Die letztgenannte Auffassung, wonach der Schadensersatzanspruch erst nach Ablauf von sechs Monaten fällig würde, ist abzulehnen. Sie widerspricht der Funktion des Schadensersatzrechts, das auf Naturalrestitution ausgerichtet ist. Zudem käme es in bestimmten Fallkonstellationen zu unüberbrückbaren Widersprüchen, wollte man die Fälligkeit mit der Weiternutzung über einen Zeitraum von sechs Monaten verknüpfen. Schließlich ergibt sich auch aus der Rechtsprechung des BGH zur 6-Monatsfrist nichts anderes.
1. Funktion des Schadensersatzrechts
Gem. § 249 Abs. 1 BGB hat der zum Schadensersatz Verpflichtete den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre (Naturalrestitution). Gem. § 249 Abs. 2 BGB kann der Geschädigte statt der Wiederherstellung, den dafür erforderlichen Geldbetrag verlangen (Ersetzungsbefugnis). Schadensersatzansprüche auf Grund eines Verkehrsunfalls werden mit Eintritt des Schadens fällig. Dies ist der Grund dafür, dass beispielsweise Finanzierungskosten ungeachtet der Frage, ob sich der Schädiger mit der Zahlung im Verzug befindet, nach ständiger Rechtsprechung als Wiederherstellungskosten von ihm zu erstatten sind. Der Anspruch auf Wiederherstellung (Reparatur oder Ersatzbeschaffung) bzw. auf Zahlung des hierfür erforderlichen Geldbetrags wird mit der Beschädigung des Fahrzeugs fällig. Hinsichtlich einzelner Schadenspositionen – z.B. Nutzungsausfallschaden bei einem bis zur Reparatur fahrbereitem und verkehrssicherem Fahrzeug – entsteht der Schaden erst später und wird nicht bereits mit Beschädigung des Fahrzeugs fällig. Maßgeblich ist aber immer der Zeitpunkt des jeweiligen Schadenseintritts. Ab diesem Zeitpunkt kann der Geschädigte (sofort) verlangen, dass der Schädiger den ursprünglichen Zustand wiederherstellt.
Folgte man der Auffassung der Schadensversicherer und des OLG Düsseldorf, ergäbe sich ein Zeitraum von sechs Monaten in denen der Geschädigte zwar einen Schaden, aber keinen durchsetzbaren Anspruch hat. Eine solche Sichtweise ist dem Schadensrecht fremd. Sie ergibt sich weder aus dem Gesetz noch lässt sie sich mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vereinbaren oder gar begründen. Das Gesetz kennt keine Vorlagepflicht des Geschädigten. Eine Verpflichtung zur Vorfinanzierung des Schadens existiert nur im Bereich der Schadensminderungspflicht des Geschädigten und tangiert auch nicht die Fälligkeit. Dass auch hier der Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten mit Eintritt des Schadens fällig ist, steht außer Frage.
2. Unvereinbarkeit mit bestimmten Fallkonstellationen
a) Werkunternehmerpfandrecht
Der Geschädigte erteilt seiner Werkstatt den Auftrag das Fahrzeug zu reparieren. Der gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherer rechnet auf Totalschadenbasis ab. Wenn der Geschädigte nicht in der Lage ist den Differenzbetrag aus eigenen Mittel zu zahlen und auch keinen Kredit erhält, kann das reparaturausführende Unternehmen von seinem Werkunternehmerpfandrecht Gebrauch machen. Das reparierte Fahrzeug wird nicht an den Geschädigten herausgegeben. Eine Weiternutzung und damit ein Nachweis des Integritätsinteresses wären ihm dann nicht möglich. Der Schadensersatzanspruch wäre dann dauerhaft mangels Fälligkeit nicht durchsetzbar. Würde man in solchen Fällen die Auffassung vertreten, nach Ablauf von sechs Monaten könne das erforderliche Integritätsinteresse angenommen werden, wenn der Geschädigte weiterhin Halter und Eigentümer des Fahrzeugs ist, hätte er mangels Fälligkeit des Anspruchs auf Ersatz der Reparaturkosten nicht einmal Anspruch auf Ersatz des entstandenen Nutzungsausfallschadens.
b) Wiederherstellung durch den Schädiger
Das Leitbild des Gesetzgebers – auch wenn heute kaum üblich – ist die Naturalrestitution durch den Schädiger. Der Geschädigte könnte dem Schädiger das Fahrzeug zur Verfügung stellen und ihn gem. § 249 Abs. 1 BGB zur Wiederherstellung auffordern. In diesem Fall wäre der gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherer verpflichtet eine vollständige und fachgerechte Reparatur des Fahrzeugs zu veranlassen und das reparierte Fahrzeug an den Geschädigten herauszugeben. Schuldner der Reparaturkosten wäre in diesem Fall der Schädiger bzw. dessen Versicherer. Ob der Geschädigte ein Interesse an der Erhaltung der Sache hatte, würde sich erst nach Ablauf von sechs Monaten herausstellen.
Die beiden Beispiele veranschaulichen, dass sich die Annahme der Fälligkeit erst nach Ablauf von sechs Monaten nicht widerspruchsfrei in das System des Schadensersatzrechts einordnen lässt.
3. Rechtsprechung des BGH
Es steht zu vermuten, dass die aktuelle Regulierungspraxis an den oben (II.) zitierten Satz aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 25.3.2006 anknüpft. Hieraus zu folgern, der BGH gehe vom Eintritt der Fälligkeit erst mit Ablauf der sechs Monate aus, wäre verfehlt. Ausdrücklich nimmt der BGH zur Fälligkeit keine Stellung. Dem Wortsinn nach kann ein Ereignis nur hinausgezögert oder verzögert werden, das bereits hätte eing...