1) Die durch § 108 SGB VII begründete Bindungswirkung der Entscheidung von Unfallversicherungsträger und Sozialgerichten, ob ein Versicherungsfall i.S.d. Unfallversicherungsrechtes vorliegt, ob der Unfallversicherungsträger zuständig ist und in welchem Umfang Leistungen zu erbringen sind, ist für Gerichte außerhalb der Sozialgerichtsbarkeit, damit für ordentliche Gerichte und Arbeitsgerichte, zur Erreichung einer einheitlichen Bewertung der unfallversicherungsrechtlichen Folgen und auch zum Schutz des Geschädigten erforderlich. Falls das Sozialgericht einen Versicherungsfall i.S.d. VII. Buches des SGB verneinte, das Zivilgericht aber sowohl einen Versicherungsfall bejahte und vor allem die haftungsausschließende Anwendbarkeit der §§ 104 ff. SGB VII bejahte, säße der Geschädigte zwischen den Stühlen. Er erhielte weder Schadensersatz noch Leistungen aus der Unfallversicherung (vgl. Dahm, NZV 2011, 118).
Ergänzt wird § 108 SGB VII durch § 109 SGB VII; der dem Dritten, etwa dem Schädiger, die Befugnis einräumt, die unfallversicherungsrechtliche Vorfrage des etwaigen Haftungsausschlusses nach §§ 104–107 SGB VII klären zu lassen.
2) Die Bindungswirkung des § 108 SGB VII besteht für Gerichte außerhalb der Sozialgerichtsbarkeit unabhängig davon, ob das gebundene Gericht die Entscheidung für richtig hält (vgl. BAG NZA 2007, 262, 265; BGH zfs 2008, 500; BGH zfs 2009, 669). Für den Eintritt der Bindungswirkung des Bescheides des Unfallversicherungsträger nach § 108 SGB VII ist die Bestandskraft des Bescheids nach § 77 SGG, für den der Entscheidung des Sozialgerichts dessen Rechtskraft maßgeblich.
Unanwendbar ist § 108 SGB VII, wenn zwischen dem Unfallversicherungsträger des Geschädigten und dem Haftpflichtversicherer des Schädigers über einen Anspruch aus einem Teilungsabkommen gestritten wird (vgl. BGH VersR 2005, 1751), da hier nicht um eine Frage aus dem Haftungsverhältnis, sondern um einen vertraglichen Anspruch aus dem Teilungsabkommen gestritten wird, bei dem gerade auf eine Klärung der haftungsrechtlichen Grundlagen verzichtet wird (vgl. zustimmend Dahm, a.a.O, 119).
3) Die Reichweite des § 108 SGB VII würde eingeengt werden, wenn es im Ermessen des Zivilgerichts stünde, ob das dort anhängige Verfahren bis zu einer Entscheidung des Sozialgerichts oder des Unfallversicherungsträgers ausgesetzt würde. Deshalb wird eine Aussetzungspflicht angenommen, die bis zum Abschluss des Verfahrens nach § 108 SGB VII eine eigenständige Prüfung der Haftungsausschlüsse nach §§ 104 ff. SGB VII dem Zivilgericht untersagt (vgl. BGH zfs 2009, 669; BGH zfs 2008, 500). Die Anordnung der Aussetzung kann zwei Konstellationen betreffen. Ist bereits ein Verfahren nach § 108 SGB VII bei dem Unfallversicherungsträger oder dem Sozialgericht anhängig, kann dessen Ausgang nach Anordnung der Aussetzung abgewartet werden. Ist noch kein Verfahren anhängig, ist die Aussetzung mit der Bestimmung einer Frist zu verbinden, dass das Verfahren nach § 108 SGB VII eingeleitet wird (vgl. Dahm, a.a.O., 120). Wird diese Frist nicht gewahrt, machen die Beteiligten klar, dass sie eine Verfahrenseinleitung ablehnen, so ist das Zivilgericht zu einer eigenständigen Prüfung berufen (vgl. BGH NJW 1969, 1665 zu der Vorgängervorschrift des § 108 SGB VII, des § 636 RVO a.F.).
RiOLG a.D. Heinz Diehl, Neu-Isenburg