OWiG § 72 § 79 Abs. 3 S. 1; StPO § 337 § 344 Abs. 2
Leitsatz
Eine ordnungsgemäß erhobene Sachrüge setzt voraus, dass aus den Rügevortrag des Beschwerdeführers ggf. im Wege der Auslegung (wenigstens auch) hervorgeht, dass er die Anwendung sachlichen Rechts durch den Tatrichter beanstanden will (u.a. Anschluss an OLG Hamm, Beschl. v. 27.10.2011 – 3 RBs 305/11). Hierfür genügt es nicht, wenn sich die Rechtsbeschwerde nach ihrer Begründung in dem Wunsch erschöpft, statt einer (erhöhten) Geldbuße nunmehr "doch" den Rechtsfolgenausspruch einschließlich eines dort verhängten Fahrverbots des vom Betr. mit seinem Einspruch angefochtenen Bußgeldbescheids wiederherzustellen.
OLG Bamberg, Beschl. v. 27.5.2013 – 3 Ss OWi 596/13
Sachverhalt
Das AG hat gegen den Betr. im Beschlussverfahren nach § 72 OWiG wegen eines qualifizierten Rotlichtverstoßes eine Geldbuße von 400 EUR festgesetzt. Seine infolge wirksamer Einspruchsbeschränkung nur noch den Rechtsfolgenausspruch betreffende Rechtsbeschwerde hat der Betr. mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss "im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben" mit Schriftsatz seiner Verteidigerin v. 16.1.2013 wie folgt begründet: "Der Betr. möchte es nach reiflicher Überlegung doch bei der im Bußgeldbescheid festgesetzten Geldbuße von 200 EUR und dem Fahrverbot belassen". Das Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.
2 Aus den Gründen:
"Die fristgerecht eingelegte und statthafte (§ 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 OWiG) Rechtsbeschwerde war, wie die GenStA zutreffend ausführt, als unzulässig zu verwerfen, weil der Betr. mit der wiedergegebenen Rechtsbeschwerdebegründung weder eine den gesetzlichen Begründungsanforderungen des § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG i.V.m. § 344 Abs. 2 S. 2 StPO genügende Verfahrensrüge noch die Sachrüge ordnungsgemäß erhoben hat. Nach § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG i.V.m. § 344 Abs. 2 S. 1 StPO muss aus der Rechtsbeschwerdebegründung hervorgehen, ob das Urteil “wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird’. Der Betr. macht vorliegend jedoch weder verfahrensrechtliche Fehler geltend, noch rügt er – etwa mit der ohne Weiteres zulässigen und ausreichenden sog. unausgeführten bzw. allgemeinen Sachrüge – ausdrücklich eine Verletzung des sachlichen Rechts. Ein entsprechender Inhalt bzw. eine entsprechende Zielrichtung kann dem Rügevorbringen hier jedoch selbst bei Anlegung eines großzügigen Maßstabes auch in Verbindung mit der Antragstellung nicht im Wege der Auslegung (vgl. hierzu etwa OLG Bamberg NZV 2011, 44 f. und OLG Bamberg, Urt. v. 24.7.2012 – 3 Ss 62/12, juris) entnommen werden. Denn eine ordnungsgemäß erhobene Sachrüge liegt nur vor, wenn aus den Ausführungen des Beschwerdeführers (wenigstens auch) hervorgeht, dass er die Anwendung des sachlichen Rechts durch den Tatrichter beanstanden will (vgl. z.B. OLG Hamm, Beschl. v. 27.10.2011 – 3 RBs 305/11, juris; siehe im Übrigen z.B. auch Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 344 Rn 3 i.V.m. 19; KK/Kuckein, StPO, 6. Aufl., § 344 Rn 25 f. und Göhler/Seitz, OWiG, 16. Aufl., § 79 Rn 27c, jeweils m.w.N.). Dies ist hier gerade nicht der Fall. Die Rechtsbeschwerdebegründung erschöpft sich vielmehr in dem – für den Senat mangels weiterer Begründung nicht nachvollziehbaren – Wunsch, statt einer erhöhten Geldbuße nunmehr “doch’ den Rechtsfolgenausspruch einschließlich des dortigen Fahrverbots des vom Betr. mit seinem Einspruch angefochtenen Bußgeldbescheids v. 26.7.2012 wiederherzustellen. … "
Mitgeteilt von RiOLG Dr. Georg Gieg, Bamberg
3 Anmerkung:
Die falsch ausgeführte Sachrüge ist immer wieder Gegenstand der obergerichtlichen Rspr. (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 27.10.2011 – 3 RBs 305/11, juris). Dabei ist nicht einmal ein konkreter Antrag erforderlich; vielmehr kann es auch genügen, dass aus der Begründungsschrift das Ziel der Rechtsbeschwerde zu erkennen ist (BGH, Beschl. v. 31.10.1989 – 3 StR 381/89, NStZ 1990, 96). Als Minimum genügt zudem die Formulierung "Gerügt wird die Verletzung sachlichen Rechts“ (Seitz in: Göhler, OWiG, 16. Aufl., 2012, § 79, Rn 27c). Durch die Sachrüge erfolgt allerdings keine Überprüfung der Urteilsfindung des AG an sich (Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., 2013, § 344, Rn 19 m.w.N.), sodass eine Begründung mit tatsächlichen Behauptungen, die in dem Urteil keine Stütze haben, unzulässig wäre (BGH, Beschl. v. 7.9.1956 – 5 StR 338/56, NJW 1956, 1767)."
RiAG Dr. Benjamin Krenberger
zfs 1/2014, S. 55 - 56