BGB § 249; StVG § 7 § 17; StVO § 38
Leitsatz
1) Stößt ein Einsatzfahrzeug bei feindlichem Grün für den kreuzenden Verkehr trotz Verringerung der Einfahrgeschwindigkeit bei gesetztem Blaulicht und betätigtem Martinshorn wegen fehlender Wahrnehmung kreuzenden Verkehrs oder einer Fehleinschätzung des Verhaltens des Fahrers des kreuzenden Fahrzeugs mit dessen Fahrzeug zusammen, ist von einer hälftigen Mithaftung des Fahrers des kreuzenden Fahrzeuges auszugehen, der trotz hörbar betätigten Martinshorns die Kreuzung zu überqueren versucht.
2) Ist aus der Sicht des geschädigten Fahrzeugeigentümers nach einem Verkehrsunfall die Inanspruchnahme eines Anwaltes für die Zahlungsaufforderung gegenüber der Vollkaskoversicherung erforderlich, weil trotz Aufforderung eine Schadensregulierung nicht erfolgt ist, berechnen sich die anwaltlichen Gebühren nach dem Wert, in dessen Höhe der Schädiger tatsächlich Ersatz schuldet.
3) Der Rückstufungsschaden ist bei Inanspruchnahme der Kaskoversicherung erstattungsfähig.
(Leitsätze der Schriftleitung)
LG Darmstadt, Urt. v. 23.4.2008 – 21 S 19/08
Sachverhalt
Der Kläger, Halter und Eigentümer des unfallbeteiligten Rettungswagens, hat die Verurteilung der beklagten Halterin und Eigentümerin des weiteren unfallbeteiligten Kraftfahrzeuges, der Beklagten zu 2) sowie deren Haftpflichtversicherer, der Beklagten zu 1) verfolgt.
Das Fahrzeug des Klägers befand sich am 25.12.2007 mit eingeschaltetem Blaulicht und Martinshorn auf einer Einsatzfahrt. Auf einer Kreuzung zweier Bundesstraßen zeigte die Lichtzeichenanlage in Fahrtrichtung des Klägerfahrzeuges rot, für die Beklagte zu 2) grün. Die Beklagte zu 2) bemerkte das Einsatzfahrzeug erst im Kreuzungsbereich, in dem es aus den zwischen den Parteien streitigen Gründen zu einer Kollision kam. Nachdem die Beklagte keine Schadensersatzleistungen erbrachte, nahm der Kläger seine Vollkaskoversicherung unter Einschaltung seines Anwalts in Anspruch. Die Vollkaskoversicherung gab die Höherstufung mit 385,20 EUR bekannt.
Das AG ging nach Beweisaufnahme durch Vernehmung von Zeugen von einer Haftungsquote von 75 % zu Lasten des Klägers aus.
Es verneinte weiterhin den geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der Anwaltskosten für die Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung und die Erstattung der Kosten der Höherstufung des Klägers in der Vollkaskoversicherung. Die Berufung führte zu einer Abänderung der angefochtenen Entscheidung, der Annahme einer Haftungsquote von 50 % und der Erstattung der Anwaltskosten für die Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung sowie des Höherstufungsschadens auf der Grundlage von 50 %.
Aus den Gründen
“Die zulässige Berufung des Klägers ist zum Teil erfolgreich.
Zum einen ist die Berufung z.T. erfolgreich, soweit sie sich gegen die vom AG angesetzte Haftungsquote von 2/3 zu Lasten des Klägers richtet. Die nach § 17 StVG erforderliche Abwägung der Verursachungsbeiträge führt zu einer hälftigen Haftung beider Parteien.
Eine fehlerhafte Beweiswürdigung zum Nachteil des Klägers durch das AG ist allerdings nicht ersichtlich. Das AG hat den Zeugen geglaubt und ist in seinem Urt. vom Unfallhergang ausgegangen, wie er von den Zeugen geschildert wurde. Es hat hieraus auch folgerichtig den Schluss gezogen, dass dem Zeugen als Fahrer des Rettungswagens ein Verstoß, gegen die besonderen Sorgfaltspflichten beim Einfahren in die Kreuzung trotz roter Ampel vorzuwerfen ist.
Zwar ergibt sich aus den Zeugenaussagen, dass der Rettungswagen nicht ungebremst in die Kreuzung einfuhr. Andererseits ergibt sich aus der Aussage des Zeugen, dass das Fahrzeug der Beklagten zu 2) erkennbar war. Es war auch erkennbar, dass dieses Fahrzeug zunächst anfuhr, als die Ampel grün wurde, dann die Fahrt verlangsamte um wieder zügig weiterzufahren. Diese Schilderung deckt sich auch mit dem Vortrag der Beklagten zu 2).
Nach der Aussage des Zeugen ist bereits zweifelhaft, ob er diesen Vorgang überhaupt bemerkte. Dagegen spricht seine Schilderung, dass das Beklagtenfahrzeug von links kam, als er selbst bereits in die Kreuzung einfuhr. Bemerkte er das Fahrzeug der Beklagten zu 2) aber nicht, so hat er gerade nicht hinreichend auf den eigentlich bevorrechtigten Verkehr geachtet und konnte sich schon deshalb nicht vergewissern, dass die Beklagte zu 2) ihn bemerkte und auch angemessen reagierte.
Aber selbst wenn man dem Zeugen zugutehält, dass er sich an Genaueres bloß wegen des Zeitablaufs nicht mehr erinnern kann, durfte er sich in der vom Zeugen geschilderten Situation nicht darauf verlassen, dass die Beklagte anhalten würde.
Als die Beklagte zu 2) bei grüner Ampel losfuhr, waren das Blaulicht und das Martinshorn des Rettungswagens für die Beklagte zu 2) schon vernehmbar. In diesem Moment musste der Zeuge zunächst damit rechnen, dass sie in die Kreuzung einfahren würde. Schon zu diesem Zeitpunkt hätte der Zeuge wegen einer unklaren Situation auf Schrittgeschwindigkeit abbremsen müssen.
Hiervon wurde er auch nicht dadurch entbunden, dass die Beklagte sodann zunächst ihre Geschwindigkeit verlangsamte. Die Verlangsamung ...