[11] "… Die Bekl. muss den Kl. aus der bereits 2006 beendeten Rechtsschutzversicherung keinen Rechtsschutz für die erst seit dem Jahre 2010 beabsichtigte Einziehungsklage gegen den Berufshaftpflichtversicherer des Wirtschaftsprüfers gewähren, weil dieser Rechtsschutzfall nicht mehr in versicherter Zeit eingetreten ist."
[12] 1. Eine Eintrittspflicht der Bekl. ergibt sich nicht unmittelbar daraus, dass der rechtskräftig festgestellte Schadensersatzanspruch der Kl. gegen den Wirtschaftsprüfer auf dessen in den Jahren 2003 und 2004, mithin noch in versicherter Zeit verübten Pflichtverletzungen beruht und die nunmehr von den Kl. beabsichtigte Interessenverfolgung der Erfüllung dieses Primäranspruchs dient.
[13] a) Für eine auf Pfändung und Überweisung des Anspruchs gegen einen Drittschuldner gestützte Einziehungsklage hat der Senat bereits entschieden, dass es sich insoweit – in Abgrenzung zur Verfolgung des Primäranspruchs, dessen Erfüllung mittels der Pfändung und Überweisung des gegen einen Drittschuldner gerichteten Anspruchs erreicht werden soll – in Ansehung der Rechtsschutzversicherung nicht lediglich um eine Maßnahme zur Vollstreckung des Primäranspruchs und damit eine Fortsetzung des ihn betreffenden Rechtsschutzfalles, sondern um einen neuen, eigenständigen Rechtsschutzfall handelt. Er beruht darauf, dass nach Darstellung des Rechtsschutzversicherungsnehmers der Drittschuldner gegenüber dem Pfandgläubiger seiner Verpflichtung aus der gepfändeten Forderung nicht nachkommt. Ob der Rechtsschutzversicherer für diesen zusätzlichen Rechtsschutzfall einzustehen hat, hängt allein davon ab, ob sich sein Leistungsversprechen auch auf die mit der Einziehungsklage geltend gemachten rechtlichen Interessen erstreckt (Senat r+s 2009, 107 Rn 15).
[14] b) Das lässt sich auf die im Streitfall beabsichtigte, auf § 157 VVG a.F. gestützte Einziehungsklage gegen den Haftpflichtversicherer des Wirtschaftsprüfers übertragen. Auch hier verfolgen die Kl. nicht mehr den gegen den Schädiger gerichteten Schadensersatzanspruch, sondern den ihnen zu Vollstreckungszwecken zugewiesenen vertraglichen Deckungsanspruch dieses Schädigers aus dessen Haftpflichtversicherungsverhältnis. Dabei handelt es sich um einen vom ursprünglichen Haftpflichtbegehren getrennt zu beurteilenden neuen Rechtsschutzversicherungsfall, der nicht auf die Verfolgung eines Schadensersatzanspruchs i.S.v. § 14 (1) ARB 75 gerichtet ist, sondern vertragliche Versicherungsleistungen zum Gegenstand hat, weshalb der Eintritt dieses Versicherungsfalles nach § 14 (3) ARB 75 zu beurteilen ist.
[15] 2. Stellt mithin die Einziehungsklage einen eigenständigen, auf Vertragsrechtsschutz gerichteten Rechtsschutzfall dar, ist dieser nicht mehr in versicherter Zeit eingetreten.
[16] a) Das ist nach § 14 (3) ARB 75 zu bestimmen. Danach besteht Versicherungsschutz von dem Zeitpunkt an, in dem der VN oder ein anderer einen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften begangen hat, wenn der maßgebliche Verstoß in versicherter Zeit, d.h. nach Beginn und vor Ende des Versicherungsschutzes, eingetreten ist.
[17] Wie der Senat bereits mehrfach (VersR 2008, 113 Rn 3; VersR 2005, 1684 unter I 2; VersR 2003, 638 unter 1 a; r+s 2013, 283 Rn 12; r+s 2014, 354 Rn 16, 18) dargelegt hat, entscheidet über die zeitliche Einordnung des Rechtsschutzfalles allein der Tatsachenvortrag, mit dem der VN den Verstoß begründet. Als frühestmöglicher Zeitpunkt kommt dabei erst das seinem Anspruchsgegner – hier dem Berufshaftpflichtversicherer als Drittschuldner – vorgeworfene pflichtwidrige Verhalten in Betracht, aus dem der VN seinen Anspruch hergeleitet hat. … Das ist im Streitfall die erst im Jahre 2010 erklärte Weigerung des Haftpflichtversicherers, für die Pflichtverletzungen des Wirtschaftsprüfers Deckung zu gewähren.
[18] b) Anders als das BG meint, führt die Bestimmung in § 14 (3) ARB 75, wonach der Versicherungsfall bereits als eingetreten gilt, wenn ein Dritter begonnen hat oder begonnen haben soll, gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften zu verstoßen, und bei mehreren Verstößen der erste adäquat-ursächliche maßgeblich sein soll, zu keinem anderen Ergebnis.
[19] aa) Diese Anknüpfung an die erste Ursache des Schadens kann zu einer sehr weiten Vorverlagerung des Versicherungsfalles führen (vgl. zu § 4 (1) S. 1 a ARB 94: Senat r+s 2014, 354 Rn 15 ff.). Ihre wortlautkonforme Anwendung birgt die Gefahr einer uferlosen Rückverlagerung des für die zeitliche Bestimmung des Rechtsschutzversicherungsfalles maßgeblichen Geschehens in sich, die in der Mehrzahl der Fälle den berechtigten Interessen des VN widerspricht (statt aller Looschelders/Paffenholz, ARB [2014], § 4 ARB 2010 Rn 14), weil sie häufig zur Annahme von Vorvertraglichkeit führt. Umgekehrt sind aber auch berechtigte Interessen des VR berührt, weil der Regelungswortlaut eine zeitlich weit ausgedehnte Nachhaftung zur Folge haben kann. Die Klausel hält deshalb nur in einer interessegerechten einschränkenden Auslegung nach dem maßgeblichen Ver...