Viele Oberlandesgerichte sind sich derzeit einig, dass nach den Veröffentlichungen um Unregelmäßigkeiten des Messgeräts (vgl. Simon NZV 2021, 385) die Erleichterungen des standardisierten Messverfahrens nicht mehr für das System Leivtec XV3 greifen, sondern das Gericht den Vorwurf sachverständig überprüfen lassen muss. Bewegt sich die Rechtsfolge unterhalb der Fahrverbotsschwelle, liegt auch eine Einstellung nahe, da die entstehenden Gutachtenskosten in keinem Verhältnis zur Geldbuße stünden. Für die dann zu treffende Auslagenentscheidung gibt es grob gesagt zwei Ansichten: Eine Ansicht, wie hier das OLG Celle, stellt nach wie vor auf den Tatverdacht ab. Eine andere Ansicht setzt vorher an und sieht keine Veranlassung, die notwendigen Auslagen dem Betroffenen aufzuerlegen, wenn ihn der Staat mit einem unzuverlässigen Messsystem in ein Bußgeldverfahren hineinzwingt. Dies ist vergleichbar mit einer Messstelle, die nur aus fiskalischen Gründen ausgewählt wird und nicht unter dem Aspekt der Verkehrssicherheit. Auch in diesem Fall hat das eingeleitete Verfahren keine Legitimation, sodass es vertretbar ist, die Auslagen ebenfalls der Staatskasse aufzuerlegen.

Man mag hierüber dogmatisch trefflich streiten, aber bei den Leivtec-Messgeräten ist es immerhin möglich, einen näherungsweisen Geschwindigkeitswert durch eine Weg-Zeit-Messung nachzuvollziehen, womit im Gegensatz zu rein computergenerierten Messwerten eine sachverständige Prüfung und damit eine Verurteilung überhaupt noch möglich sind, sodass der Tatverdacht als Argument für die Auslagenentscheidung jedenfalls nicht ausgeschlossen ist. In der Praxis geht es den (in der Regel rechtsschutzversicherten) Betroffenen jedoch eher um die Punkte, sodass die Einstellung gerne mitgenommen werden wird.

RAG Dr. Benjamin Krenberger, Landstuhl

zfs 11/2021, S. 649 - 650

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?