StPO § 267 Abs. 1 S. 3 i.V.m. OWiG § 71 Abs. 1
Leitsatz
Wird auf ein zur Identifizierung generell geeignetes Foto verwiesen, bedarf es im Regelfall keiner näheren Ausführungen. Diese sind dann vonnöten, wenn nach Inhalt oder Qualität des Fotos Zweifel an seiner Eignung als Grundlage für eine Identifizierung des Fahrers bestehen, insbesondere, wenn ein Motorradfahrer mit Helm fotografiert ist, mithin vom Gesicht lediglich Ausschnitte erkennbar sind. Dann hat der Tatrichter anzugeben, auf Grund welcher – auf dem Foto erkennbarer – Identifizierungsmerkmale er die Überzeugung von der Identität des Betroffenen mit dem abgebildeten Fahrzeugführer gewonnen hat.
(Leitsätze der Schriftleitung)
OLG Dresden, Beschl. v. 6.10.2008 – Ss (OWi) 420/08
Sachverhalt
Das AG verurteilte den Betroffenen wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 125 EUR. Zugleich wurde ihm für die Dauer von einem Monat verboten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder Art zu führen.
Gegen dieses Urteil hat der Betroffene Rechtsbeschwerde eingelegt. Gerügt wird die Verletzung materiellen Rechts. Dabei geht die Rechtsbeschwerde insbesondere davon aus, eine wirksame Inbezugnahme i.S.d. § 267 Abs. 1 S. 3 StPO auf die gefertigten und in der Akte enthaltenen Lichtbilder sei nicht erfolgt. Dem Urteil sei auch nicht zu entnehmen, welcher Qualität die Bilder sind.
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hebt das OLG das Urteil des AG auf und verweist die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das AG zurück.
Aus den Gründen
“ … II. … . Grundsätzlich ist der Richter nicht gehalten, Ausführungen zur Qualität von Lichtbildern zu machen. Wird auf ein zur Identifizierung generell geeignetes Foto verwiesen, bedarf es im Regelfall keiner näheren Ausführungen.
Diese sind dann vonnöten, wenn nach Inhalt oder Qualität des Fotos Zweifel an seiner Eignung als Grundlage für eine Identifizierung des Fahrers bestehen. Dann hat der Tatrichter anzugeben, auf Grund welcher – auf dem Foto erkennbarer – Identifizierungsmerkmale er die Überzeugung von der Identität des Betroffenen mit dem abgebildeten Fahrzeugführer gewonnen hat.
Hier ist die Ausführung solcher Identifizierungsmerkmale deshalb notwendig, weil ein Motorradfahrer mit Helm fotografiert ist, mithin vom Gesicht lediglich Ausschnitte erkennbar sind.
Dabei ist das Rechtsbeschwerdegericht nur in begrenztem Maße befugt, die Überzeugungsbildung des Tatrichters nachzuprüfen. Insbesondere ist ihm verwehrt, die Beweiswürdigung des Tatrichters durch seine eigene zu ersetzen. Würde das Rechtsbeschwerdegericht auf Grund der mitgeteilten Beweisanzeichen seine Wertung an die Stelle derjenigen des Tatrichters setzen, so würde es die Grenzen seiner Aufgaben überschreiten. Der Tatrichter wiederum ist weder verpflichtet, in den Urteilsgründen alle als beweiserheblich in Betracht kommenden Umstände ausdrücklich anzuführen, noch hat er stets im Einzelnen darzulegen, auf welchem Weg und auf Grund welcher Tatsachen er seine Überzeugung gewonnen hat. Eine solche Verpflichtung besteht auch nicht hinsichtlich solcher Tatsachen, die der Richter auf Grund eigener Wahrnehmung in der Hauptverhandlung feststellt.
Insoweit gilt hier Folgendes: Das Rechtsbeschwerdegericht kann prüfen, ob das Belegfoto überhaupt geeignet ist, die Identifizierung einer Person (mit) zu ermöglichen. Diese Prüfung hat der Tatrichter dadurch ermöglicht, dass er in den Urteilsgründen auf die in der Akte befindlichen Fotos gem. § 267 Abs. 1 S. 3 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG ausdrücklich Bezug genommen hat.
Dabei zeigt sich allerdings die sehr bedingte Geeignetheit des Lichtbildes, den Fahrer zu identifizieren. Die Erörterung des Tatrichters, aus welchen Details er die Identifizierung des Betroffenen vornehmen will, ist – wie die Rechtsbeschwerde insoweit zutreffend ausführt – nicht nachvollziehbar. Sonstige Indizien, die für die Fahrereigenschaft des Betroffenen sprechen könnten (beispielsweise Haltereigenschaft), sind im Urteil nicht festgestellt.
Da derartige Feststellungen jedoch noch getroffen werden könnten, ist für einen Freispruch kein Raum. … .“
Mitgeteilt von RA Alexander Streibhardt, Gera