Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger führte ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,78 mg/l. Eine später entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille. Das Strafgericht verurteilte ihn u.a. wegen Trunkenheit im Verkehr und nahm insoweit eine Blutalkoholkonzentration von 1,58 Promille an. Es entzog ihm die Fahrerlaubnis und ordnete eine Sperrfrist von 11 Monaten an. Im Neuerteilungsverfahren forderte die Fahrerlaubnisbehörde die Vorlage einer medizinisch-psychologischen Untersuchung. Nachdem sich der Kläger weigerte, eine solche beizubringen, lehnte die Behörde den Antrag auf Neuerteilung ab. Die Verpflichtungsklage des Klägers war in zweiter Instanz insoweit erfolgreich, als der VGH die Behörde zur Neuverbescheidung verpflichtete.
Die Leitsätze lauten:
1. Entziehung der Fahrerlaubnis i.S.d. § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. d FeV ist auch die strafgerichtliche Entziehung aufgrund von § 69 StGB.
2. Die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung nach § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. d FeV setzt im Sinne einer Tatbestandswirkung nur eine vorherige Entziehung der Fahrerlaubnis aus einem der Sachgründe der Buchstaben a bis c voraus. Bei Anknüpfung an Buchstabe a genügt insoweit die Feststellung, dass die frühere (verwaltungsbehördliche oder strafgerichtliche) Entziehung wegen Alkoholmissbrauchs erfolgt ist; einer (ggf. erneuten) Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Gutachtensanordnung nach Buchstabe a bedarf es nicht.
3. Eine Gutachtensanordnung nach § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. a FeV kommt auch dann in Betracht, wenn der Schwellenwert nach Buchstabe c von 1,6 Promille bei der Trunkenheitsfahrt selbst noch knapp unterschritten, jedoch infolge desselben Alkoholkonsums kurz danach erreicht wird.
Das Gericht entschied in der Sache dennoch teilweise zugunsten des Klägers. Es nahm die Voraussetzungen für die Annahme der fehlenden Fahreignung (§ 11 Abs. 8 FeV) als nicht gegeben an, weil die formellen Anforderungen des § 11 Abs. 6 S. 4 FeV nicht erfüllt seien, nachdem die Behörde es unterlassen hatte, eine im Gutachten zu klärende Fragestellung zu formulieren.
Bemerkenswert ist die Entscheidung aber in erster Linie, weil sie jedenfalls in Baden-Württemberg dazu geführt hat, dass jeder, dem das Strafgericht im Zusammenhang mit Alkoholmissbrauch die Fahrerlaubnis entzogen hat, im Verfahren zur Neuerteilung der Fahrerlaubnis unabhängig von dem erreichten Blutalkoholgehalt (oder der erreichten Atemalkoholkonzentration) sich einer medizinisch-psychologischen Untersuchung unterziehen muss. Im Jahr 2014 hat der VGH Mannheim diese Rechtsauffassung bestätigt. Dieser Rechtsprechung angeschlossen haben sich das OVG Mecklenburg-Vorpommern, das VG München, das VG Berlin und jetzt auch der BayVGH. Offen gelassen hat die Frage das OVG Nordrhein-Westfalen. Eine andere Kammer des VG München und das VG Würzburg vertreten die Auffassung, dass eine MPU auch nach einer strafgerichtlicher Entziehung der Fahrerlaubnis aufgrund Alkoholmissbrauchs bei einer einmaligen Trunkenheitsfahrt nur dann in Betracht kommt, wenn der Betroffene dort eine Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,6 Promille (oder eine vergleichbare Atemalkoholkonzentration) erreicht hat. Diese Auffassung wird in der Literatur überwiegend geteilt.
In der Vergangenheit hatte insbesondere der BayVGH die Auffassung vertreten, im Fall einer einmaligen Trunkenheitsfahrt komme im Verfahren zur (Neu)Erteilung einer Fahrerlaubnis die Anordnung einer MPU nur dann in Betracht, wenn eine Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr (oder eine vergleichbare Atemalkoholkonzentration) nachgewiesen worden sei. In die gleiche Richtung geht eine Entscheidung des VG Potsdam, nach der Eignungszweifel sich im Verfahren zur Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener strafgerichtlicher Entziehung erst ergeben können, wenn ein Fahrzeug im Straßenverkehr bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr geführt wurde. Auch das VG Ansbach nahm in einer Entscheidung aus dem Jahr 2007 für den Fall einer einmaligen Trunkenheitsfahrt nach strafgerichtlicher Entziehung grundsätzlich an, dass für eine ausschließlich hierauf gestützte Beibringungsanforderung der Grenzwert von 1,6 Promille erreicht werden müsse. Gleiches gilt schließlich für das VG München in einer Entscheidung aus dem Jahr 2011.
Der VGH Mannheim hat die Revision gegen seine Entscheidung aus dem Jahr 2014 zugelassen. Hieran ist das Bundesverwaltungsgericht gebunden (§ 132 Abs. 3 VwGO). Es steht zu hoffen, dass sich das Bundesverwaltungsgericht im Revisionsverfahren tatsächlich zu der insoweit aufgeworfenen Rechtsfrage äußern wird.