ZPO § 3 § 4 § 767
Leitsatz
Der Wert einer Vollstreckungsgegenklage bemisst sich grds. nach dem Nennbetrag des vollstreckbaren Hauptanspruchs. Die titulierten Zinsen und Kosten erhöhen den Streitwert nicht. Das gilt auch dann, wenn sich die Vollstreckungsgegenklage nicht nur gegen die Vollstreckung aus einem Urteil, sondern auch gegen die Vollstreckung aus einem in diesem Verfahren ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss richtet.
BGH, Beschl. v. 22.10.2015 – IX ZR 115/15
Sachverhalt
Der Kl. hatte sich mit seiner vor dem LG erhobenen Vollstreckungsgegenklage gegen die Vollstreckung aus einem Urteil dieses Gerichts v. 20.5.2003 über 11.052,52 EUR nebst Kosten und Zinsen und aus zwei in diesem Verfahren ergangenen Kostenfestsetzungsbeschlüssen über 2.300,20 EUR und 361,90 EUR jeweils nebst Zinsen gewandt. Seine Klage hatte in erster Instanz Erfolg. Auf die Berufung des Bekl. hat das OLG das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Hiergegen hat der Kl. frist- und formgerecht Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH eingelegt. Um diese begründen zu können, hat er während der Begründungsfrist die Bewilligung von PKH beantragt. Der BGH hat diesen Antrag zurückgewiesen.
2 Aus den Gründen:
[2] "… II. Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens ist dem Kl. nicht zu gewähren, weil seine beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 ZPO). Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nämlich gem. § 26 Nr. 8 EGZPO nicht zulässig, weil der Wert der mit ihr geltend gemachten Beschwer 20.000 EUR nicht übersteigt. Der Wert einer Vollstreckungsgegenklage bemisst sich nach dem Umfang der erstrebten Ausschließung der Zwangsvollstreckung. In diesem Umfang entscheidet der Wert des zu vollstreckenden Anspruchs einschließlich etwaiger Rückstände ohne Zinsen und ohne Kosten des Vorprozesses (§§ 3, 4 ZPO). Dabei ist der Nennbetrag des vollstreckbaren Anspruchs ohne Rücksicht auf seine Realisierbarkeit anzusetzen (BGH RVGreport 2006, 160 (Ls.) = NJW-RR 2006, 1146). Insb. erhöht ein neben der Hauptsache mit der Vollstreckungsgegenklage angefochtener Kostenfestsetzungsbeschluss den Wert nicht (OLG Celle AGS 2010, 36; vgl. BGH WM 1956, 144, 145; zu § 826 BGB: BGH NJW 1968, 1275; Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 3 Rn 16 Stichwort Vollstreckungsabwehrklage; MüKo-ZPO/Wöstmann, 4. Aufl., § 3 Rn 130; § 4 Rn 24)."
[3] Damit liegt hier der Wert der Beschwer der Nichtzulassungsbeschwerde unter 20.000 EUR. Denn das Urteil des LG v. 20.5.2003, dessen Vollstreckung der Kl. verhindern will, lautet im Nennbetrag auf 11.952,52 EUR. Die Zinsen und Kosten einschließlich des Werts der beiden Kostenfestsetzungsbeschlüsse bleiben bei der Berechnung der klägerischen Beschwer unberücksichtigt. … “
3 Anmerkung:
Die Entscheidung bedarf einiger Anmerkungen.
Vorliegend ging es um den Wert der Beschwer, mithin um den für die Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde maßgeblichen Wert. Damit waren hier für die Berechnung des Wertes der Beschwer die Vorschriften der §§ 3 ff. ZPO maßgebend.
I. Vollstreckungsgegenklage gegen Hauptsachetitel und Kostenfestsetzungsbeschluss
Gem. § 4 Abs. 1 Hs. 2 ZPO bleiben bei der Wertermittlung Zinsen und Kosten unberücksichtigt, wenn sie als Nebenforderungen geltend gemacht werden. Hierunter fallen nach allgemeiner Auffassung in Rspr. und Literatur auch Kosten, die in einem mit der Vollstreckungsgegenklage neben dem Hauptsachetitel ebenfalls angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzt worden sind. Dabei handelt es sich nämlich um die Kosten des Vorprozesses.
II. Vollstreckungsgegenklage nur gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss
Anders liegt der Fall, wenn sich die Vollstreckungsgegenklage nur gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss richtet. Dann bildet der Nennbetrag der darin festgesetzten Kosten den Streitwert, wobei die ggf. mit titulierten Zinsen wiederum gem. § 4 Abs. 1 Hs. 2 ZPO als Nebenforderungen unberücksichtigt bleiben.
III. Vollstreckungsgegenklage gegen Teilforderung
Richtet sich die Vollstreckungsgegenklage nur gegen eine Teilforderung, so ist auch nur der Nennbetrag dieser Teilforderungen für die Streitwertbemessung maßgeblich (BGH NJW-RR 2006, 1146 = RVGreport 2006, 160 (Ls.)).
IV. Einfluss auf die Anwaltsgebühren
Die vom BGH herangezogenen Entscheidungen der §§ 3 ff. ZPO betreffen nur die Ermittlung des Zuständigkeitsstreitwertes bzw. hier des Wertes der Beschwer. Für die Bemessung der Gerichtskosten sind die Wertvorschriften der §§ 39 ff. GKG maßgebend. Nach § 43 Abs. 1 GKG bleiben auch für den Streitwert die Zinsen auf die Hauptforderung und auf die festgesetzten Kosten sowie die in den beiden Kostenfestsetzungsbeschlüssen festgesetzten Kosten als Nebenforderungen unberücksichtigt. Somit bemisst sich der für die Berechnung der Gerichtsgebühren maßgebliche Streitwert in dieser Sache ebenfalls auf den Nennbetrag der Urteilsforderung i.H.v. 11.952,52 EUR.
Gem. § 23 Abs. 1 S. 1 RVG bestimmt sich der für die Berechnung der Anwaltsgebühren maßgebliche Gegenstandswert nach den Streitwertvorschriften des GKG. Er...