bindende Gestaltungserklärung ausgeformt, so dass der Käufer nicht daran gehindert sei, von der zunächst gewählten Art der Nacherfüllung wieder Abstand zu nehmen. Außerdem könne der Käufer auch dann an der Nacherfüllung durch Ersatzlieferung festhalten, wenn der Mangel nachträglich ohne sein Einverständnis – wie hier im Rahmen der routinemäßigen Inspektion – beseitigt wird.
Der Verkäufer könne die vom Käufer gewählte Nacherfüllung allerdings verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich sei. Das Berufungsgericht habe insoweit zutreffend berücksichtigt, dass die Kosten der Ersatzlieferung zwar deutlich höher seien als die Kosten der Nachbesserung durch ein Software-Update, dem Mangel aber erhebliche Bedeutung zukomme (§ 439 Abs. 3 S. 2 Alt. 2 BGB a.F.). Allerdings sei die weitere Annahme des Berufungsgerichts nicht tragfähig, dass auf die andere Art der Nacherfüllung nicht ohne Nachteile für den Kläger zurückgegriffen werden könne (§ 439 Abs. 3 Satz 2 Alt. 3 BGB a.F.). Zwar sei dies der Fall, wenn der Verkäufer den Mangel durch die Nachbesserung nicht vollständig, nachhaltig und fachgerecht beseitigen könne.
Ob dies vorliegend allerdings der Fall sei, hätte das Berufungsgericht durch ein Sachverständigengutachten klären müssen. Insoweit sei festzustellen, ob die Warnfunktion bei tatsächlicher Überhitzung der Kupplung einen korrigierten Warnhinweis anzeige oder ob der Warnhinweis – was das Berufungsgericht für möglich gehalten hat – schlicht abgestellt worden ist. Deshalb wurde das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 169/2018 v. 24.10.2018