AKB 2008 2.2.3
Leitsatz
Ein VN genießt für den Nachweis eines Sturmschadens an seinem Kfz die gleichen Beweiserleichterungen wie für den Nachweis einer Entwendung.
AG Düsseldorf, Urt. v. 3.6.2015 – 235 C 14139/14
Sachverhalt
Der VN verlangt von seinem TeilkaskoVR Ersatz von Schäden, die angeblich durch den Sturm Ela entstanden sein sollen, bei dem sein auf einer Straße geparktes Krad umgeworfen und über den Boden geschleift worden sein soll.
2 Aus den Gründen:
" … Die Klage ist nicht begründet."
Dem Kl. steht aus dem behaupteten Schadensereignis v. 9.6.2014 gem. § 1 S. 1 VVG i.V.m A.1.1.1 b) und A.2.2.3 der AKB 2008 kein Anspruch auf Erstattungen von Versicherungsleistungen aus der bei der Bekl. bestehenden Teilkaskoversicherung für einen Sturmschaden am streitgegenständlichen Motorrad zu.
Der Kl. hat das äußere Erscheinungsbild eines Sturmschadens nicht vorgetragen.
Die Grundsätze, die die Rspr. für den Nachweis des Diebstahls eines versicherten Fahrzeuges entwickelt hat, sind auf einen Versicherungsfall zu übertragen, bei dem ein Schaden durch (der eigenen Beobachtung entzogenen) Sturm behauptet wird. Auch bei einem sturmbedingten Schaden wie dem behaupteten sind dem Kl. als VN jedenfalls Beweiserleichterungen insoweit zuzugestehen, als er das äußere Bild eines Sturmschadens beweisen muss. Damit hat der VN Umstände darzulegen und zu beweisen, aus denen sich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf eine Sturmbedingtheit der behaupteten Schäden schließen lässt. Zum Mindestgehalt an Tatsachen, aus denen sich das äußere Bild eines sturmbedingten Schadens erschließen lässt, gehört zumindest die Darlegung (und der Beweis), das Fahrzeug zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort abgestellt und dort nach Rückkehr zu einer bestimmten Zeit in einer bestimmten Position sowie einem bestimmten Zustand vorgefunden zu haben. Hierzu hat der Kl. trotz eines entsprechenden Hinweises des Bekl. in der Klageerwiderung (insb. Bl. 2 oben 2. Abs. sowie Bl. 3 oben 3. Abs.) sein allgemein gehaltenes Vorbringen in der Klageschrift, sein Fahrzeug ordnungsgemäß auf einer Straße in Düsseldorf am Abend des 9.6.2014 abgepackt zu haben, nicht weiter konkretisiert. Eine solche Darlegung wäre jedoch für eine hinreichende Substantiierung erforderlich gewesen, um der Bekl. eine Plausibilitätsüberprüfung und Glaubwürdigkeitsprüfung betreffend die Angaben zum Versicherungsfall zu ermöglichen.
Hinzu kommt, dass die Redlichkeitsvermutung, also die Vermutung dafür, dass der VN wahrheitsgemäße Angaben zum Versicherungsfall macht, bei den Bekl. dadurch erschüttert ist, dass er in der Schadensanzeige ankreuzte, dass es an seinem Motorrad weder reparierte noch unreparierte Vorschäden gab; in der Replik hat er gegenteiliges bezüglich Schäden am Tank zugestanden. … “
3 Anmerkung:
Gegen die Begründung der Entscheidung bestehen erhebliche Bedenken.
Für den Versicherungsfall Entwendung gilt: Ein VN muss als "äußeres Bild" einer bedingungsgemäßen Entwendung (nur) beweisen, dass er das Kfz zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort abgestellt hat, an dem er es später nicht mehr vorgefunden hat. Ist dieser Beweis geführt, obliegt es dem VR zu beweisen, dass eine erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung besteht (BGH NJW 1995, 2169). Wird das "äußere Bild" eines Diebstahls bestritten, so ist der Beweis "vorrangig" durch Zeugen zu führen. Stehen Zeugen nicht zur Verfügung oder genügen ihre Angaben nicht, so kann der Beweis durch eine Vernehmung des VN als Partei geführt werden (wenn deren Voraussetzungen vorliegen) oder auch seinen in einer Anhörung selbst gemachten Angaben geglaubt werden. Dabei ist von seiner Redlichkeit auszugehen, solange nicht konkrete Tatsachen vorliegen, die Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit oder der Richtigkeit seiner Behauptungen rechtfertigen (BGH NJW-RR 1993, 719; NJW 1997, 1988).
Dieses "Modell" beruht – auf der Grundlage der typischerweise auftretenden Schwierigkeiten, den Eintritt eines "heimlichen" Versicherungsfalls nachzuweisen – auf einer dem Versicherungsvertrag entnommenen konkludenten materiell-rechtlichen Risikoverteilung. Der Versicherungsfall "Sturm" ist, auch wenn Menschen vor ihm Schutz suchen, kein Ereignis, das sich einer herkömmlichen Beweisführung typischerweise entziehen würde, nach dem also der VN aus beweisrechtlichen Gründen ohne Beweiserleichterungen regelmäßig rechtlos gestellt wäre: Der Sturm als solcher kann bewiesen werden, Zeugen für Sturmeinwirkungen auf Kfz lassen sich immer wieder allein schon deshalb finden, weil das Schadensobjekt aus dem Straßenraum entfernt werden muss, die Kompatibilität von Schäden ist sachverständig festzustellen. Folglich muss der VN den Vollbeweis – auf der Grundlage von Indizien – führen (OLG Köln NJW-RR 1999, 468; Stiefel/Maier/Stadler, AKB A.2.2 Rn 132 ff.). Dass das AG sein Ergebnis auch ohne die Auseinandersetzung mit Beweiserleichterungen hätte erzielen können, liegt allerdings auf der Hand.
PräsOLG Prof. Dr. Roland Rixecker
zfs 1/2016, S. 33 - 34