Die Entscheidung des OLG Stuttgart ist richtig. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat die 6-Monats-Frist des § 63 Abs. 3 S. 2 GKG, die für Gegenvorstellungen entsprechend gilt, versäumt, weil er mit den Einzelheiten der Rechtsbehelfe gegen gerichtliche Streitwertfestsetzungen nicht vertraut war.
Streitwertbeschwerde und Gegenvorstellung
So manchem Rechtsanwalt sind die Voraussetzungen, unter denen eine Streitwertbeschwerde eingelegt werden kann, nicht geläufig. Dies zeigt auch das Verhalten der Prozessbevollmächtigten des Klägers hier, haben sie doch gegen die Streitwertfestsetzung des OLG Stuttgart Beschwerde eingelegt, obwohl eine solche an das übergeordnete Gericht, nämlich an den BGH, gerichtete Beschwerde nach § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG nicht statthaft ist. Allerdings sind die Beteiligten durch diese Regelung nicht völlig rechtlos gestellt. Vielmehr ist unter bestimmten Voraussetzungen gegen einen Streitwertfestsetzungsbeschluss des OLG, ebenso übrigens wie gegen einen solchen Beschluss eines der Obersten Bundesgerichte, die Gegenvorstellung gegeben. Diese muss allerdings innerhalb der für Gegenvorstellungen entsprechend geltenden 6-Monats-Frist des § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG eingelegt werden (siehe BGH AGS 2021, 379 [Hansens]; BGH AGS 2020, 284; BGH RVGreport 2019, 472 [ders.]; BGH, Beschl. v. 27.7.2011 – IV ZR 31/11).
Hinweise für den Prozessbevollmächtigten
Dies gilt auch für eine von dem Prozessbevollmächtigten einer Partei gem. § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG im eigenen Namen erhobene Streitwertbeschwerde/Gegenvorstellung gegen eine Entscheidung des OLG bzw. eines Obersten Bundesgerichts (BGH RVGreport 2017, 434 [ders.] = AGS 2018, 78).
Folglich muss der Prozessbevollmächtigte zeitnah nach der Hauptsacheentscheidung oder nach anderweitiger Erledigung des Verfahrens prüfen, ob die Streitwertfestsetzung richtig war. Ergibt die anwaltliche Prüfung, dass das Gericht den Streitwert zu hoch festgesetzt hat, muss er rechtzeitig innerhalb der in § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG bestimmten 6-Monats-Frist für seinen Mandanten Beschwerde mit dem Ziel der Herabsetzung des Streitwertes einlegen. Ist die Beschwerde gegen eine Entscheidung des OLG bzw. eines Obersten Bundesgerichts nicht statthaft, ist sie dann als Gegenvorstellung auszulegen. Ergibt die Prüfung des Rechtsanwalts, dass der Streitwert zu niedrig festgesetzt worden ist, so kann er im eigenen Namen gem. § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG Beschwerde einlegen bzw. Gegenvorstellung erheben. Dabei sollte jeweils klargestellt werden, ob die Beschwerde/Gegenvorstellung namens und in Vollmacht des Mandanten oder im eigenen Namen des Rechtsanwalts eingelegt/erhoben wird. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers hatten hier erkennbar Beschwerde im eigenen Namen eingelegt. Im Erfolgsfalle ihrer Gegenvorstellung hätten sie dann ihre Gebühren gem. § 32 Abs. 1 RVG nach dem von ihnen angestrebten höheren Streitwert berechnen können.
Um die Frist für die Streitwertbeschwerde bzw. Gegenvorstellung in Kontrolle zu behalten, empfiehlt sich unbedingt deren Eintragung im Fristenkalender. Dies hilft allerdings nur, wenn auch der Beginn der Frist richtig ermittelt wird. Das war im Fall des OLG Stuttgart offensichtlich nicht geschehen.
VorsRiLG a. D. Heinz Hansens, Berlin
zfs 11/2022, S. 647 - 648