StVO § 39 Abs. 3, Abs. 7
Leitsatz
Das eine Schneeflocke (vgl. § 39 Abs. 7 StVO) darstellende Zusatzschild i.S.v. § 39 Abs. 3 StVO zum die Geschwindigkeit begrenzenden Schild enthält bei sinn- und zweckorientierter Betrachtungsweise lediglich einen – entbehrlichen – Hinweis darauf, dass die Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit der Gefahrenabwehr wegen möglicher winterlicher Straßenverhältnisse dient.
OLG Hamm, Beschl. v. 4.9.2014 – 1 RBs 125/14
Sachverhalt
Das OLG Hamm hat die Rechtsbeschwerde des Betr. als unbegründet verworfen.
2 Aus den Gründen:
" … Ergänzend zur Stellungnahme der GStA verweist der Senat auf die Entscheidung des OLG Stuttgart (NZV 1998, 422). Das eine Schneeflocke (vgl. § 39 Abs. 7 StVO) darstellende Zusatzschild i.S.v. § 39 Abs. 3 StVO zum die Geschwindigkeit begrenzenden Schild enthält bei sinn- und zweckorientierter Betrachtungsweise lediglich einen – entbehrlichen – Hinweis darauf, dass die Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit der Gefahrenabwehr wegen möglicher winterlicher Straßenverhältnisse dient. Der Hinweis bezweckt nur die Information der Verkehrsteilnehmer über das Motiv der Straßenverkehrsbehörde für die angeordnete Geschwindigkeitsbeschränkung. Ein zur Erhöhung der Akzeptanz eines Verkehrszeichens angegebenes Motiv – wie vorliegend – kann eine Ausnahme von der Allgemeinverbindlichkeit der Regelung eines Verkehrszeichens nicht rechtfertigen. Der Umstand, dass die Fahrbahn zum Tatzeitpunkt nach den Feststellungen trocken war, berechtigte nicht, eine höhere als die angeordnete Geschwindigkeit zu fahren. Anders als bei dem Schild “bei Nässe‘ (StVO Anl. 2 lfd. Nr. 49.1.) enthält das vorliegende Zusatzschild eben gerade keine solche verbale zeitliche Einschränkung. Auch bei trockener Fahrbahn war zudem die geschwindigkeitsbeschränkende Anordnung nicht etwa nichtig und damit unbeachtlich. … "
3 Anmerkung:
In letzter Zeit gab es einige Entscheidungen über den Sinn und Zweck von Zusatzzeichen. Der Verteidiger sollte sich stets im Klaren darüber sein, dass hier eine restriktive Auslegung vorzunehmen ist (so zuletzt OLG Brandenburg DAR 2013, 711; abzulehnen deshalb AG Wuppertal NStZ-RR 2014, 257, vgl. jurisPR-VerkR 19/2014 Anm. 6). Ebenso wie das OLG Hamm entschied zum Zusatzzeichen 1007-30 in diesem Jahr bereits das AG Siegen (Urt. v. 14.5.2014 – 431 OWi – 34 Js 582/14 – 232/14, juris): Die Schneeflocke ist ein allgemeiner Warnhinweis, nicht aber die bedingende Begründung einer Geschwindigkeitsbeschränkung. Denn ansonsten wäre es möglicherweise von der situativen Auslegung der Verkehrsteilnehmer abhängig, wie schnell gefahren werden dürfte.
RiAG Dr. Benjamin Krenberger
zfs 1/2015, S. 52