Hinweis: Das BVerwG hat die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urt. des OVG NRW v. 17.1.2014 zurückgewiesen.
BVerwG, Beschl. v. 22.10.2014 – 3 B 21.14
Aus den Gründen:
[3] "… 1. Die Rüge, das Berufungsurteil beruhe auf einem Verfahrensmangel i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, weil das Gericht keine weiteren Erkundigungen dazu eingeholt habe, ob sich der Kl. vor und nach den im Melderegister der Stadt Slubice ausgewiesenen Zeiten in Polen aufgehalten habe, ist unbegründet. Der geltend gemachte Verstoß gegen die Pflicht des Gerichts zur Amtsermittlung (§ 86 Abs. 1 VwGO) liegt nicht vor. Einen entsprechenden Beweisantrag hat der auch in den Vorinstanzen anwaltlich vertretene Kl. nicht gestellt. Eine solche Beweiserhebung musste sich dem BG entgegen der Annahme des Kl. auch nicht aufdrängen. Der Kl. hat weder im Verwaltungsverfahren noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren – selbst dann noch nicht, als die vom BG eingeholte polnische Meldebescheinigung vorlag – substanziiert geltend gemacht, über die in dieser amtlichen Auskunft angegeben Zeiten hinaus seinen ordentlichen Wohnsitz in Polen gehabt zu haben. Vielmehr hatte sich der Kl., was das BG auch berücksichtigen durfte, gegenüber der deutschen Meldebehörde zum 16.6.2009 nach Slubice ab – und zum 1. September 2009 wieder in Deutschland angemeldet. In der Rspr. des Senats ist geklärt, dass es dem Fahrerlaubnisinhaber obliegt, wenn er trotz der das Gegenteil ausweisenden Aufenthaltsbescheinigung darauf beharrt, das Wohnsitzerfordernis eingehalten zu haben, substanziierte und verifizierbare Angaben zu Beginn und Ende seines Aufenthalts im Ausstellermitgliedstaat im Zusammenhang mit der Fahrerlaubniserteilung sowie zu den beruflichen und persönlichen Bindungen zu machen, die im maßgeblichen Zeitraum zu dem im Führerschein angegebenen Wohnort bestanden (Urt. v. 30.5.2013 – BVerwG 3 C 18.12, [zfs 2013, 534 =] BVerwGE 146, 377 Rn 30). Soweit es ein Beteiligter unterlässt, zur Klärung der ihn betreffenden, insb. der für ihn günstigen Tatsachen beizutragen, gebietet es auch der Amtsermittlungsgrundsatz des § 86 Abs. 1 VwGO nicht, allen nur denkbaren Möglichkeiten nachzugehen (a.a.O. Rn 32)."
[4] 2. Die Revision ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.
[5] Als klärungsbedürftig bezeichnet der Kl. die Fragen, ob eine Gesamtaufenthaltsdauer von 295 Tagen, bezogen auf einen Gesamtzeitraum von 20,5 Monaten als ausreichend zur Erfüllung des Wohnsitzprinzips i.S.v. Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG angesehen werden könne oder – insoweit von den konkreten Umständen abstrahierend – ob ein über die Mindestfrist hinausgehender Zeitraum, selbst wenn er unterbrochen sein sollte, nicht gleichwohl die Zielsetzung der 185-Tage-Frist erfüllen könne.
[6] Doch fehlt es insofern an der Klärungsbedürftigkeit in einem (weiteren) Revisionsverfahren. Auf der Grundlage der bereits vorliegenden Rspr. und ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zu den Aufenthaltszeiten des Kl. in Polen unterliegt es keinem Zweifel, dass die Anforderungen, die nach den Artikeln 7 und 12 der Richtlinie 2006/126/EG ("3. EU-Führerscheinrichtlinie") an das Vorliegen eines ordentlichen Wohnsitzes im Ausstellermitgliedstaat zu stellen sind, hier zum maßgeblichen Zeitpunkt der Fahrerlaubniserteilung nicht erfüllt waren. Gem. Art. 7 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2006/126/EG darf ein Führerschein nur an Bewerber ausgestellt werden, die im Hoheitsgebiet des den Führerschein ausstellenden Mitgliedstaates ihren ordentlichen Wohnsitz haben oder aber – was im Fall des Kl. nicht in Rede stand – nachweisen können, dass sie während eines Mindestzeitraums von sechs Monaten dort studiert haben. Nach Art. 12 Abs. 1 dieser Richtlinie gilt als ordentlicher Wohnsitz der Ort, an dem ein Führerscheininhaber wegen persönlicher oder beruflicher Bindungen oder – im Falle eines Führerscheininhabers ohne berufliche Beziehungen – wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen dem Führerscheininhaber und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, d.h. während mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr wohnen. Ein solches Wohnsitzerfordernis kannte auch bereits die Richtlinie 91/439/EWG ("2. EU-Führerscheinrichtlinie"). In der Rspr. ist geklärt, dass diese Voraussetzung zum Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis erfüllt sein muss (vgl. u.a. EuGH, Beschl. v. 9.7.2009 – Rs. C-445/08, Wierer, NJW 2010, 217 Rn 51: "zum Zeitpunkt der Ausstellung dieses Führerscheins"); davon geht auch § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 FeV aus. Somit ist hier in Bezug auf die geforderte Aufenthaltsdauer auf den 27.8.2009 abzustellen. Daraus folgt zugleich, dass der dem Kl. von der Stadt Slubice für die Zeit vom 31.1.2008 bis zum 21.8.2008 bescheinigte Aufenthalt außer Betracht bleiben muss, der bereits mehr als ein Jahr zuvor beendet war. Soweit der Kl. auf die Zielsetzung der 185-Tage-Frist abstellt, die aus seiner Sicht dazu dient, es der Fahrerlaubnisbehörde zu ...