VVG § 31 § 12
Leitsatz
1. Im Rahmen der Aufklärungsobliegenheit entscheidet grds. der VR, welche Angaben er zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Der VN einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung kann daher auf Verlangen des VR auch gehalten sein, eine eigene Stellungnahme desjenigen Mitarbeiters vorzulegen, der durch fehlerhafte Bearbeitung den Versicherungsfall herbeigeführt haben soll.
2. Die bloße Untätigkeit des Geschädigten über einen längeren Zeitraum (hier: mehrere Jahre) führt nicht zu einem vorzeitigen Ende der Verjährungshemmung nach § 12 Abs. 2 VVG a.F.
BGH, Urt. v. 22.10.2014 – IV ZR 242/13
Sachverhalt
Die Kl. unterhielt bei der Bekl. eine Vermögensschadenshaftpflichtversicherung, die auch Eigenschäden deckte. Die Versicherung hatte die Kl. 1995 bei der X als führendem VR abgeschlossen, ihr lagen mehrere zunächst jeweils für ein Jahr mit Verlängerungsklausel abgeschlossene Rahmenabkommen zugrunde, nach denen der Versicherungsschutz die Folgen aller während der Versicherungsdauer begangenen Verstöße umfasste, die dem VR nicht später als 3 Jahre nach Beendigung des Versicherungsschutzes gemeldet wurden. Die Rahmenabkommen wurden in der folgenden Zeit mit geänderten Haftungsquoten und Versicherungssummen neu vereinbart. Ab 2002 umfasste die Deckung alle während der Versicherungsdauer gemeldeten Schäden; ab diesem Zeitpunkt waren Rechtsvorgänger der Bekl. nicht mehr an der Versicherung beteiligt. Nach den AVB (§ 5 Nr. 3a) war der VN verpflichtet, unter Beachtung der Weisungen des VR alles zu tun, was zur Klarstellung des Sachverhaltes dient, sofern ihm dabei nichts Unbilliges zugemutet wird. VN meldete Ende 2001/Anfang 2002 einen ihr durch ein Versehen einer früheren Sachbearbeiterin in den Jahren 1996 bis 2001 entstandenen Schaden von rund 1,5 Mio. DM. Auf Rückfragen des VR reagierte VN über sechs Jahre lang nicht. Daraufhin lehnte der führende VR die Regulierung wegen Verjährung ab. Die nunmehr in Anspruch genommene Bekl. beriefe sich auf Leistungsfreiheit wegen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit, darauf, dass die Kl. nur die noch am Rahmenabkommen 2002 beteiligten VR in Anspruch nehmen könne und auf Verjährung. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.
2 Aus den Gründen:
[13] "… Die Revision ist begründet; sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das BG. …"
[17] 1. Zu Recht hat das BG allerdings auf der Grundlage des bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgten Parteivortrages eine Verletzung der Aufklärungsobliegenheit nach § 5 Nr. 3a) AVB durch die Kl. angenommen. Diese ergibt sich jedenfalls daraus, dass die Kl. dem Verlangen des führenden VR, sich um eine Stellungnahme der tätig gewordenen Sachbearbeiterin zu bemühen, bewusst nicht nachgekommen ist. Sie hat sich vielmehr durchgehend auf den Standpunkt gestellt, zur Einholung einer solchen Stellungnahme nicht verpflichtet zu sein. Dies trifft indes nicht zu.
[18] a) Durch § 5 Nr. 3a) AVB wird die Auskunftspflicht des VN nach § 34 VVG a.F., der auf den Schadenfall gem. Art. 1 Abs. 2 EGVVG Anwendung findet, lediglich weiter präzisiert. Zur Reichweite der Auskunftspflicht der Kl. gilt deshalb, dass es grds. Sache des VR ist, welche Angaben er zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält, um seine Entscheidung über die Leistungspflicht auf ausreichender und gesicherter Tatsachengrundlage treffen zu können. Dazu gehören auch Umstände, die lediglich Anhaltspunkte für oder gegen das Vorliegen eines Versicherungsfalls liefern können. Dagegen kommt es nicht darauf an, ob sich die vom VN geforderten Angaben am Ende nach dem Ergebnis der Prüfung als für die Frage der Leistungspflicht tatsächlich wesentlich erweisen (Senat VersR 2006, 258 unter II 1 b; vgl. zum inhaltlich unveränderten neuen Recht auch Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 31 Rn 7). Die Frage der Erforderlichkeit der erbetenen Auskünfte ist ex ante zu beurteilen, wobei dem VR ein erheblicher Beurteilungsspielraum zuzubilligen ist.
[19] Maßgeblich für die Zulässigkeit von Auskunftsersuchen des VR und die Reichweite der sich daraus ergebenden Auskunftspflicht des VN ist der Zweck der Aufklärungsobliegenheit, die dem VR die sachgerechte Prüfung seiner Leistungspflicht ermöglichen soll, was auch der durchschnittliche VN in Anbetracht der Regelung über die Weisungsbefugnis des VR und die weite Fassung der Klausel mit Einbeziehung aller Tatumstände, die auch nur “Bezug‘ auf den Schadenfall haben, erkennen kann. Danach erstreckt sich die Auskunftspflicht auf jeden Umstand, der zur Aufklärung des Tatbestandes dienlich sein kann (vgl. auch Senat VersR 2000, 222), soweit dem VN nichts “Unbilliges zugemutet‘ wird.
[20] b) Hieraus folgt im Streitfall, dass die Kl. gehalten war, zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts auch mitzuteilen, was ihre frühere Sachbearbeiterin noch selbst zu den Gründen ihrer fehlerhaften Bearbeitung angeben kann und hierzu die erbetene Stellungnahme ihrer früheren Sachbearbeiterin einzuholen oder sich wenigstens hierum zu bemühen.
[21] Dies war nicht deshalb entbehrlich, weil der äu...