1
Der nachfolgende Beitrag gibt einen Überblick über die in letzter Zeit ergangene bemerkenswerte Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zum Straßenverkehrsrecht, ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Kern der Darstellung ist dabei das Fahrerlaubnisrecht, in dem traditionell besonders hart um den Führerschein gekämpft wird. Der Berichtszeitraum umfasst in erster Linie das Frühjahr und den Sommer 2013.
A. Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge
Wenn der Führer eines Fahrzeugs am Straßenverkehr mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr teilgenommen hat, muss die Fahrerlaubnisbehörde zwingend die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anordnen (§ 13 S. 1 Nr. 2c FeV). Dass dies auch dann gilt, wenn der betreffende Fahrzeugführer "nur" Fahrrad gefahren ist, ist schon lange anerkannt und kann bereits daraus geschlossen werden, dass die Fahrerlaubnisverordnung insoweit nicht auf das Führen eines Kraftfahrzeugs, sondern nur auf das Führen eines "Fahrzeugs" abstellt, wobei unter diesen Begriff auch Fahrräder zwanglos subsumiert werden können. Wird das geforderte Gutachten nicht vorgelegt, ist die Behörde nach § 11 Abs. 8 S. 1 FeV berechtigt, auf die Nichteignung des Betroffenen zu schließen und ihm die Fahrerlaubnis zu entziehen. Außerdem besteht für den Betroffenen die Gefahr, nicht einmal mehr Fahrrad fahren zu dürfen. Nach § 3 Abs. 2 FeV finden die Vorschriften der §§ 11–14 FeV entsprechende Anwendung, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Führer eines Fahrzeugs hierzu ungeeignet ist. Gerade vor dem Hintergrund, dass die Trunkenheitsfahrt mit einem Fahrrad begangen wurde, liegt es auf der Hand, dass sich die Eignungszweifel nicht nur auf das Führen von Kraftfahrzeugen, sondern auch auf das Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen erstrecken. Diese Auffassung war bislang nur oberverwaltungsgerichtlich bestätigt. Jetzt hat auch das BVerwG zu dieser Frage Stellung genommen.
Die Klägerin hatte mit einem Fahrrad mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,9 Promille am Straßenverkehr teilgenommen. Die Fahrerlaubnisbehörde hatte sie daraufhin zur Beibringung eines Fahreignungsgutachtens aufgefordert. Dieser Aufforderung war die Klägerin nicht nachgekommen. Daraufhin untersagte ihr die Behörde das Führen von Fahrzeugen aller Art im Straßenverkehr. Die Anfechtungsklage der Klägerin blieb in allen Instanzen erfolglos. Das BVerwG stellte im Leitsatz klar, dass das Fahrradfahren im Straßenverkehr mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr nach § 3 Abs. 2 i.V.m. § 13 S. 1 Nr. 2 c FeV die Anordnung rechtfertigt, ein medizinisch-psychologisches Gutachten über die Eignung zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge beizubringen.
B. Inlandsgültigkeit einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis
I. Wohnsitzverstoß aus Meldebescheinigung des Ausstellermitgliedstaats ersichtlich
Die Inlandsungültigkeit einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis kann sich aus § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 FeV ergeben, wenn ein berücksichtigungsfähiger Wohnsitzverstoß vorliegt. In diesem Zusammenhang hat das BVerwG jetzt klargestellt, dass die Meldebescheinigung einer Behörde des Ausstellermitgliedstaats eine grundsätzlich berücksichtigungsfähige Information aus dem Ausstellermitgliedstaat darstellt, die Rückschlüsse auf das Bestehen eines ordentlichen Wohnsitzes über den erforderlichen Zeitraum hinweg zulässt. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass eine Meldebescheinigung den tatsächlichen Aufenthalt nicht notwendigerweise richtig wiedergeben muss. Sie ist jedoch als aussagekräftiges Indiz zu bewerten, das nur durch einen substantiierten Vortrag widerlegt werden kann. Einen solchen Vortrag hatte die Klägerin im hier vorgestellten Fall nicht geleistet.
Das BVerwG hat offen gelassen, ob im Zeitpunkt der Erteilung der ausländischen EU-Fahrerlaubnis der ordentliche Wohnsitz bereits über einen Zeitraum von 185 Tagen hinweg bestanden haben muss oder – was verschiedene Oberverwaltungsgerichte bereits entschieden haben – es auch ausreicht, wenn im Zeitpunkt der Erteilung der ausländischen EU-Fahrerlaubnis zu erwarten war, dass der ordentliche Wohnsitz im Ausstellermitgliedstaat wenigstens über einen Zeitraum von 185 Tagen bestehen wird. Eine Festlegung in dieser Richtung war nicht nötig, weil das BVerwG sich zu Recht auf den Standpunkt gestellt hat, dass eine Meldebescheinigung, die – wie hier – zu Beginn des Aufenthaltszeitraums im Ausstellermitgliedstaat erteilt wird, die voraussichtliche Aufenthaltsdauer wiedergibt. Und nachdem ausweislich der Meldebescheinigung diese Aufenthaltsdauer nur drei Monate und somit weniger als 185 Tage betrug, war die Nichteinhaltung des Wohnsitzerfordernisses durch sonstige, vom Ausstellermitgliedstaat herrührende Informationen unwiderlegbar eingeräumt.
II. Maßgeblicher Zeitpunkt, in dem der Wohnsitzverstoß vorliegen muss
Die Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland gilt nicht für den Inhaber einer EU-Fahrerlaubnis, der ausweislich des Führerscheins selbst oder anderer, vom Ausstellermitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Inform...