" … Die streitgegenständliche Verkehrsunfallsache fällt in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Eine Zuständigkeit des ArbG ergibt sich – entgegen der Ansicht des AG – nicht aus § 2 Abs. 1 Nr. 9 ArbGG."

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 9 ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern aus gemeinsamer Arbeit und aus unerlaubten Handlungen, soweit diese mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang stehen. Voraussetzung ist demnach, dass die unerlaubte Handlung mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang steht. Dieser notwendige Zusammenhang erfordert, dass die unerlaubte Handlung in einer inneren Beziehung zum Arbeitsverhältnis der Parteien steht, sie in der Eigenart des Arbeitsverhältnisses und den ihm eigentümlichen Reibungen und Berührungspunkten ihre Ursache findet (BGH v. 7.2.1958, AP ArbGG 1953 § 2 Nr. 48; BAG v. 11.7.1995, AP ArbGG 1979 § 2 Nr. 32; Koch, in: Erfurter Kommentar, 14. Aufl. 2014, § 2 Rn 21). Ein solcher Zusammenhang ist insb. dann gegeben, wenn die unerlaubte Handlung bei gemeinsamer Arbeit erfolgt, etwa der Arbeitnehmer durch einen vom Arbeitskollegen herbeigeführten Arbeitsunfall verletzt oder in seinem Eigentum geschädigt wird, nicht aber, wenn der eigentliche Anlass familiäre Streitigkeiten sind. Ansprüche aus gemeinsamer Arbeit sind insb. dann gegeben, wenn Arbeitnehmer in einer Gruppe zusammen arbeiten, gleichgültig ob es sich um eine Betriebs- oder um eine Eigengruppe handelt (Schlewing, in: Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 8. Aufl. 2013, § 2 Rn 108).

Hier streiten die Parteien um Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall. Der einzige Berührungspunkt zum Arbeitsverhältnis des Kl. und dem VN der Bekl. besteht darin, dass sich das Unfallgeschehen auf dem Betriebsparkplatz des Arbeitsgebers des Kl. sowie des VN der Bekl. ereignete. Da dieser Betriebsparkplatz – insoweit unstreitig – auch für Dritte frei zugänglich ist, finden Unfälle, die sich dort ereignen, ihre Ursache nicht in der Eigenart des Arbeitsverhältnisses. Es handelt sich vielmehr um Verkehrsunfälle im öffentlichen Verkehrsraum. Die Kollision des VN der Bekl. mit dem parkenden Fahrzeug des Kl. steht auch in keiner inneren Beziehung zu der gemeinsamen Arbeit der beiden Unfallbeteiligten. Der Verkehrsunfall kann auch nicht auf Reibungen oder sonstige Umstände zurückgeführt werden, die im notwendigen Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis der Unfallbeteiligten zu sehen sind.

Gegen die ausschließliche Zuständigkeit des ArbG nach § 2 Abs. 1 ArbGG spricht auch, dass kein Rechtsstreit zwischen Arbeitnehmern gegeben ist. Der Kl. und der VN der Bekl. sind zwar bei demselben Arbeitgeber beschäftigt. Der Kl. macht seine Ansprüche aber ausschließlich gegen die Haftpflichtversicherung des anderen Unfallbeteiligten geltend. Auch dies spricht gegen den engen Zusammenhang des streitgegenständlichen Unfallgeschehens mit dem Arbeitsverhältnis der beiden Unfallbeteiligten.

Der hier vertretenen Auffassung steht auch nicht entgegen, dass unerlaubte Handlungen, die auf dem gemeinsamen Weg zur Arbeit begangen werden, regelmäßig als im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehend angesehen werden (Schlewing, a.a.O., § 2 Rn 109). Denn diese Konstellation ist mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Da der gemeinsame Weg zur Arbeit, wie ihn z.B. Mitglieder einer Fahrgemeinschaft zurücklegen, im Zusammenhang mit der gemeinsamen Berufsausübung steht, können diese Ansprüche unter § 2 Abs. 1 Nr. 9 ArbGG gefasst werden. Im vorliegenden Fall haben die Unfallbeteiligten allerdings den Arbeitsweg nicht gemeinsam zurückgelegt, sondern der VN der Bekl. ist mit dem parkenden Klägerfahrzeug kollidiert. Ein weitere Verbindung zum Arbeitsverhältnis der beiden Unfallbeteiligten besteht nicht. … “

Mitgeteilt von RA Klaus Leineweber, Pirmasens

zfs 1/2015, S. 29

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