Mit zunehmendem Alter wird man auch attraktiver. Da diese Behauptung regelmäßig von Personen aufgestellt wird, die jedenfalls nicht mehr als jugendlich bezeichnet werden können, kann die Richtigkeit der Aussage durchaus in Zweifel gezogen werden. Etwas anderes gilt aber sicherlich für den Deutschen Verkehrsgerichtstag. Er wird vom 27.–29.1.2016 zum 54. Mal in der Weltkulturerbe-Stadt Goslar ausgerichtet. Für diese Institution bestätigen die zu erwartenden Teilnehmerzahlen jedenfalls, dass sie sich in der Tat aktuell im besten Alter befindet. Zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Editorials musste bereits ein erster Arbeitskreis wegen Erreichens der maximalen Teilnehmerzahl geschlossen werden. Einmal mehr bestätigt sich, dass ungebrochenes Interesse an der Entwicklung des Verkehrsrechts besteht, zumal auch die diesjährigen Arbeitskreise durchaus Brennpunkte beleuchten:
Der Arbeitskreis I wird sich mit modernen Messmethoden im Verkehrsstrafrecht auseinandersetzen, insbesondere der Frage, ob die Atemalkoholanalyse nunmehr für das Verkehrsstrafrecht reif ist. Es werden die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse präsentiert, um zu klären, ob die Technik gerichtsfest geworden ist. Auch wird zu erörtern sein, ob der Richtervorbehalt dieselbe Rolle spielt wie in der Vergangenheit.
Der Arbeitskreis II wird sich mit der für viele Verkehrsteilnehmer existenziellen Frage beschäftigen, ob eine MPU auch unter 1,6 ‰ angeordnet werden kann und welche Konstellationen hierfür in Betracht kommen. Im Rahmen der Erörterungen wird auch zu klären sein, ob das Alkohol-Interlock eine Sanktion ist, die den Einzelnen weniger belastet.
Der Arbeitskreis III beschäftigt sich mit der Frage, in welchen Konstellationen auf Schadenersatzzahlungen Steuern zu leisten sind, namentlich natürlich beim Ersatz des Erwerbsschadens. Gerade beim Abschluss von Abfindungsvergleichen können hier für den Geschädigten erhebliche Nachteile entstehen, nicht zuletzt handelt es sich auch um eine gefahrenträchtige Haftungsfalle für Rechtsanwälte.
Der Arbeitskreis IV wird sich mit der Beschleunigung des Verkehrszivilprozesses befassen. Obwohl sich die Anwaltschaft in diesem Rechtsgebiet mehr und mehr spezialisiert hat, wird auf Seiten der Richter die Bearbeitung von verkehrsrechtlichen Fällen oft mit der Bezeichnung "Blech" abgetan. Dies wird der Bedeutung dieses Rechtsgebietes jedoch nicht gerecht, namentlich dann, wenn Personenschäden streitgegenständlich sind, reicht die irgendwann einmal erfolgreich absolvierte Fahrerlaubnisprüfung in Verbindung mit zwei juristischen Staatsexamina nicht aus, um der vielfältigen rechtlichen Probleme Herr zu werden. Bei allen Gerichten, die Spezialzuständigkeiten begründet haben, zeigt sich, dass die Fälle durch die wachsende Routine effektiver, schneller und somit auch im Interesse der rechtsuchenden Bürger bearbeitet werden. Es ist zu hoffen, dass sich mehr Gerichte dazu entschließen, entsprechend vorzugehen.
Der Arbeitskreis V wird sich mit dem neuen Mess- und Eichwesen auseinandersetzen, namentlich der Konformität, Eichung und Zulassung von Messgeräten nach dem neuen Recht. Hierbei wird zu prüfen sein, ob die Rechtsprechung zum standardisierten Messverfahren noch aufrechterhalten werden kann. Für den Verteidiger ist es schon seit langem elementar sicherzustellen, dass er tatsächlich die richtigen Daten zur Verfügung gestellt bekommt, um zu prüfen, ob bei der Messung alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Die Vehemenz, mit der einige Hersteller die Herausgabe von Daten verweigern, lässt hieran zumindest teilweise Zweifel aufkommen.
Der Trend, die eigene Umwelt zunehmend über ein Display wahrzunehmen, macht auch vor dem Straßenverkehr nicht halt. Mehr und mehr Verkehrsteilnehmer filmen aus den unterschiedlichsten Gründen ihre Autofahrten mit einer Dashcam. Hier geht es im Arbeitskreis VI um die Frage, ob es sich in Zivil- und Strafverfahren um ein zulässiges Beweismittel handelt und um die Abwägung zwischen dem Interesse an der Wahrheitsfindung und dem jeweiligen Persönlichkeitsrecht.
Der Arbeitskreis VII wird sich schließlich mit der Reform des Fahrlehrerrechtes auseinandersetzen.
Man darf auf die Ergebnisse der Arbeitskreise gespannt sein.
Autor: Nicolas Eilers
RA Nicolas Eilers, FA für Verkehrsrecht und für Versicherungsrecht, Groß-Gerau
zfs 1/2016, S. 1