VVG § 178 Abs. 2 § 156 § 179 Abs. 3 § 193 Abs. 2
Leitsatz
1. Ein plötzlich von außen auf den Körper wirkendes Ereignis gem. § 178 Abs. 2 VVG liegt auch dann vor, wenn die versicherte Person willentlich die Injektion von Kokain vornimmt und anschließend an einer rauschmittelbedingten Intoxikation verstirbt.
2. Falsche Angaben eines Schauspielers in einer vom VR geforderten Gesundheitsselbsterklärung sind dem VN in entsprechender Anwendung von §§ 156, 179 Abs. 3, 193 Abs. 2 VVG zuzurechnen.
BGH, Urt. v. 16.10.2013 – IV ZR 390/12
Sachverhalt
Die Kl. verlangt von der Bekl. Leistungen aus einer zwischen den Parteien geschlossenen Filmausfallversicherung, nachdem die Dreharbeiten eines von ihr produzierten Films wegen des Todes einer Hauptdarstellerin nach einer Intoxikation durch eine Kokaininjektion unterbrochen und das Drehbuch geändert werden musste. Die von den Parteien vereinbarten AVB – AFV 2008, BB Ausfall 2008 und eine Rahmenvereinbarung des European Media Pool sowie weitere Vertragserklärungen – sahen eine Anzeigepflicht des VN über erfragte gefahrerhebliche Umstände bei Vertragsschluss vor, als versicherte Gefahr den (die Ausführung des Projekts beeinträchtigenden) Ausfall der im Versicherungsantrag genannten Personen durch Krankheit, Unfall oder Tod, einen durch die Rahmenvereinbarung gestrichenen Deckungsausschluss bei einem Personenausfall infolge von Rauschmitteln, die Abgabe von Gesundheitserklärungen der versicherten Personen, die Deckung von Ausfallschäden durch Krankheit und Tod jedoch nur nach Prüfung der Gesundheitsselbstauskunft der versicherten Person. Die Schauspielerin verneinte auf einem der Bekl. über ihre Agentur zugeleiteten, mit einer Belehrung über Schadensersatzansprüche der Bekl. gegen die versicherte Person bei wissentlich falscher Beantwortung versehenen Formblatt der Bekl. Gesundheitsfragen nach regelmäßigem Drogenkonsum wahrheitswidrig und verschwieg auch, dass sie an einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung litt. Nach Meldung des Versicherungsfalls focht die Bekl. ihre Vertragserklärungen an und trat von dem Versicherungsvertrag zurück.
2 Aus den Gründen:
[16] "… II. … Das BG hätte die Klage nicht mit der von ihm gegebenen Begründung abweisen dürfen. Es hat nicht berücksichtigt, dass die von ihm allein geprüfte Anfechtung nicht die Vertragserklärung vom 21.4.2011 mit der darin ausgesprochenen Unfalldeckung erfasst. Dieser Fehler ist erheblich, weil ein Unfall nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt gegeben ist."
[17] 1. Im Ergebnis zu Recht hat das BG allerdings angenommen, dass der Deckungsschutz für Krankheit und Tod wirksam angefochten wurde und die Anfechtung der Bekl. hierbei nicht den besonderen Anforderungen des § 123 Abs. 2 BGB unterliegt.
[18] a) Entgegen der Ansicht der Revision ist von einer arglistigen Täuschung durch die Schauspielerin auszugehen. Revisionsrechtlich folgt dies bereits daraus, dass die Kl. die ausdrückliche Feststellung des BG, wonach sie mit ihrer Berufung die landgerichtlichen Feststellungen zur Arglist nicht angegriffen habe … hat berichtigen lassen.
[19] b) Wie die Revision hingegen zu Recht geltend macht, ist die Schauspielerin jedoch keine Wissenserklärungsvertreterin der Kl.
[20] aa) Durch die Rechtsfigur des Wissenserklärungsvertreters muss sich der VN falsche Angaben dritter Personen in entsprechender Anwendung des § 166 BGB zurechnen lassen, wenn er diese Personen mit der Erfüllung seiner Aufklärungsobliegenheit beauftragt hat. Dabei genügt es, dass der VN den Dritten mit der Erfüllung seiner Obliegenheiten gegenüber dem VR betraut hat und der Dritte die Erklärungen anstelle des VN abgibt (Senat BGHZ 122, 388, 389; VersR 1981, 948 unter III 2b … ).
[21] bb) Entgegen der Ansicht des BG sind die von der Bekl. eingeforderten Gesundheitsangaben jedoch eine originär eigenständige Erklärung der Schauspielerin als Gefahrsperson. Ihre Beantwortung stellt daher keine Erklärung dar, mit deren Abgabe die Gefahrsperson durch die VN betraut worden ist.
[22] Aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen, um Verständnis bemühten VN ( … ) richtet sich die als Anlage zur Rahmenvereinbarung des European Media Pool niedergelegte und den Gefahrspersonen zur individuellen Vervollständigung überlassene Gesundheitsselbsterklärung nicht an den VN; die Kl. konnte daher nicht von einer sie treffenden Obliegenheit ausgehen. Entscheidend ist hierbei die Benennung der vom VR von der Gefahrsperson eingeforderten Gesundheitsauskunft als “Gesundheitsselbsterklärung’ (vgl. C 3 der Rahmenvereinbarung). Dies bringt zum Ausdruck, dass es sich um eine eigene Erklärung der Gefahrsperson handeln soll. Dieses Verständnis des VN wird dadurch verstärkt, dass er nach den maßgeblichen vertraglichen Regelungen die Gesundheitsdaten der Gefahrsperson nur bei einer Ablehnung des Versicherungsschutzes und in diesem Fall auch nur im Ergebnis erfährt. Entgegen der Ansicht der Bekl. macht das Bedingungswerk an keiner Stelle hinreichend deutlich, dass es sich bei der Gesundheitsselbsterklärung der Gef...