a) Entscheidung
Der BGH ist der Auffassung, dass in denjenigen Fällen, in denen ein nach § 116 VI SGB X privilegierter Angehöriger zivilrechtlich verantwortlich den Schaden herbeigeführt hat, die Schadensersatzforderung gegen den Familienangehörigen und der Direktanspruch gegen dessen Versicherer beim Geschädigten verbleibe und es diesem dann freistehe, ob er diesen Anspruch – ungekürzt um Leistungen von dritter Seite – zusätzlich geltend mache oder nicht. Während ein nicht diesem Privilegierungskontext unterfallender Geschädigter selbstverständlich die Drittleistungen anspruchsmindernd anzusetzen hat, bekommt der (sozialversicherte) Familienangehörige die Schadenersatzforderung zusätzlich zu den Drittleistungen: Das Unglück entwickelt sich finanziell zum Glücksfall. So würde im entschiedenen Fall (so der Leitsatz Ziff. 1) die Geschädigte neben einer Erwerbsminderungsrente von 2.000 EUR/Monat zusätzlich den bei ihr rechtlich verbliebenen Verdienstausfall in gleicher Höhe vom Schadenersatzpflichtigen einfordern dürfen, also Monat für Monat 2.000 EUR mehr an Einkünften erzielen als ohne den Unfall (im Sachschadenrecht werden einem Geschädigten schon deutlich geringere Einmalbeträge unter Hinweis auf das Bereicherungsverbot – zu Recht – verwehrt).
Nachdem der BGH grundsätzlich dem Geschädigten eine deutliche Bereicherung zugestanden hatte, kamen dann dem Senat wohl Zweifel am zunächst gefundenen Ergebnis, und zwar konkret mit Blick auf die damit ins Trudeln geratene Gesamtschuldnerausgleichssituation. Nachdem, ohne dies näher zu begründen, davon ausgegangen wird, Legalzessionen seien im Falle der Gesamtschuldnerschaft aufspaltbar, kommt der BGH über ein nur schwer nachvollziehbares komplexes Konstrukt von Gesamtschuldnerschaft und Gesamtgläubigerschaft (z.T. in analoger Anwendung) zu einer Abwägung der Interessen nach Treu und Glauben.
b) Bereicherung
aa) Bereicherungsverbot
Der BGH betont einleitend zutreffend, Sinn und Zweck von Zessionen (wie § 116 SGB X) sei, Drittleistungsträgern, durch deren Leistungen der Geschädigte schadensfrei gestellt wird, den Rückgriff zu ermöglichen, und den Schädiger durch die Versicherungsleistungen nicht unverdient zu entlasten. Zessionen vermeiden dabei die doppelte Entschädigung des Geschädigten.
Schon 1969 betonte der BGH das schadensrechtliche Bereicherungsverbot. Die Rechtsprechung hebt permanent den allgemeinen schadensrechtlichen Grundsatz hervor, dass der Geschädigte zwar vollen Schadenersatz verlangen kann, aber darüber hinaus am Schadensfall nicht verdienen darf. Auch wenn der BGH zwischenzeitlich dies ausdrücklich auch zum Personenschadenrecht äußert, machte für den Personenschadenersatz die BGH-Entscheidung v. 17.10.2017 demgegenüber gleichwohl das Tor weit offen: Für sozialversicherte Unfallopfer (aber nur für diese!) lohnt es sich finanziell, wenn Familienangehörige i.S.v. § 116 VI SGB X ihren Personenschaden herbeiführen. Auch der Täter verdient mittelbar am Schaden. Das Opfer erhält neben dem Schadenersatz zusätzlich die Leistungen der Sozialversicherung; das Familieneinkommen erhöht sich entsprechend. Familienrechtliche Unterhaltspflichten des Täters können sich angesichts des Vermögensgewinnes des Opfers verringern.
Wenn die Rechtsprechung – auf Grundlage der vorliegenden Entscheidung konsequent – auch Sachleistungen (wie Umschulung, ambulante und stationäre Behandlung, Medikamente) mit ihrem ermittelbaren Geldwert dem Opfer zuspräche, geriete das Personenschadensystem völlig aus den Fugen.
bb) Gesetzgeberische Intention
Dass seitens der Gesetzgebung einerseits eine Bereicherung nur der sozialversicherten Bevölkerungsanteile gewollt war, andererseits aber u.a. Privatversicherte und Beamte (hier gilt § 86 VVG analog) von solcher Segnung bei einem Haftpflichtgeschehen ausgeschlossen werden, lässt sich auch nicht ansatzweise der Gesetzgebungshistorie entnehmen (§ 116 VI SGB X normierte ausdrücklich lediglich die vorangegangene Rechtsprechung ohne ergänzende eigenständige Ideen). Ein solches gesetzgeberisches Unterfangen wäre willkürlich und sachlich nicht zu rechtfertigen und würde Art. 3 ...