[6] "… Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das BG; dieses muss darüber befinden, ob und zu welchem Anteil die Nahrungsmittelallergie des mitversicherten Kindes an dessen Tod mitgewirkt hat. …"

[11] 1. Zutreffend hat es das zum Tode des mitversicherten Kindes führende Geschehen als bedingungsgemäßen Unfall eingestuft.

[12] Gleichlautend definieren sowohl § 178 Abs. 2 S. 1 VVG als auch Nr. 1.3 GUB 99, dass ein Unfall vorliegt, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis unfreiwillig eine Gesundheitsbeschädigung erleidet.

[13] Diese Voraussetzungen sieht das BG hier zu Recht als erfüllt an.

[14] a) Gegen seine Annahme, ursächlich für die allergische Reaktion des Kindes sei der Verzehr nusshaltiger Schokoladetäfelchen gewesen, erhebt die Revision keine Einwände. Davon ausgehend liegt ein von außen auf den Körper wirkendes Ereignis darin, dass diese Schokolade im Mund in Kontakt mit der Mundschleimhaut kam.

[15] aa) Die Revisionsrüge, nicht bereits dieser Kontakt, sondern erst die dadurch ausgelöste allergische Reaktion, die aus einer von der gerichtlich bestellten Sachverständigen im Einzelnen beschriebenen Kette körperinterner Vorgänge im Immunsystem bestehe, sei das maßgebliche unmittelbare Unfallereignis, geht fehl. Ein Unmittelbarkeitserfordernis, demzufolge bei einem zum Tode oder sonstigen Schäden führenden Geschehen lediglich auf die zuletzt innerhalb des Körpers des Unfallopfers unmittelbar wirkende Ursache abzustellen wäre, enthält die oben genannte Definition des Unfallbegriffs nicht (vgl. schon BGH NJW 1962, 914 zu § 2 AUB). Deshalb ist auf das Ereignis abzustellen, welches von außen auf den Körper einwirkt und damit eine Kausalkette körperinterner Vorgänge in Lauf setzt, die zur Schädigung der versicherten Person führt. Aus dem Senatsurt. v. 6.7.2011 (VersR 2011, 1135 Rn 12–14) ergibt sich nichts anderes. Der Senat hat dort lediglich ausgesprochen, dass es für die Einwirkung “von außen’ auf das Ereignis ankommt, bei dem der Körper des Versicherten mit der Außenwelt in Kontakt kommt und welches nachfolgend die körperliche Schädigung verursacht. Nicht entscheidend sind demgegenüber diejenigen Umstände und Ursachen, die diesem Ereignis vorausgehen. Nur mit Blick darauf hat der Senat davon gesprochen, dass mit der Einwirkung von außen das Ereignis gemeint sei, welches die körperliche Schädigung “unmittelbar’ herbeiführe. Das schließt indes Kausalverläufe wie den vorliegenden nicht aus.

[16] Die Unfallversicherung bezweckt für den VN erkennbar keinen allgemeinen Schutz vor Krankheitsfolgen. Mit der Unfallvoraussetzung eines von außen auf den Körper des Versicherten wirkenden Ereignisses sollen Schädigungen infolge rein körperinnerer Vorgänge, wie Erkrankungen oder Verschleiß, selbst für den Fall vom Versicherungsschutz ausgenommen werden, dass sie wie etwa bei einem Herzinfarkt oder Schlaganfall plötzlich eintreten (MüKo-VVG/Dörner, § 178 Rn 55). Andererseits kann der durchschnittliche VN, auf dessen Verständnis es insoweit ankommt, der Regelung über die Mitwirkung bereits vorhandener Krankheiten und Gebrechen an den Unfallfolgen (hier Nr. 3 GUB 99) entnehmen, dass es für den Unfallbegriff ohne Belang ist, wenn nach einem von außen auf den Körper wirkenden Ereignis bereits vorhandene Gesundheitsschäden des Versicherten die weitere Schadenentwicklung mitbestimmen. Dass die Zuführung der die allergische Reaktion auslösenden Nahrung hier zu einer Kette von körperinneren Ereignissen im Immunsystem des Kindes führte, steht der Annahme eines Unfalles mithin nicht entgegen.

[17] bb) Ebenso wenig verfängt der Vergleich der Revision mit Schäden infolge willensgesteuerter Eigenbewegungen des Versicherten (vgl. dazu Senat VersR 1989, 73 unter 1 b; VersR 2009, 492 Rn 11 m.w.N.; MüKo-VVG/Dörner, § 178 Rn 69). Das die schadenstiftende Kausalkette auslösende Ereignis bestand hier nicht lediglich in einer Körperbewegung, sondern in der Einwirkung von außen zugeführter, körperfremder Gegenstände auf den Körper des Kindes. Beschränkt sich der schädigende Vorgang schon deshalb nicht auf eine bloße Eigenbewegung, kommt es im Weiteren für die Frage einer Einwirkung von außen nicht mehr darauf an, ob wie die Revision geltend macht die Versicherte bewusst und willentlich handelte, als sie die Schokolade zu sich nahm.

[18] b) Das schädigende Ereignis geschah nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des BG plötzlich. Der Kontakt des Allergens mit der Mundschleimhaut dauerte nur kurze Zeit. Die allergische Reaktion trat nicht allmählich, sondern im unmittelbaren Anschluss an die Zuführung des Allergens ein. Allein dieser objektiv kurze Zeitablauf reicht nach der Senatsrechtsprechung aus, um die zeitliche Komponente des Unfallbegriffs zu erfüllen. Darauf, ob das Geschehen für die Geschädigte unerwartet, überraschend und unentrinnbar (vgl. dazu BT-Drucks 16/3945, S. 107) eintrat, kommt es danach nicht mehr an (Senatsur...

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