I. Wohnsitzverstoß aus Meldebescheinigung des Ausstellermitgliedstaats ersichtlich
Die Inlandsungültigkeit einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis kann sich aus § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 FeV ergeben, wenn ein berücksichtigungsfähiger Wohnsitzverstoß vorliegt. In diesem Zusammenhang hat das BVerwG jetzt klargestellt, dass die Meldebescheinigung einer Behörde des Ausstellermitgliedstaats eine grundsätzlich berücksichtigungsfähige Information aus dem Ausstellermitgliedstaat darstellt, die Rückschlüsse auf das Bestehen eines ordentlichen Wohnsitzes über den erforderlichen Zeitraum hinweg zulässt. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass eine Meldebescheinigung den tatsächlichen Aufenthalt nicht notwendigerweise richtig wiedergeben muss. Sie ist jedoch als aussagekräftiges Indiz zu bewerten, das nur durch einen substantiierten Vortrag widerlegt werden kann. Einen solchen Vortrag hatte die Klägerin im hier vorgestellten Fall nicht geleistet.
Das BVerwG hat offen gelassen, ob im Zeitpunkt der Erteilung der ausländischen EU-Fahrerlaubnis der ordentliche Wohnsitz bereits über einen Zeitraum von 185 Tagen hinweg bestanden haben muss oder – was verschiedene Oberverwaltungsgerichte bereits entschieden haben – es auch ausreicht, wenn im Zeitpunkt der Erteilung der ausländischen EU-Fahrerlaubnis zu erwarten war, dass der ordentliche Wohnsitz im Ausstellermitgliedstaat wenigstens über einen Zeitraum von 185 Tagen bestehen wird. Eine Festlegung in dieser Richtung war nicht nötig, weil das BVerwG sich zu Recht auf den Standpunkt gestellt hat, dass eine Meldebescheinigung, die – wie hier – zu Beginn des Aufenthaltszeitraums im Ausstellermitgliedstaat erteilt wird, die voraussichtliche Aufenthaltsdauer wiedergibt. Und nachdem ausweislich der Meldebescheinigung diese Aufenthaltsdauer nur drei Monate und somit weniger als 185 Tage betrug, war die Nichteinhaltung des Wohnsitzerfordernisses durch sonstige, vom Ausstellermitgliedstaat herrührende Informationen unwiderlegbar eingeräumt.
II. Maßgeblicher Zeitpunkt, in dem der Wohnsitzverstoß vorliegen muss
Die Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland gilt nicht für den Inhaber einer EU-Fahrerlaubnis, der ausweislich des Führerscheins selbst oder anderer, vom Ausstellermitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hatte (§ 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 FeV). Die Vorschrift ist mit EU-Recht vereinbar. Nach ihrem eindeutigen Wortlaut kommt es auf den Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis an. In diesem Zusammenhang hatte das OVG Sachsen-Anhalt folgenden Fall zu entscheiden: Die Fahrerlaubnisbehörde stellte mit dem streitgegenständlichen Bescheid die Inlandsungültigkeit der tschechischen EU-Fahrerlaubnis des Antragstellers fest und ordnete den Sofortvollzug an. Im zugehörigen Führerschein war ein Wohnsitz in der tschechischen Republik eingetragen. Die Behörde ging davon aus, dass im Zeitpunkt des Beginns der Fahrschulausbildung noch kein ordentlicher Wohnsitz im Ausstellermitgliedstaat bestanden habe. Das OVG hat konsequenterweise dem Eilrechtsschutzantrag des Betroffenen stattgegeben und den Leitsatz formuliert, dem Inhaber einer tschechischen Fahrerlaubnis dürfe deren Gebrauch im Inland nur dann versagt werden, wenn unbestreitbare Hinweise vom Ausstellerstaat vorliegen, nach denen im Zeitpunkt der Ausstellung des Führerscheins dort kein ordentlicher Wohnsitz bestand. Ob dieser schon zum Zeitpunkt der Aufnahme der Ausbildung bestand, sei demgegenüber nicht erheblich.
Anstelle des Zeitpunkts der Ausstellung des Führerscheins kann auch auf die Erteilung der Fahrerlaubnis abgestellt werden. § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 FeV, der für das Bestehen eines ordentlichen Wohnsitzes auf den Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis und nicht der Ausstellung des Führerscheins abstellt, steht mit der EU-Führerscheinrichtlinie im Einklang.
III. Fortgesetzter Wohnsitzverstoß
Häufiger Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen in jüngerer Vergangenheit war die Frage, ob sich ein berücksichtigungsfähiger Wohnsitzverstoß auch nach Umtausch der inlandsungültigen ausländischen EU-Fahrerlaubnis in eine Fahrerlaubnis eines anderen ausländischen EU-Mitgliedstaats, in deren zugehörigem Führerschein nunmehr ein Wohnsitz im neuen Ausstellermitgliedstaat ausgewiesen wird, fortsetzt. Bejaht hat das beispielsweise der BayVGH. In diesem Zusammenhang hatte das VG Augsburg folgenden Fall zu entscheiden: Dem Antragsteller war im Januar 2006 eine tschechische EU-Fahrerlaubnis erteilt worden, die im zugehörigen Führerschein einen Wohnsitz in Deutschland auswies. Im Jahr 2011 wurde diese Fahrerlaubnis in eine italienische Fahrerlaubnis umgetauscht, die im zugehörigen Führerschein einen Wohnsitz in Italien aufführte. Die Fahrerlaubnisbehörde forderte den Antragsteller auf, den italienischen Führerschein zum Zweck der Eintragung eines Inlandssperrvermerks vorzulegen. Zuvor war der Antragsteller strafgerichtlich vom Vorwurf des ...