Verkehrsordnungswidrigkeitenrecht
Änderung der Bußgeldkatalogverordnung
Am 9.11.2021 ist die Erste Verordnung zur Änderung der Bußgeldkatalog-Verordnung v. 13.10.2021 in Kraft getreten (BGBl I. S. 4688). Durch die Änderung des Bußgeldkatalogs sollen Verkehrsverstöße angemessen sanktioniert werden, um die Sicherheit insbesondere für den Rad- und Fußverkehr zu erhöhen. Zudem soll die Verordnung Rechtsunsicherheiten aufgrund der ursprünglichen Novelle des Bußgeldkatalogs vom 20.4.2020 beseitigen: Da in der Eingangsformel die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für Fahrverbote nicht genannt war, gingen Bund und Länder von einer Teilnichtigkeit der Novelle aus und setzten den Vollzug der Bußgeldkatalog v. 20.4.2020 aus. Die neue Verordnung bestätigt große Teile der ursprünglichen Novelle. Statt der damals beschlossenen Fahrverbote für bestimmte Geschwindigkeitsverstöße sind nunmehr höhere Geldbußen vorgesehen. Es bleibt aber beim Fahrverbot für das unberechtigte Benutzen einer Rettungsgasse z.B. auf der Autobahn und zahlreichen Bußgelderhöhungen zum Schutz des Rad- und Fußgängerverkehrs. Der Bundesrat hat der Verordnung zugestimmt und die Bundesregierung in einer begleitenden Entschließung gebeten, die Verwarnungsgrenze von 55 EUR zu erhöhen, ebenso die Gebühr für den oder die Fahrzeughalterin, wenn bei Verstößen der oder die Fahrerin nicht ermittelbar ist. Einen ersten Überblick über die im Einzelnen erhöhten Verwarnungs- und Bußgeldsätze bieten u.a. die Informationen zum neuen Bußgeldkatalog auf der Internetseite des Bundesverkehrsministeriums. So steigt z.B. das Verwarnungsgeld für einen einfachen Parkverstoß von 15 EUR auf 25 EUR und das Verwarnungsgeld für eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerorts um 11 – 15 km/h von 25 EUR auf 50 EUR.
Quelle: BundesratKOMPAKT zur 1009. Sitzung des Bundesrates am 8.10.2021, www.bundesrat.de; Informationen zum neuen Bußgeldkatalog, www.bmvi.de
Elektronischer Rechtsverkehr
Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten
Am 11.10.2021 ist das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften v. 5.10.2021 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden (BGBl I. S. 4607). Es tritt im Wesentlichen am 1.1.2021 in Kraft. Das Gesetz enthält eine Vielzahl von Änderungen der Prozessordnungen der verschiedenen Gerichtszweige. Zentrale Neuerung ist das so genannte besondere elektronische Bürger- und Organisationenpostfach (eBO), das schriftformwahrend den Versand elektronischer Dokumente zu den Gerichten und von diesen zurück an die Postfachinhaber ermöglichen soll. Zudem werden durch das Gesetz die Gebühren für Gerichtsvollzieher bereits ab dem 1.11.2021 linear um 10 Prozent erhöht. Mit der Gebührenerhöhung wird ein Gesetzentwurf des Bundesrates umgesetzt.
Quelle: BundesratKOMPAKT zur 1008. Sitzung des Bundesrates, www.bundesrat.de
Luftverkehrsrecht
Ausgleichszahlung bei Solidaritätsstreik eines Tochterunternehmens einer Fluggesellschaft (EuGH, Urt. v. 6.10.2021 – C-613/20)
Der EuGH hat mit Urt. v. 6.10.2021 (C-613/20) auf Vorlage des Landesgerichts Salzburg entschieden, dass Art. 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 dahin auszulegen ist, dass Streikmaßnahmen zur Durchsetzung von Gehaltsforderungen und/oder Sozialleistungen der Beschäftigten, die durch den Streikaufruf einer Gewerkschaft von Beschäftigten eines ausführenden Luftfahrtunternehmens aus Solidarität mit einem Streik eingeleitet wurden, der gegen die Muttergesellschaft geführt wird, zu deren Tochtergesellschaften dieses Unternehmen gehört, an denen sich eine für die Durchführung eines Fluges unerlässliche Beschäftigtengruppe dieser Tochtergesellschaft beteiligt und die über die ursprünglich von der zum Streik aufrufenden Gewerkschaft angekündigte Dauer hinaus fortgeführt werden, obwohl inzwischen eine Einigung mit der Muttergesellschaft erzielt wurde, nicht unter den Begriff "außergewöhnliche Umstände" im Sinne dieser Bestimmung fallen. Im Ausgangsfall fordert der Kläger von der Fluggesellschaft Eurowings eine Ausgleichszahlung von 250 EUR wegen der Annulierung eines Flugs von Berlin-Tegel nach Salzburg. Der Flug war wegen eines Streiks des Kabinenpersonals gestrichen worden. Das Bezirksgericht Salzburg hatte die Klage zunächst abgewiesen, weil es sich bei dem Streik der Tochtergesellschaft trotz der Einigung der Muttergesellschaft mit der Gewerkschaft um einen außergewöhnlichen Umstand gehandelt habe. In der Berufungsinstanz hatte das Landesgericht Salzburg die strittige Rechtsfrage dem EuGH vorgelegt.
Quelle: www.curia.europa.eu
Autor: Karsten Funke
Karsten Funke, Richter am Landgericht, München
zfs 11/2021, S. 602