ARB 2003 § 3 Abs. 4; VVG § 28 § 128
Leitsatz
1. Ein VN kann Rechtsschutzdeckung auch für die Durchsetzung eines eigenen, durch einen Prozessbetreuungsvertrag sicherungshalber abgetretenen Anspruch verlangen.
2. Die unterlassene Anpassung von altrechtlichen Obliegenheiten führt auch bei Vorsatz dazu, dass dem VR keine Sanktionsmöglichkeit bei ihrer Verletzung zusteht.
3. Unterlässt ein VR den gebotenen Hinweis auf ein Gutachterverfahren bei Verneinung hinreichender Erfolgsaussicht, kann er sich auf sie auch dann nicht berufen, wenn der VN anwaltlich vertreten war.
(Leitsätze der Schriftleitung)
BGH, Urt. v. 2.4.2014 – IV ZR 156/13
Sachverhalt
Der Kl. verlangt Rechtsschutzdeckung für die Verfolgung von Ansprüchen aus einem Vertrag über eine fondsgebundene Rentenversicherung. Die Befugnis zur Kündigung des Rentenversicherungsvertrags und die daraus folgenden Ansprüche hat er im Rahmen eines Prozessbetreuungsvertrags – die Ansprüche sicherungshalber – der A AG übertragen. Der bekl. RechtsschutzVR berief sich darauf, der Kl. habe ihr die Sicherungsabtretung verschwiegen und so vorsätzlich seine Auskunftsobliegenheit verletzt. Darüber hinaus habe sein Anliegen keine Aussicht auf Erfolg.
2 Aus den Gründen:
[17] "… Die Bekl. könnte sich allenfalls auf den Leistungsausschluss nach § 3 (4) d) ARB-RU 2003 berufen, wonach Rechtsschutz nicht besteht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus vom VN in eigenem Namen geltend gemachten Ansprüchen anderer Personen. Die im Prozessbetreuungsvertrag unstreitig vereinbarte Sicherungszession macht die der … sicherungshalber abgetretenen Ansprüche der Kl. gegen ihren Lebensversicherer aber nicht zu solchen Ansprüchen einer “anderen Person’. Das ergibt die gebotene enge Auslegung der Leistungsausschlussklausel."
[18] Der Zweck des § 3 (4) d) ARB-RU 2003, der vor allem auf Fälle der gewillkürten Prozessstandschaft und der Schadensliquidation im Drittinteresse zielt (Plote, in: van Bühren/Plote, ARB, 3. Aufl., § 3 ARB 2010 Rn 128 … ), geht erkennbar dahin zu verhindern, dass ein nicht versicherter eigentlicher Rechteinhaber in den Genuss der Rechtsschutzleistung kommt, indem er an seine Stelle eine rechtsschutzversicherte Person treten lässt, die den Anspruch geltend macht (Senat VersR 2009, 216 Rn 17; NJW 1998, 2449 unter 2 a). Der Rechtsschutzversicherer soll nicht durch eine solche nachträgliche Nutzung rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten mit einem Kostenrisiko belastet werden, für das er keine Prämien erhalten hat. … Unter Berücksichtigung dessen hat der Senat die Klausel bereits einschränkend dahin ausgelegt, dass sie weder den Fall einer Fremdversicherung erfasst, bei der es von vornherein Sache des VN ist, die Rechte des Mitversicherten geltend zu machen …, noch die Geltendmachung eines fremden Anspruchs nach dessen Pfändung und Überweisung, weil hier der rechtsschutzversicherte Pfändungspfandgläubiger im eigenen Interesse handelt. …
[19] Im Streitfall ist der Schutzzweck des § 3 (4) d) ARB-RU 2003 ebenso wenig berührt, auch wenn im Grundsatz Fälle gewillkürter Prozessstandschaft von der Klausel erfasst werden. Eine Verlagerung der Prozesskostenlast von einer nicht versicherten Person auf die VN – und damit letztlich auf den Rechtsschutzversicherer – ist hier nicht erfolgt. Vielmehr begehrt die Kl. als VN Rechtsschutz für die Verfolgung originär eigener Ansprüche aus ihrem Rentenversicherungsvertrag. Auch nach deren Sicherungsabtretung sind diese Ansprüche wirtschaftlich weiterhin der Kl. zuzuordnen. Der Prozessbetreuungsvertrag und die dort vereinbarte Sicherungsabtretung von Ansprüchen gegen den Lebensversicherer sollen lediglich deren Durchsetzung im Interesse der Kl. erleichtern. Sie bezwecken nicht, dem Rechtsschutzversicherer zusätzliche, ursprünglich nicht versicherte Risiken aufzubürden. Von einer dem Vertragszweck der Rechtsschutzversicherung zuwider laufenden Verlagerung eines ursprünglich nicht versicherten Risikos auf eine versicherte Person kann mithin keine Rede sein.
[20] 2. Anders als das BG angenommen hat, kommt eine Leistungsfreiheit der Bekl. auch nicht wegen einer vorsätzlichen Verletzung der Informationspflicht aus § 17 (3) ARB-RU 2003 in Betracht. Dabei kann offen bleiben, ob die Kl. ihre Auskunftsobliegenheit verletzt hat, denn jedenfalls ist die von der Bekl. nicht gem. Art. 1 Abs. 3 EGVVG an das neue Versicherungsvertragsgesetz angepasste Sanktionsregelung in § 17 (6) ARB-RU 2003 unwirksam.
[21] a) Sie weicht zum Nachteil des VN von der Neuregelung des § 28 VVG ab. Die Rechtsfolgenregelung in § 17 (6) S. 1 und 2 ARB-RU 2003 beruht noch auf den gesetzlichen Vorgaben des § 6 Abs. 3 VVG a.F. (vgl. Harbauer/Bauer, Rechtsschutzversicherung, 8. Aufl., § 17 ARB 2000 Rn 78); S. 3 setzt die hierzu entwickelte Relevanzrechtsprechung (vgl. Senat BGHZ 53, 160, 164 … ) um.
[22] aa) Soweit das BG mit Blick auf die Frage einer Obliegenheitsverletzung das Versicherungsvertragsgesetz in seiner bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung angewendet hat, beruht dies auf einer unzutreffenden Bestimmung des maßgeblichen Zeit...