Mandant und Rechtsanwalt sind durch den Anwaltsvertrag miteinander verbunden. Dieser kann auch stillschweigend zustande kommen. Nach § 43 BRAO hat der Rechtsanwalt seinen Beruf gewissenhaft auszuüben. Hieraus hat der BGH schon früh abgeleitet, dass der Rechtsanwalt zu einer allgemeinen, umfassenden und möglichst erschöpfenden Beratung seines Mandanten verpflichtet ist. Dementsprechend hat der Rechtsanwalt diejenigen Schritte einzuleiten, die zu dem erstrebten Ziel zu führen geeignet sind und hat Nachteile für den Mandanten, soweit möglich, zu verhindern. In der Unfallschadenregulierung bedeutet dies, dass der Rechtsanwalt gehalten ist, dem unfallgeschädigten Mandanten sämtliche von der Rechtsprechung entwickelten Ansprüche ungeschmälert zukommen zu lassen. Dies setzt aber zwingend eine umfangreiche Befragung des Mandanten über von diesem unterhaltene Versicherungen voraus, selbst für den Fall, dass es dem Mandanten vordergründig allein um die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen aus einem konkreten Unfallereignis geht. Dementsprechend ist der Rechtsanwalt – wenn nicht zwangsläufig gehalten – doch jedenfalls gut beraten, sich den jeweiligen Kfz-Versicherungsvertrag des Mandanten vorlegen zu lassen. Nur in Kenntnis dieses Versicherungsvertrags wird der Rechtsanwalt überprüfen können, ob hier weitergehende Versicherungsansprüche bestehen, die für den Mandanten nutzbar gemacht werden können. Nur in Kenntnis des Versicherungsvertrags wird der Rechtsanwalt beispielsweise überprüfen können, ob dem Mandanten über den vom gegnerischen Haftpflichtversicherer zu zahlenden Wiederbeschaffungsaufwand hinaus weitergehende Ansprüche zufließen können. Hier sei nur an die Möglichkeit der Neupreisentschädigung gedacht, wenn der versicherte Mandant möglicherweise innerhalb eines Zeitfensters von 12, 18 oder 24 Monaten einen Neuwagen beanspruchen kann. Gleichzeitig wird er – nunmehr sind wir im Thema – feststellen, ob der Mandant möglicherweise über eine Fahrerschutzversicherung verfügt, mit der Folge, dass Ansprüche hieraus nutzbar zu machen sind.
Da der rechtssuchende Mandant sein Bedingungswerk der abgeschlossenen Kfz-Versicherung regelmäßig nicht kennt – wer liest schon regelmäßig das umfangreiche Bedingungswerk einer abgeschlossenen Versicherung? – erkennt er selbst häufig nicht, welche weitergehenden Versicherungsleistungen in dem Versicherungsvertrag eingeschlossen sind. Hier ist der Rechtsanwalt der berufene Vertreter, für eine umfangreiche Beratung des geschädigten Mandanten Sorge zu tragen. Stellt der beratende Rechtsanwalt beim Studium des Versicherungsvertrags fest, dass eine Fahrerschutzversicherung in dem Versicherungsvertrag eingeschlossen ist, so wird sich der Personenschadenersatzanspruch auch in Quotierungsfällen bzw. in Fällen des alleinigen Verschuldens durchsetzen lassen. Dies unter Einsatz der vertraglich vereinbarten Fahrerschutzversicherung. Stellt der beratende Rechtsanwalt bei der Lektüre des Versicherungsvertrags indes fest, dass eine Fahrerschutzversicherung nicht eingeschlossen ist, so bedeutet dies nicht, dass dem Geschädigten nicht doch, sei es aus der "Quasideckung des eigenen Versicherers" bzw. aus einem gesonderten Schadenersatzanspruch gegenüber dem Versicherungsmakler aus §§ 60 ff. VVG, Ansprüche zuerkannt werden können, wie später noch darzulegen sein wird. Der Anwendungsbereich der Fahrerschutzversicherung ist aber nicht allein auf die Fälle der Alleinhaftung oder der quotalen Haftung beschränkt. Zu denken ist hier weitergehend an Fallkonstellationen, in denen der Geschädigte in der Kfz-Haftpflichtversicherung deshalb keine Deckung erfährt, weil der Unfallverursacher in Selbstmordabsicht vorsätzlich das Unfallgeschehen herbeiführt, mit der Folge, dass eine Deckung in der Kfz-Haftpflichtversicherung gem. § 103 VVG ausgeschlossen ist. Prüft der Rechtsanwalt hier nicht frühzeitig die mögliche Abdeckung des Schadens im Rahmen der Fahrerschutzversicherung, so wird er den Geschädigten vorzeitig und völlig grundlos auf die Opferentschädigung aus § 12 PflVG mit den limitierten Haftungshöchstgrenzen verweisen. Gleiches gilt in Fallkonstellationen, in denen nicht privathaftpflichtversicherte Fußgänger bzw. kleine Kinder Schäden mit erheblichen Folgen herbeiführen.
So hat der BGH in der Entscheidung vom 13.3.2008 ausgeführt, dass der Anwalt des Mandanten auch innerhalb eines eingeschränkten Mandats vor Gefahren zu warnen hat, die sich bei ordnungsgemäßer Bearbeitung aufdrängen, wenn er Grund zu der Annahme hat, dass sich der Auftraggeber dieser Gefahr nicht bewusst ist