StPO § 344, OWiG § 76 § 79
Leitsatz
Herrin des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist allein die StA. Namentlich liegt es in ihrer alleinigen Verantwortung, die angefochtene Entscheidung auf formelle oder sachliche Fehler hin zu prüfen und die Rechtsbeschwerdebegründung in der Form der §§ 79 Abs. 3 OWiG, 344 StPO abzufassen. Bestehen durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass die StA das Beschwerdeverfahren nicht in eigener Verantwortung betrieben hat, insbesondere die Rechtsmittelbegründung der Verwaltungsbehörde ohne eigene inhaltliche Prüfung übernommen hat, so liegt kein zulässiges Rechtsmittel vor.
OLG Köln, Beschl. v. 19.2.2020 – III-1 RBs 360/19
Sachverhalt
Gegen die Betr., deren Geschäftszweck der gewerbliche Güterverkehr ist, ist mit Bußgeldbescheid des Bundesamts für Güterverkehr eine Einziehungsanordnung über einen Betrag von 44.355 EUR ergangen (in 157 Fällen Transportaufträge durch Subunternehmer, bei denen entgegen § 7c S. 1 Nr. 3a GüKG i.V.m. Art 8 Abs. 2 S. 1 der VO (EG) 1072/2009 Kabotagevorschriften nicht beachtet worden seien).
Auf den (fristgerechten) Einspruch der Betr. hat die Verwaltungsbehörde das Verfahren an die StA Köln abgegeben, wo es als "Verkehrs-OWi" gegen "A, B" eingetragen wurde. Mit Verfügung legte die StA die Akten gem. § 69 Abs. 4 S. 2 OWiG dem AG unter Verzicht auf die Teilnahme an der Hauptverhandlung vor. In der Verfügung wird u.a. um Begründung der Entscheidung für den Fall gebeten, dass auf ein Fahrverbot verzichtet werde. Das AG hat die Betr. freigesprochen und dies auf 29 Seiten begründet.
Gegen diese Entscheidung hat die StA Rechtsbeschwerde eingelegt. Das Urt. ist der Beschwerdeführerin am 29.3.2019 zugestellt worden. Die zuständige Oberamtsanwältin versandte die Akten mit Verfügung vom 1.4.2019 an die Bußgeldbehörde "m.d.B. um Fertigung und Beifügung einer Gegenerklärung bzw. Beschwerdebegründung". Das Bundesamt fertigte daraufhin einen auf den 18.4.2019 datierten, mit "Begründung der Rechtsbeschwerde" überschriebenen, knapp sieben Seiten umfassenden Schriftsatz, welcher zusammen mit den Akten am 23.4.2019 bei der StA einging.
Bei dem AG ging sodann am 29.4.2019 eine unter demselben Datum gefertigte und der zuständigen Oberamtsanwältin unterzeichnete Beschwerdebegründung ein, mit der die Verletzung materiellen Rechts beanstandet wird. Im Anschluss an eine kurze Darstellung des Verfahrensgangs findet sich darin – in Gänze eingerückt – der Schriftsatz des Bundesamts für Güterverkehr.
Das OLG Köln hat auf die Rechtsbeschwerde der StA gegen das Urt. des AG diese als unzulässig verworfen.
2 Aus den Gründen:
"… II."
Die gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 3 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde, über die der Senat nach Maßgabe des § 80a Abs. 2 OWiG in der Besetzung mit drei Richtern entscheidet, ist unzulässig, da sie nicht formgerecht durch die Beschwerdeführerin begründet worden ist.
Mit der Abgabe der Sache gem. § 69 Abs. 4 OWiG geht die alleinige Verfolgungsbefugnis mit Wirkung für das gesamte weitere Verfahren auf die StA über. Im Erkenntnisverfahren ist die Verwaltungsbehörde nach Maßgabe des § 76 OWiG zu beteiligen. Im Rechtsbeschwerdeverfahren, bei der die Sachkompetenz der Bußgeldbehörde nachrangige Bedeutung hat (vgl. Bösert in: Rebmann/Roth/Herrmann, OWiG, 3. Aufl., § 79, Rn 15 m.w.N.), kann sie beteiligt werden (vgl. zum Meinungsstand: Hadamitzky in: KK-OWiG, 5. Aufl., Vor § 79 Rn 12), eine Rechtsmittelbefugnis steht ihr indes nicht zu (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.8.1974 – 3 Ss (B) 132/784 – = VRS 48, 80; Göhler-Seitz/Bauer, OWiG, 17. Aufl., Vor § 79, Rn 8). Danach bestehen im Grundsatz zwar keine Bedenken, wenn der Einlegung der Rechtsbeschwerde eine entsprechende Anregung der Bußgeldbehörde vorausgeht, Herrin des Beschwerdeverfahrens ist indes allein StA. Sie ist weder Erfüllungsgehilfin der Verwaltungsbehörde noch deren verlängerter Arm. Namentlich liegt es in ihrer alleinigen Verantwortung, die angefochtene Entscheidung auf formelle oder sachliche Fehler hin zu prüfen und die Rechtsbeschwerdebegründung in der Form der §§ 79 Abs. 3 OWiG, 344 StPO abzufassen. Bestehen durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass die StA das Beschwerdeverfahren nicht in eigener Verantwortung betrieben hat, insbesondere die Rechtsmittelbegründung der Verwaltungsbehörde ohne eigene inhaltliche Prüfung übernommen hat, so liegt kein zulässiges Rechtsmittel vor.
So liegt der Fall hier. Eine auf eine eigene Befassung in der Sache rückführbare Begründung der Rechtsbeschwerde durch die StA enthalten die Akten nicht. Sie hat die Akten nach Übersendung durch die Bußgeldbehörde kommentarlos weitergeleitet und nicht an der Hauptverhandlung teilgenommen. Die Hauptverhandlung stellt indes den zentralen Teil des gerichtlichen Verfahrens dar. Dort – und nicht erst im Rechtsbeschwerdeverfahren – sind die tatsächlich und rechtlichen Fragen, wie hier: des Kabotagerechts, zu erörtern. Die Einlegung des Rechtsmittels erfolgte sodann auf ausdrückliche Bitte der Bußgeldbehörde, von der Rechtsbeschwerdebegründung angefordert worden ist. In dem am Tage des Ablaufs der Begründu...