StVG § 7
Leitsatz
1) Der Betrieb eines Fahrzeuges gem. § 7 StVG erfordert keinen Einsatz auf öffentlicher Verkehrsfläche. Eine Verwirklichung der Betriebsgefahr scheidet jedoch aus, wenn das Fahrzeug ordnungsgemäß außerhalb jeglichen Verkehrsraums abgestellt worden ist.
2) Verschiebt Windeinwirkung einen ordnungsgemäß abgestellten Sattelauflieger, der dadurch ein daneben abgestelltes Kfz beschädigt, wird die Verwirklichung der Gefahr der unkontrollierten Seitenbewegung vom Schutzzweck des § 7 StVG dann erfasst, wenn sich das Fahrzeug im öffentlichen Verkehrsraum befand.
3) Ob die Begründung der Anhängerhaftung voraussetzt, dass die Betriebsgefahr des Zugfahrzeugs in irgendeiner Form auf den Anhänger bei Schadenseintritt fortgewirkt hat, bleibt offen.
(Leitsätze der Schriftleitung)
BGH, Urt. v. 11.2.2020 – VI ZR 286/19
Sachverhalt
Die Kl. macht die Verurteilung der beklagten Haftpflichtversicherung zum Ersatz der durch eine Kollision des versicherten Sattelaufliegers mit dem Pkw der Kl. entstandenen Schäden geltend. Der Ehemann der Kl. hatte den Pkw auf dem Firmengelände seines Arbeitgebers, bei dem er als Berufskraftfahrer beschäftigt ist, im Bereich des Parkplatzes abgestellt, der als Stellplatz für Sattelauflieger genutzt wird. Das Orkantief "Friederike" schob einen abgestellten Sattelauflieger gegen den Pkw, der total beschädigt wurde.
Die Kl. hat den Ersatz ihres Schadens mit der Begründung verfolgt, der Parkplatz sei frei zugänglich gewesen und der Sattelauflieger sei nicht ordnungsgemäß gesichert gewesen. Das AG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung war erfolglos. Die zugelassene Revision führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung an das BG zur neuen Verhandlung und Entscheidung.
2 Aus den Gründen:
"…"
[5] I. Das BG hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der Kl. stehe ein Anspruch gegen die Bekl. aus § 7 StVG, § 115 VVG nicht zu. Das AG habe das Haftungsmerkmal “bei dem Betrieb' i.S.d. § 7 Abs. 1 StVG zu Recht abgelehnt. Der nach der höchstrichterlichen Rspr. erforderliche örtliche und zeitliche Kausalzusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Aufliegers sei nicht feststellbar. Der Schaden beruhe allein auf einer äußeren, windbedingten Krafteinwirkung auf den auf dem Parkplatz abgestellten Lkw-Auflieger.
[6] Ein Zusammenhang mit einem Betriebsvorgang sei nicht zu erkennen. Soweit diesbezüglich der Vorgang des Abstellens in Betracht komme, sei zusätzlich erforderlich, dass das Fahrzeug nicht ordnungsgemäß abgestellt worden sei. Dies könne vorliegend allenfalls dann anzunehmen sein, wenn – was streitig sei – beim Abstellen des Aufliegers keine Unterlegkeile verwendet worden wären. Dass hierzu eine Pflicht bestanden habe, sei jedoch nicht ersichtlich. § 41 Abs. 14 StVZO sehe insoweit lediglich die Pflicht vor, Unterlegkeile mitzuführen, regele jedoch nicht deren Gebrauch. Unabhängig davon dienten Unterlegkeile der Sicherung der Fahrzeuge an einer Steigung, nicht jedoch in der Ebene. Auf den in der Akte befindlichen Lichtbildern sei jedoch kein Gefälle auf dem Parkplatz zu erkennen. Eine Pflicht zur Nutzung von Unterlegkeilen ergebe sich auch nicht allein aus einer Unwetterwarnung, zumal in Abwesenheit eines Gefälles schon unklar sei, wo in Erwartung eines Sturmereignisses Unterlegkeile zu positionieren gewesen wären. Im Ergebnis sei das Abstellen des Aufliegers ohne Verwendung von Unterlegkeilen nicht als verkehrswidrig anzusehen, so dass sich aus dem Abstellen allein kein Zusammenhang mit einem Betriebsvorgang ergebe.
[7] Einen Zusammenhang mit einer Betriebseinrichtung vermöge die Kammer ebenfalls nicht zu erkennen. Ein solcher wäre allenfalls dann zu bejahen, wenn man bereits einen Rollvorgang als ausreichend dafür erachten würde, dass sich eine typische Gefahr eines Anhängers verwirklicht habe. Ob vorliegend von einem Rollvorgang gesprochen werden könne, sei jedoch bereits fraglich. Denn der Auflieger sei vom Wind zur Seite gedrückt worden. Es handele sich mithin nicht um eine “Bewegung in Richtung der Räder'. Allerdings sei hier auch nicht auszuschließen, dass die Räder des Aufliegers dessen Seitwärtsbewegung begünstigt hätten, da auch ein Drehen eines Fahrzeugs auf der Stelle in der Regel immer mit einer Rollbewegung der Reifen einhergehe. Letztlich könne dies jedoch dahinstehen, da sich aus dem Urt. des BGH v. 27.11.2007 – VI ZR 210/06 ergebe, dass allein der Umstand des Rollens eines Fahrzeugs für die Verwirklichung einer typischen Gefahr nicht ausreiche. Dem schließe sich die Kammer an. Denn erforderlich für eine Haftung sei die Verwirklichung einer Gefahr, vor der § 7 StVG den Verkehr schützen solle. Diese Vorschrift solle jedoch vor den spezifischen Gefahren schützen, die von Kfz ausgingen. Zwar würden in § 7 Abs. 1 StVG auch Anhänger, also nicht motorisierte Fahrzeuge, genannt. Stellte man jedoch für die Verwirklichung einer kraftfahrzeugspezifischen Gefahr ausschließlich auf die Rollbewegung der Reifen ab, würde dies die Grenze zwischen Kfz und nicht motor...