Die Forderung steht – so die bisherige Rechtsprechung – immer nur dem "wirklich eintrittspflichtigen" (objektive Betrachtung) Drittleistungsträger zu. In seiner Entscheidung zur leistungsrechtlichen Konkurrenz von Bundesagentur für Arbeit und RVT stellte der BGH entscheidend auf die Leistungszuständigkeit ab und das "Entweder-oder-Prinzip" in den Vordergrund.
Nach Auffassung des BGH – der sich des Widerspruches gegenüber seiner bisherigen Rechtsprechung nicht bewusst zu sein scheint – soll allein die Außenwirkung des § 14 SGB IX zur Aktivlegitimation nach § 116 SGB X führen – und zwar unabhängig von der tatsächlichen Kostentragungspflicht des zutreffend zuständigen Leistungsträgers. Spätere BGH-Rechtsprechung (dazu unten II.3) greift unreflektiert die Entscheidung v. 27.1.2015 auf.
Die BGH-Entscheidung zu § 14 SGB IX fußt entscheidend auf BGH v. 17.4.1958, übersieht dabei aber nicht nur eine entscheidend veränderte Gesetzeslage (§§ 1501 ff. RVO gelten schon seit vielen Jahren nicht mehr), sondern steht zudem im Widerspruch zur vorgenannten gefestigten BSG-Rechtsprechung. BGH v. 17.4.1958 wollte explizit gerade den Ersatzschuldner im Regressverhältnis schützen vor einer damaligen Willkürzuständigkeit der Berufsgenossenschaft bei Arbeitsunfällen. Nach geltendem Sozialleistungsrecht steht die letztliche Zuständigkeit und Kostentragungspflicht (Abwicklung nach §§ 102 ff. SGB X) – und damit verbunden die Aktivlegitimation – jedoch fest; nur im Verhältnis zum Versicherten wird in dessen Interesse der Ansprechpartner (nicht aber der Kostenträger) anders bestimmt. BGH v. 27.1.2015 schafft allerdings erst mit seiner jetzigen Entscheidung genau dasjenige, was BGH v. 17.4.1958 vermeiden wollte, nämlich eine gewillkürte, für den Ersatzschuldner nicht kalkulierbare, Aktivlegitimation zulasten des Ersatzschuldners. Solche Willkür-Zuständigkeit ist dem Zessionssystem fremd (so auch zuvor der BGH); soweit im Ausnahmefall Leistungen parallel (und nicht Entweder-oder) gewährt werden können, treffen spezielle Normen hier Vorsorge (wie § 98 SGB VI im Leistungsbereich oder § 117 SGB X für Zessionen).
Ein Gläubigerwechsel, der sich ohne Willen des Schuldners vollzieht, darf dessen Stellung nicht verschlechtern (§§ 404, 412 BGB). Der Schuldnerschutz wird unterlaufen. In der Konsequenz werden u.a. Abfindungen mit Drittleistungsträgern gefährdet, da für den Bereich der Werkstatt für behinderte Menschen nun jeder Sozialleistungsträger (wie Sozialhilfeträger, Rentenversicherung, Bundesagentur für Arbeit) entgegen den gesetzlichen Vorstellungen Forderungsinhaber und regresszuständig sein soll – und dies allein durch Aktivitäten des Verletzten. Dies bedeutet, dass der Verletzte Einfluss auf die Aktivlegitimation von Drittleistungsträgern nimmt: Der Verletzte entscheidet mit seiner (häufig eher zufällig geprägten) Entscheidung, bei wem er sein Anspruchsbegehren vorträgt, auch zugleich über die ihm zu ersetzende Schadenhöhe und den Zeitpunkt des Forderungswechsels, u.U. sogar über den Wegfall eines Regressausschlusses (siehe § 134a V SGB V).
Diese an § 14 SGB IX orientierte Zuweisung der Forderungsberechtigung erweist sich für die Personenschadenregulierung als fatal und gefährdet nachhaltig die Regulierung. Es gibt im Personenschadenrecht nicht nur den durch § 116 SGB X geprägten Rechtsrahmen. Nach § 14 SGB IX können auch Träger ins Spiel kommen, für die ganz andere Zessionsvorgaben gelten (z.B. mit von § 116 SGB X abweichender Berücksichtigung eines Quotenvorrecht oder einem abweichenden Zeitpunkt des Forderungswechsels [wie bei Sozialhilfeträger oder Arbeitsamt]). Ferner werden Abfindungsvergleiche mit Sozialträgern in ihrem Bestand gefährdet. So ist z.B. wegen der Allzuständigkeit der gesetzlichen Unfallversicherung – mit Ausnahme von Rentenleistungen des Rentenversicherungsträgers – nicht parallel mit anderweitigen Leistungsträgern zu rechnen. Wird der Anspruch des Unfallversicherungsträgers durch Zahlung eines Einmalbetrages erledigt (eine häufige Abwicklungssituation in der außergerichtlichen Regulierungspraxis), kann nicht durch die vom Geschädigten initiierte Zuständigkeit nach § 14 SGB IX ein für diesen Bereich nach außen (gegen dem Geschädigten) zuständiger Sozialleistungsträger (z.B. Sozialhilfeträger) jetzt seine Aufwendungen beim Schadenersatzpflichtigen einfordern; das hierfür vorgesehene Ausgleichssystem bestimmen §§ 102 ff. SGB X als Lex specialis. Während § 14 SGB IX seine Relevanz im Leistungssystem erfährt und dabei dem tagaktuellen Leistungsrecht (insbesondere der SGB) unterfällt, richten sich im Regressverhältnis Aktivlegitimation, Art und Umfang des Rückgriffes ausschließlich nach dem zum Unfallzeitpunkt geltenden Zessionsrecht. Das Verhalten gegenüber dem Geschädigten ist damit einem dynamischen Recht unterworfen, das Regressrecht einem statistischen Recht. Würde man die Regelungen des § 14 SGB IX auch auf das Innenverhältnis der Reha-Träger untereinander übertrage...