" … Das Vorliegen eines Versicherungsfalls hat der Kl. nachgewiesen. Entgegen der Auffassung des LG bedarf es hier keines Nachweises, dass die Beschädigungen am Fahrzeug des Kl. mutwillig herbeigeführt worden sind. Das Fahrzeug wies nämlich nach den Feststellungen auch des Sachverständigen der Bekl. sowie des gerichtlichen Sachverständigen Beschädigungen auf, die auf eine Gewalteinwirkung von außen zurückgehen. Damit liegt der Versicherungsfall “Unfall’ vor. …"

Den VR trifft somit die Beweislast für sein Verteidigungsvorbringen, der VN oder – was hier nicht im Raum steht – einer seiner Repräsentanten habe den Versicherungsfall vorsätzlich herbeigeführt, weshalb Leistungsfreiheit bestehe (§ 81 VVG) und zwar in vollem Umfang (BGH VersR 1981, 450; BGHZ 65, 118, 121 f.). Gleichwohl ist der VR auch für den Versicherungsfall “Unfall’ dessen etwaiger Vortäuschung nicht schutzlos ausgeliefert. Bei der Tatsachenfeststellung sind die jeweiligen Fallbesonderheiten ausschlaggebend (BGHZ 123, 217-224). Die Grauzone der ungeklärten Fälle liegt allerdings letztlich im Risikobereich des dafür bezahlten VR (Hoegen, in Bach: 80 Jahre VVG, S. 256).

Die Bekl. hat den ihr obliegenden Nachweis nicht erbringen können. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann zwar nicht ausgeschlossen werden, dass der Vorwurf der Bekl. gegenüber dem Kl. tatsächlich zutrifft. Allerdings besteht für diese Möglichkeit nicht einmal eine überwiegende Wahrscheinlichkeit.

Das stärkste Beweisanzeichen für eine Unrichtigkeit der klägerischen Darstellung, nämlich die Lage der Beschädigungen am Fahrzeug des Kl., ist bei der erneuten Beweisaufnahme im Berufungsrechtszug in Wegfall geraten. … (wird ausgeführt)

Zutreffend verweist die Bekl. auf die unterschiedlichen Angaben des Kl. zum Datum der Entdeckung der Beschädigungen und zur Anzeige bei der Polizei. Auffällig ist auch, dass der Kl. den Wagen bereits nach S in die Werkstatt gebracht hatte, bevor er sich an die Polizei wandte. Allerdings vermag der Senat bei dem von der Bekl. unterstellten planmäßigen Vorgehen zur betrügerischen Geltendmachung hoher Reparaturkosten keinen Sinn darin erkennen, eine korrekte Schadensaufnahme seitens der Polizei zu unterbinden.

Die weiteren Vorwürfe der Bekl., der Kl. habe unzutreffende Angaben über Abstellort und Reparaturzustand des Fahrzeugs gemacht, haben sich in der Beweisaufnahme ebenfalls nicht bestätigt. Der Zeuge S hat bekundet, er habe den Wagen erst Anfang 2014 repariert. Die in den Akten befindlichen Verkaufsangebote aus dem Internet hätten das Fahrzeug des Kl. betroffen, die zweite Anzeige zeige jedoch – was der Senat bereits vermutet hat – einen anderen Pkw; die erste Anzeige mit den teilweise sichtbaren Beschädigungen habe lediglich einen Interessenten zu ihm geführt.

Richtig ist der Hinweis der Bekl., dass die Angaben des Kl. vorgerichtlich und im Verfahren durchaus Unterschiede aufweisen. Es ist nicht auszuschließen, dass dies darauf beruht, dass hier ein nichterlebtes Geschehen geschildert wird. Andererseits ist es aber ebenso gut möglich, dass der Kl. den Einzelheiten, auf die es durch das Verteidigungsvorbringen im Verfahren ankommen soll, keine wesentliche Bedeutung zugemessen hat. Zudem spricht einiges dafür, dass bei einem geplanten Betrug Wert darauf gelegt wird, das Randgeschehen stimmig zu machen.

Die Bekl. hält es für auffällig, dass der Kl. den beschädigten Lamborghini im Familienkreis niemanden gezeigt habe. Dies verwundert auch den Senat. Die Erklärung, weshalb der Lebensgefährtin nichts erzählt wurde, ist wenig überzeugend. Allerdings spricht dies nicht für eine vorsätzliche Herbeiführung der Beschädigungen seitens des Kl. Denkbar sind Gründe, die mit der abendlichen Beschäftigung des Kl. am 11.7.2012 im Zusammenhang stehen könnten.

Unter Berücksichtigung aller Umstände vermag der Senat sich von der Richtigkeit des Verteidigungsvorbringens, also von einer vorsätzlichen Schadensherbeiführung durch den Kl., nicht zu überzeugen (§ 286 ZPO). … “

zfs 1/2016, S. 32 - 33

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