RVG § 46
Leitsatz
Verlangt der Rechtsanwalt Ersatz von Aufwendungen (hier: Kosten einer Übersetzung der schriftlichen Einlassung des angeklagten Mandanten), muss er deren Notwendigkeit darlegen.
KG, Beschl. v. 18.7.2008 – 1 Ws 93/07
Sachverhalt
Die Rechtsanwältin war dem albanisch sprechenden Angeklagten, dem Beihilfe zur Geldfälschung vorgeworfen wurde, zur Pflichtverteidigerin bestellt worden. Für deren Gespräche mit dem Angeklagten wurde eine Dolmetscherin herangezogen, deren Vergütung die Landeskasse gezahlt hatte. Mit ihrem Antrag auf Festsetzung der ihr aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen machte die Rechtsanwältin auch Übersetzungskosten in Höhe von 399,04 EUR geltend. Diese Kosten hatte sie für die Übersetzung der von dem Angeklagten verfassten schriftlichen Einlassung aufgewandt. Eine auf dieser Einlassung basierende ergänzte Erklärung wurde später in die Hauptverhandlung eingeführt. Die Rechtsanwältin machte geltend, die Übersetzungskosten seien zur sachgemäßen Durchführung der Angelegenheit erforderlich gewesen, da es bei der Übersetzung auf den genauen Wortlaut der Erklärung des Angeklagten angekommen sei. Ihr sei auch zuzumuten gewesen, sich während eines Haftbesuches durch die Dolmetscherin das Schriftstück übersetzen zu lassen und das Übersetzte wörtlich auszuschreiben.
Der mit der Festsetzung befasste Urkundsbeamte der Geschäftsstelle (UdG) des LG Berlin hat daraufhin von der Rechtsanwältin die Vorlage des von dem Angeklagten verfassten Schriftstücks und dessen schriftliche Übersetzung angefordert, um die Notwendigkeit der Übersetzung und den Ansatz des Honorars, das die Übersetzerin in ihrer nicht die Angaben gem. § 11 Abs. 1 S. 1 JVEG enthaltenen Rechnung geltend gemacht hatte, prüfen zu können. Die Rechtsanwältin hat die Vorlage der angeforderten Unterlagen unter Berufung auf ihre anwaltliche Schweigepflicht verweigert. Der UdG hat die Festsetzung der Übersetzungskosten abgelehnt. Die hiergegen eingelegte Erinnerung hat das LG Berlin zurückgewiesen. Die Beschwerde der Rechtsanwältin hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen
“ … Die Beschwerdeführerin hat nicht die Erforderlichkeit der Übersetzungskosten dargelegt. Auf die Frage, ob sie zur Vorlage der übersetzten Unterlagen verpflichtet war, kommt es dabei nicht an. Es gehört zu den selbstverständlichen Aufgaben eines Verteidigers, zur sachgerechten Erfüllung seines Auftrages von seinem Mandanten Informationen einzuholen. Hier haben solche Gespräche stattgefunden, wobei die gem. Art. 6 Abs. 3 e) MRK unentgeltliche Unterstützung durch eine Dolmetscherin gewährleistet war; die Landeskasse hat die entsprechenden Kosten erstattet.
Warum es der Beschwerdeführerin “unzumutbar’ gewesen sein soll, sich die schriftlich vorbereitete Einlassung ihres Mandanten während der Gespräche in der Haftanstalt von der Dolmetscherin übersetzen zu lassen und sich hierüber entsprechende Notizen zu machen, ist nicht nachvollziehbar. Angaben hierzu hat sie nicht gemacht.
Es erschließt sich auch nicht, warum es auf “den genauen Wortlaut’ der Einlassung angekommen sein soll. Anhaltspunkte hierzu ergeben sich aus der in der Hauptverhandlung verlesenen Erklärung nicht. Sie enthält auf 3½ Seiten eine Schilderung des persönlichen Werdegangs des Angeklagten und auf 5 Seiten die Darstellung seines Tatbeitrages, ohne dass erkennbar wäre, dass der genaue Wortlaut eine Rolle spielt. Auch hierzu hat die Beschwerdeführerin nichts Näheres vorgetragen. … “
Eingesandt von den Mitgliedern des 1. Strafsenats des KG
3 Anmerkung
I. Darlegungslast für die Erforderlichkeit von Auslagen
Gem. § 46 Abs. 1 RVG sind – dem Pflichtverteidiger ebenso wie dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt – Auslagen nur zu erstatten, wenn sie erforderlich waren. Hierunter können auch Übersetzungskosten fallen. Grundsätzlich trägt zwar – wie sich aus der negativen Formulierung im Gesetzestext ergibt – die Staatskasse die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass Auslagen des Pflichtverteidigers zur sachgerechten Wahrnehmung der Angelegenheit nicht erforderlich gewesen sind, so OLG Brandenburg RVGreport 2007, 182 (Burhoff) = AGS 2007, 400; OLG Düsseldorf RVGreport 2008, 259; LG Frankfurt/Oder RVGreport 2007, 109. Hierzu muss der bestellte oder beigeordnete Rechtsanwalt im Festsetzungsverfahren die erforderlichen Angaben machen, die es dem UdG ermöglichen, die Erforderlichkeit der Auslagen zu überprüfen. Dies gilt insbesondere für Übersetzungskosten eines Pflichtverteidigers, so OLG Hamm NStZ-RR 1999, 158. Daran fehlte es hier.
Ein Anscheinsbeweis gegen die Erforderlichkeit der Auslagen kann die Beweislast auf den Verteidiger verlagern, wenn sich Anhaltspunkte ergeben, die auf einen Missbrauch der kostenschonenden Prozessführung des Pflichtverteidigers hindeuten, siehe etwa BVerfG NJW 2003, 1443; OLG Brandenburg a.a.O.
Auf diese Verteilung der Darlegungs- und Beweislast ist das KG in seiner Entscheidung nicht eingegangen. Ferner entspricht die vom KG im Leitsatz der Entscheidung zum Ausdruck kommende Grundaussage, der Verteidiger habe –...