BGB § 133 § 157
Leitsatz
Verspricht ein Kaskoversicherer bei Nutzung von Mietwagen Schutz nur bei Anmietung "auf Tages- oder Wochenbasis", wird bei einer Anmietung für mehr als einen Monat – im Allgemeinen und so auch hier – Deckung zu verneinen sein.
OLG Hamm, Urt. v. 26.8.2022 – 20 U 131/21
(NZB zurückgewiesen durch Beschluss des BGH v. 19.4.2023 – IV ZR 338/22)
1 Sachverhalt
Der Kl. begehrt von der Bekl. Leistungen aus einer Kaskoversicherung wegen eines Unfalls mit einem von ihm angemieteten Pkw. Der Kl. hatte einen Kreditkartenvertrag abgeschlossen. Dieser Vertrag beinhaltete unter anderem zu seinen Gunsten – als Gruppenversicherung – eine "Mietwagen-Vollkasko-Versicherung". Nach C) Ziff. 1.1 der dazu vereinbarten Bedingungen für diese Vollkaskoversicherung besteht "Versicherungsschutz für bis zu zwei gleichzeitig von Ihnen auf Tages- oder Wochenbasis von einer zugelassenen Mietwagenagentur/-firma angemietete Personenkraftwagen (Mietwagen)". Dem Kl. wurde ein Direktanspruch gegen die Bekl. eingeräumt. …
Am 3.7.2017 verursachte der Kl. mit einem von ihm angemieteten Pkw auf einer Autobahn einen Verkehrsunfall, durch den ein wirtschaftlicher Totalschaden an dem Pkw entstand. Diesen Wagen hatte er jedenfalls schon vom 2.5.2017 an angemietet, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob der Wagen für einen längeren Zeitraum als 28 (oder 31) Tage oder nach Ablauf von 28 Tagen jeweils wieder neu angemietet worden war.
Der Kl. hat behauptet, dass er den Pkw nicht im Rahmen eines Vertrags für mehr als 28 Tage, sondern nach Ablauf des jeweiligen Vertrags aufgrund neuer Mietverträge angemietet habe. Es handele sich daher – jedenfalls nach der zuvor schon geübten Praxis der Bekl., welche eine Miete bis zu 28 (oder 31) Tage als versichert akzeptiert habe – um eine Miete "auf Tages- oder Wochenbasis". Aus diesem Grunde bestehe Versicherungsschutz und die Einstandspflicht der Bekl. für den durch den Verkehrsunfall verursachten Schaden.
Die Bekl. hat mit der Klageerwiderung gegenüber der Klage eingewandt, dass zwischen dem Kl. und der Fa. M ein Langzeitmietvertrag für mehrere Monate abgeschlossen worden sei, in welchem der Kl. verschiedene Fahrzeuge erhalten habe. Auch der Pkw, mit welchem der Kl. den Unfall verursacht habe, sei jedenfalls im Rahme einer Langzeitmiete von mehr als 28 (oder 31) Tagen und nicht im Sinne des Versicherungsvertrags "auf Tages- oder Wochenbasis" angemietet worden, auch nicht wenn man auf die bisherige Regulierungspraxis der Bekl. und von ihr abgegebene Erklärungen abstelle. Es bestehe daher kein Versicherungsschutz.
2 Aus den Gründen:
Dem Kl. steht gegen die Bekl. kein Anspruch auf Zahlung von 29.028,14 EUR aus dem zu seinen Gunsten abgeschlossenen Vollkasko-Gruppenversicherungsvertrag – und somit auch nicht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch auf Zahlung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten – zu. Für den hier in Rede stehenden Unfall bestand nämlich kein Versicherungsschutz. Der Kl. kann sich auch nicht mit Erfolg aufgrund früherer, angeblich gleich gelagerter Versicherungsfälle und Regulierungen der Bekl. auf Vertrauensschutz berufen.
a) Die Regelung, wonach Versicherungsschutz nur für Anmietung "auf Tages- oder Wochenbasis" besteht, ist jedenfalls dahin zu verstehen, dass eine Anmietung für mehr als einen Monat nicht versichert ist. Dies folgt – auch für den durchschnittlichen Versicherten – aus dem jedenfalls insoweit klaren Wortlaut der Regelung und dem – auch für den Versicherten – erkennbaren Zweck, dass der VR bei Langzeitmieten nicht einstehen will.
Wie im Übrigen die Regelung "auf Tages- oder Wochenbasis … angemietete Personenkraftwagen" zu verstehen ist, kann dahingestellt bleiben. Der Senat unterstellt zugunsten des Kl., dass (jedenfalls aus Vertrauensschutz aufgrund Erklärungen der Bekl.) Versicherungsschutz besteht bei einem Vertrag für 28 (oder sogar 31) Tage. Zugunsten des Kl. unterstellt der Senat außerdem, dass Versicherungsschutz besteht, wenn zunächst ein Vertrag für 28 Tage geschlossen wird und dann, ohne dass dies vorher vereinbart war, (mehrfach) ein weiterer Vertrag für 28 Tage geschlossen wird, und zwar auch dann, wenn der Vermieter bei dem weiteren Abschluss darauf verzichtet, dass der Mieter das Fahrzeug vorstellt, also zunächst für jedenfalls eine "juristische Sekunde" tatsächlich zurückgibt.
b) Der Kl. konnte indes den ihm obliegenden Beweis nicht erbringen, dass er den Wagen am 2.5.2017 für 28 Tage, sodann nach Ablauf dieser Mietzeit Ende Mai 2017 erneut für 28 Tage und – wiederum nach Ablauf von 28 Tagen Ende Juni 2017 –erneut für einen Zeitraum von 28 Tagen angemietet hatte. Dies geht zu seinen Lasten, da er die Beweislast für das Eingreifen von Versicherungsschutz, mithin dafür trägt, dass der Wagen auf "Tages- oder Wochenbasis" angemietet wurde. Es handelt sich um eine (primäre) Voraussetzung des Versicherungsschutzes.
Die von ihm hierzu eingereichten "Mietverträge" genügen nicht, um dem Senat die hinreichende, für das praktische Leben brauchbare, nicht notwendig sichere, Gewissheit zu vermittel...