[10]“ II. … 2. a) Es lässt sich schon nicht feststellen, dass die formellen Voraussetzungen für die Festsetzung eines Ordnungsgelds im Streitfall gewahrt sind.

[11] aa) Das LG hat das persönliche Erscheinen der Kl. und der Bekl. mit Terminsverfügung v. 8.9.2008 angeordnet. Die Ladung ist mit einfachem Brief zur Post erfolgt, wie der Erledigungsvermerk v. 8.9.2008 zeigt. Das war gem. § 141 Abs. 2 S. 2 ZPO ausreichend.

[12] Aus den Gerichtsakten kann jedoch nicht festgestellt werden, dass für die Parteien – wie erforderlich – ihre gesetzlichen Vertreter (vgl. § 170 Abs. 1 und 2 ZPO) geladen worden sind, weil ein Doppel des Schreibens nicht zu den Akten gelangt und dem Akteninhalt auch nicht zu entnehmen ist, mit welchem Vordruck die Ladungen erfolgt sind. Die Parteien haben zwar ihrerseits das Ladungsschreiben nicht vorgelegt. Dies gereicht ihnen aber nicht zum Nachteil, weil ihnen die ordnungsgemäße Ladung eines gesetzlichen Vertreters als Voraussetzung für den Ordnungsgeldbeschluss nachzuweisen ist (BGH NJW-RR 2007, 1364 Rn 10). Feststellungen zur Ladung der Parteien hat das Beschwerdegericht nicht getroffen. Gegen eine ordnungsgemäße Ladung sprechen auch die Zustellungen der Ordnungsgeldbeschlüsse, die ebenfalls nicht an die gesetzlichen Vertreter der Kl. und der Bekl. vorgenommen worden sind.

[13] bb) Die Rechtsbeschwerden rügen zudem mit Recht, dass nicht ersichtlich ist, dass die Parteien unter Hinweis auf die Folgen ihres Ausbleibens geladen worden sind (§ 141 Abs. 3 S. 3 ZPO). Die gegenteilige Annahme des Beschwerdegerichts entbehrt einer hinreichenden tatsächlichen Grundlage.

[14] b) Eine Aufhebung des Beschlusses und eine Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht zur weiteren Aufklärung sind nicht erforderlich. Auch wenn die Ladung der Parteien ordnungsgemäß erfolgt wäre, könnten die Ordnungsmittelbeschlüsse nicht aufrechterhalten werden.

[15] 3. Die Festsetzung der Ordnungsgelder durch das LG ist entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ermessensfehlerhaft.

[16] a) Die Vorschrift des § 141 Abs. 3 S. 1 ZPO gestattet die Festsetzung eines Ordnungsgelds, wenn eine nach § 141 Abs. 2 ZPO ordnungsgemäß geladene Partei im Termin trotz richterlicher Anordnung nicht erscheint. Zweck der Vorschrift ist nicht, eine vermeintliche Missachtung des Gerichts zu ahnden, sondern die Aufklärung des Sachverhalts zu fördern (vgl. BVerfG NJW 1998, 892, 893; BGH NJW-RR 2007, 1364 Rn 16, m.w.N.; BAG NJW 2008, 252 Rn 6; Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 141 Rn 12; Wagner, in: MüKo-ZPO, 3. Aufl., § 141 Rn 28; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 32. Aufl., § 141 Rn 5; Wieczorek/Schütze/Smid, ZPO, 3. Aufl., § 141 Rn 68; a.A. OLG München NJW-RR 1992, 827). Ein Ordnungsgeld kann daher nur festgesetzt werden, wenn das unentschuldigte Ausbleiben der Partei die Sachaufklärung erschwert und dadurch den Prozess verzögert (BGH NJW-RR 2007, 1364 Rn 16 m.w.N.; BAG NJW 2008, 252 Rn 6; Musielak/Stadler, ZPO, 8. Aufl., § 141 Rn 13; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 141 Rn 55; Wöstmann, in: Handkomm-ZPO, 4. Aufl., § 141 Rn 6; a.A. Zöller/Greger, § 141 Rn 12).

[17] Die Anordnung des persönlichen Erscheinens einer Partei und die Verhängung eines Ordnungsgeldes stehen im Ermessen des Gerichts. Sie sind daher nur nach Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalls zulässig. Die Androhung und Verhängung eines Ordnungsgelds darf zudem nicht dazu verwendet werden, einen Vergleichsabschluss zu erzwingen (BGH NJW-RR 2007, 1364 Rn 17 f.; OLG Brandenburg NJW-RR 2001, 1649, 1650; Musielak/Stadler, § 141 Rn 16; Zöller/Greger, § 141 Rn 3, 19).

[18] b) Eine diesen Grundsätzen entsprechende Abwägung durch das LG kann den angefochtenen Beschlüssen nicht entnommen werden.

[19] Das LG hat bei der Festsetzung der Ordnungsgelder nicht berücksichtigt, dass das Nichterscheinen der Parteien im Verhandlungstermin am 19.1.2009 nicht zu einer Erschwerung oder Verzögerung der Sachverhaltsaufklärung und auch nicht zu einer späteren umfassenden Erledigung des Rechtsstreits geführt hat. Der Rechtsstreit ist erst nach Vernehmung von zwei Zeugen im Verhandlungstermin am 8.6.2009 entscheidungsreif gewesen. Beide vernommenen Zeugen waren im Termin am 19.1.2009 nicht anwesend. Eine Erledigung des Rechtsstreits ohne Beweisaufnahme hätte nur durch Abschluss eines Vergleichs erreicht werden können. Hierzu waren beide Parteien indes nicht bereit. Die mangelnde Vergleichsbereitschaft konnte dem Gericht zwar erst nach einer telefonischen Rückfrage der im Termin anwesenden Parteivertreter mitgeteilt werden. Die Rechtsbeschwerden weisen jedoch unwiderlegbar darauf hin, dass das Ergebnis auch bei einer persönlichen Anwesenheit der Parteien im Termin nicht anders ausgefallen wäre. Eine gütliche Beilegung der Auseinandersetzung kam nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien aufgrund der vorgerichtlichen Korrespondenz von vornherein nicht in Betracht. Unter diesen Umständen war die Anberaumung eines weiteren Termins zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme – wie nachfolgend a...

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