AKB A 1.5.5.
Leitsatz
Zu den vom Versicherungsschutz ausgeschlossenen beförderten Sachen gehören nur solche Sachen, die durch den zweckgerichteten Einsatz des Kfz als Beförderungsmittel entstanden sind, nicht aber persönliche Gegenstände, die der Benutzer des Kfz vorübergehend oder auf Dauer im Kfz verwahrt hat, um jederzeit auf sie zugreifen zu können.
(Leitsatz der Schriftleitung)
LG Dessau-Roßlau, Urt. v. 7.8.2014 – 5 S 201/13
Sachverhalt
Der Kl. nimmt die Bekl. als Haftpflichtversicherer auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch. Am 26.10.2009 kam es auf der Bundesautobahn A9 zu einem Unfall, bei welchem der üblicherweise vom Kl. gefahrene Lkw, der zu diesem Zeitpunkt von einem Arbeitskollegen des Kl. gesteuert wurde, auf ein Stauende auffuhr und hierbei völlig ausbrannte. Der Kl. behauptet, dass hierbei auch diverse persönliche Gegenstände, die er mit Einverständnis seines Arbeitsgebers regelmäßig auf dem Lkw belassen habe, zerstört worden seien. Dies ist von der Bekl. bestritten worden, die sich im Übrigen nach Ziff. 1.5.5 AKB für leistungsfrei hält. Danach seien beförderte Sachen und Gegenstände vom Versicherungsschutz ausgeschlossen.
2 Aus den Gründen:
" … 1. Die Bekl. ist als Haftpflichtversicherer des Halters gem. §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 VVG verpflichtet, für die auf Lkw befindlichen, durch den Unfall zerstörten Sachen des Kl. Schadensersatz zu leisten. Diese Ersatzpflicht ist entgegen der Auffassung des AG nicht nach § 8 Nr. 3 StVG (insoweit inhaltsgleich mit Ziff. 1.6.5 der AKB) ausgeschlossen. Denn bei den beschädigten Sachen handelt es sich nicht um solche, die durch den verunfallten Lkw befördert worden sind."
a. Vom Ansatz her zutreffend ist das AG davon ausgegangen, dass die vorgenannte Bestimmung verhindern soll, dass das normale Unternehmerrisiko des VN, das durch eine Transportversicherung abgedeckt werden kann, ausgeschlossen werden soll. Beförderung i.S.d. gesetzlich geregelten Risikoausschlusses ist nach der vom AG herangezogenen Rspr. des BGH (VersR 1994, 1058) als zweckgerichtetes Handeln zu verstehen, dass gerade darauf abzielt, eine Ortsveränderung der Sache zu bewirken. Unter einem Befördern einer Sache sei eine Handlung zu verstehen, die – objektiv – zu einer Ortsveränderung der Sache führt und die – subjektiv – mindestens in dem Bewusstsein vorgenommen wird, dass die Bewegung des Transportmittels zu einer Ortsveränderung der Sache führt.
b. Nach dieser Rspr., der die Kammer uneingeschränkt folgt, umfasst der Risikoausschluss aber nur solche Transportschäden, die durch den zweckgerichteten Einsatz eines Kfz als Beförderungsmittel entstanden sind. Der Einsatz des Kfz muss gerade darauf abzielen, die (beschädigte) Sache an einen anderen Ort zu bringen. Beförderung i.S.d. Straßenverkehrsgesetzes bedeutet nach dieser Rspr. “Mitnahme zwecks Verbringung an einen anderen Ort‘.
Eine dahingehende Absicht wurde hier aber weder vom Fahrer des verunfallten Lkw als noch vom Kl. selbst verfolgt. Beiden ging es ersichtlich nicht darum, die Sachen an einen anderen Standort zu verbringen, weil sie dort (vorübergehend oder auf Dauer) verbleiben sollten. Entscheidend dafür, dass sich die Sachen im Unfallzeitpunkt in der Fahrerkabine befanden, war hier allein der (vom Arbeitgeber gebilligte) Wunsch des Kl., auf diese persönlichen Sachen aus Bequemlichkeitsgründen jederzeit zugreifen zu können. Maßgeblich war weiter das Interesse des Kl., die Sachen nicht bei jedem Fahrerwechsel aus der Fahrerkabine herausnehmen und sie anschließend bei erneutem Fahrtantritt wieder einräumen zu müssen.
c. Ein derartiger Fall, bei dem allein aus Gründen der Bequemlichkeit Sachen auf einem Fahrzeug verbleiben, fällt aber nicht unter den vorgenannten Risikoausschluss. So war es auch in dem vom BGH entschiedenen Fall, bei dem nach den Feststellungen des BG die dort beschädigte Elektroameise “nur aus Bequemlichkeit des Fahrers auf der Ladefläche blieb‘.
Gegen die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit spricht auch nicht die vom AG ebenfalls zitierte Entscheidung des LG Erfurt vom 29.11.2012 (1 Ss 101/12). Nach dieser Entscheidung soll für die Beschädigung beförderte Sachen grds. nicht im Rahmen einer Gefährdungshaftung nach StVG gehaftet werden. Eine Ausnahme bestehe nach § 8 Nr. 3 2. Alt. dann, wenn die beförderte Person die Sache an sich träge oder mit sich führe.
In diesem Fall ist eine Haftung (des verklagten Haftpflichtversicherers) deshalb verneint worden, weil nach Ziffer A. 1.5.5 der AKB Versicherungsschutz lediglich für die Sachen besteht, die Insassen eines Kfz üblicherweise mit sich führen (z.B. Kleidung, Brille, Brieftasche). Zu den üblicherweise mitgefühlten Gegenständen gehören – so das LG Erfurt a.a.O. – damit regelmäßig, die am Leib getragene Kleidung einschließlich persönlicher Accessoires sowie Kleidungsstücke, die witterungsbedingt oder temperaturbedingt mitgeführt werden. Das Mitführen von Handys werde allgemein als üblich bejaht, hingegen das Mitführen von Gegenständen, die aus beruflichen Gründen benötigt werden, als unüblich angesehen. Da das Mitführen...