Der Gerichtshof hatte darüber zu entscheiden, in welchem Umfang die Mitgliedstaaten berechtigt sind, in ihrem Hoheitsgebiet die von anderen EU-Staaten ausgestellten Führerscheine nicht anzuerkennen. Mit seiner Entscheidung hat der EuGH neben einer erneuten Bekräftigung der Pflicht der Mitgliedstaaten zur vorbehaltslosen gegenseitigen Anerkennung von Führerscheinen im Wesentlichen Klarstellungen zur Sperrfrist und zum Wohnsitzerfordernis getroffen.
aa. Sperrfrist
Unklar war bislang, ob auch ausländische EU-Führerscheine anerkannt werden müssen, wenn sie während einer Sperrfrist ausgestellt worden sind. Der EuGH hat jetzt entschieden, dass ein Mitgliedstaat einer Person, auf die in dessen Hoheitsgebiet eine Maßnahme des Entzugs der Fahrerlaubnis i.V.m. einer Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis angewandt worden ist, die Anerkennung eines von einem anderen Mitgliedstaat während dieser Sperrzeit ausgestellten neuen Führerscheins versagen kann. Allerdings kann ein Mitgliedstaat die Anerkennung eines von einem anderen Mitgliedstaat außerhalb einer Sperrzeit ausgestellten Führerscheins nicht mit der Begründung ablehnen, dass der Führerscheininhaber die Voraussetzungen nicht erfüllt, die nach den Gesetzen des ersten Mitgliedstaats für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach dem Entzug einer früheren Fahrerlaubnis vorliegen müssen, einschließlich einer Überprüfung der Fahreignung.
bb. Wohnsitz
Daneben äußerte sich der Gerichtshof zum Wohnsitzerfordernis. Grundsätzlich gilt, dass eine Fahrerlaubnis nur dort erteilt werden darf, wo der Bewerber auch seinen ordentlichen Wohnsitz hat (Art. 7 Abs. 1b der Zweiten Führerschein-Richtlinie). Als ordentlicher Wohnsitz gilt der Ort, an dem der Betroffene wegen persönlicher und beruflicher Bindung oder nur wegen persönlicher Bindungen, gewöhnlich, d.h. mindestens an 185 Tagen im Kalenderjahr, wohnt (Art. 9 S. 1 der Zweiten Führerschein-Richtlinie und Art. 12 S. 1 FRL). Der Gerichtshof stellt in diesem Zusammenhang fest, dass die Mitgliedstaaten aus Gründen der Sicherheit des Straßenverkehrs ihre innerstaatlichen Vorschriften über den Entzug der Fahrerlaubnis auf jeden Inhaber eines Führerscheins anwenden können, der seinen ordentlichen Wohnsitz in ihrem Hoheitsgebiet hat. Diese Befugnis kann aber nur auf Grund eines Verhaltens des Betroffenen nach Erwerb des von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins ausgeübt werden. Der Gerichtshof hebt zudem hervor, dass nur die Voraussetzung eines einzigen ordentlichen Wohnsitzes die Straßenverkehrssicherheit gewährleistet. Sie sei unerlässlich, um die Einhaltung der Voraussetzung der Fahreignung zu überprüfen. Soweit auf der Grundlage von Angaben in den tschechischen Führerscheinen selbst oder anderen von der Tschechischen Republik herrührenden unbestreitbaren Informationen feststehe, dass die Wohnsitzvoraussetzung nicht erfüllt war, könne es Deutschland ablehnen, in seinem Hoheitsgebiet den Führerschein anzuerkennen.